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verlassen, was sie gleichbedeutend mit „in den
Tod gehen“ bezeichnete.
Nicht nur der Anblick der Verzweiflung, die
Tränen seiner Kinder, die Vorstellungen seines
treuen Dieners, des Chevalier de Keralio,
machten Eindruck auf das im Grunde gute und
edle Herz Christians; er fühlte und sprach es
aus, daß die Gräfin zu
seinem Glücke wesentlidi
und unentbehrlich sei.
Gräfin Forbach ließ sich
von dieser Beteuerung
echter Liebe nur schwer
überzeugen, und es
scheint, daß in ihrem We
sen immer wieder ein
wenig Traurigkeit und
Herzeleid zum Ausbruch
kam. Zum Teil mochte sie
davon herrühren, daß
ihre Ebenbürtigkeit am
Fürstenhofe keineswegs
durch die zeitentsprechen
den Voraussetzungen ge
sichert waren, sondern
sich allein auf die Zunei
gung ihres Gemahls grün
dete und darum Schwan
kungen unterworfen war,
von denen kein Herz frei
ist. Es war keineswegs
leicht, an der Seite eines
Mannes zu leben, dessen
Leben so abhängig war
von den politischen Ge
gebenheiten des Herzogtums zwischen den
Mächten Westeuropas.
Gottfried von Böhm beurteilt jedoch in seiner
Schilderung der letzten Lebensjahre und des
Todes Christians IV. die gedrückte Stimmung
der Gräfin Forbach als ihrer Naturanlage ent
sprechend. Ihr Temperament habe zu dem son
nigen pfälzischen Wesen Christians im Verhält
nis von Licht und Schatten gestanden. Sie sei
nicht heiter gewesen, wie die Kunst, der sie an-
gehörte und habe mehr als der Herzog die Gabe
besessen, zu sagen, was sie leide. „Sie empfand
sogar — wie aus ihren sonst sehr schönen und
gefühlvollen Briefen an ihren Sohn hervorgeht
— das Bedürfnis, zu klagen, und wenn sie ein
fremdes Mißgeschick bedauert, verfehlt sie nie,
beizufügen, daß sie selbst beklagenswerter sei,
als der Betroffene."
Nach der Rückkehr aus Paris 1775 zog der
Herzog wieder — wie alljährlich im Herbst —
mit dem Hoflager nach Petersheim. Bereits in
Paris wurde Christian von der Gicht befallen,
die seine Rückkehr nach Zweibrücken beschleu
nigte. In Petersheim angekommen, mußte sich
Christian auf das Krankenlager legen, von dem
er nicht mehr aufstehen sollte. Alle ärztliche
Kunst versagte, und die Nachricht von der
schweren Erkrankung des Herzogs ließ nicht
nur alle Glieder des Zweibrücker Fürstenhofes
nach Zweibrücken eilen, sondern auch die
Bauern des Ortes und der umliegenden Dörfer
waren bestürzt und in Tränen.
Gräfin von Forbach
Während der Sterbestunden war der Peters-
heimer Schloßhof mit Menschen gefüllt. Als die
behandelnden Ärzte erklärten, daß alle, die ihn
noch am Leben zu sehen wünschten, sich beeilen
müßten, vernahm man nur Seufzen und
Schluchzen.
Die Gräfin wurde gerufen. Sie hatte sich kurz
vorher mit ihren Söhnen von ihrem Gemahl
verabschiedet. Sie litt so, das sie mehrfach in
Ohnmacht fiel.
Am Abend des 4. November 1775 schied Her
zog Christian IV. aus dem Leben. In der glei
chen Stunde war Karl August II. Herzog von
Zweibrücken geworden.
Einen Monat nach dem Hinscheiden des Her
zogs Christian IV. trat am Ende des großartigen
und langen Diners im Zweibrücker Schloß der
Minister des neuen Herzogs in die Mitte des
Saales und verkündete, daß die Diener und Be
amten Christians entlassen seien.
Die Gräfin von Forbach hatte sich in ihre
Grafschaft Forbach zurückgezogen, die ihr Ge
mahl teilweise schon 1757 gekauft hatte und die
nun ihr Witwensitz wurde. Vielen Freunden
aus Christians Zeiten gewährte sie dort Gast