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11 NEUFANG GOLDHALS
Landstuhl zu dieser Zeit vorübergehend dem
Homburger Kommandanten de Croonders unter
stellt war. Dieser schickte seine Berichte zu
nächst auch an den neuen Oberbefehlshaber,
aber bald fing er an, diesem zu mißtrauen.
Befehlsgemäß hatte er im Herbst 1654 eine
Kompanie seines Regiments unter Anführung
eines Herrn de Lancelot nach der Schaumburg
bei Tholey abgeordnet. Aber diese Burg wurde
von französischen Truppen angegriffen und er
obert. Der Herr de Lancelot erreichte eine
ehrenvolle Kapitulation und konnte mit seinen
Soldaten, mit Waffen und Gepäck nach Hom
burg zurückkehren.
Als im nächsten Jahre Mazarin und die Ge
mahlin Karls IV., die Herzogin Nicolette, ver
traglich vereinbarten, daß die Städte Bitsch,
Homburg, Landstuhl, Mussy und ihre Umgebung
neutral und daher von Truppen zu räumen
seien, weigerte sich de Croonders, diesen Ver
trag anzuerkennen. Er konnte sich dabei auf
ein Schreiben des Herzogs aus Toledo berufen,
das ihm zwar befahl, sich mit den Nachbarn,
auch den ehemaligen Feinden, zu vertragen und
die notwendigen Kontributionen im Einverständ
nis mit den französischen Armeebefehlshabern
zu erheben, aber ihm auch verbot, die Festung
durch Abgabe von Truppen oder Kriegsmaterial
zu schwächen.
Die Stellung eines lothringischen Festungs
kommandanten in dieser Zeit war denkbar
schwierig. Von Karl IV., von seinem Bruder
Nicolas-Francois und von der Herzogin Nico
lette gingen Befehle ein, die sich gegenseitig
aufhoben und widersprachen. Es ist anzu
nehmen, daß deshalb de Croonders in Ge
wissenskonflikte geriet, die aber in seiner Hal
tung nicht zum Ausdruck kamen. Ihn kümmerte
das politische Spiel der Mächte nicht. Nie
schwankend, hat er grundsätzlich nur Befehle
Karls IV. befolgt und alle Beeinflussungsver
suche auch des übrigen herzoglichen Hauses ab
gelehnt. Selbst die mangelnde und mitunter
ganz fehlende Bezahlung und Versorgung seiner
Truppen durch den Herzog konnte ihn nicht zu
einem Treuebruch verleiten. Er versorgte sich
eben durch Requisitionen und erhob vielerorts
regelmäßige Jahresabgaben (Kontributionen).
Zu diesem Zweck schickte er seine Streiftrupps
in die nähere und weitere Umgebung. Wie weit
er diese Streifzüge ausdehnte, geht aus einem
Schreiben des Erzherzogs Leopold hervor, der
sich beschwerte, daß de Croonders Jahresab
gaben von dem Dorfe Schirmeck (in den Vo
gesen) verlange, das zu seinem Bistum Straß
burg gehöre.
Inzwischen hatte Herzog Nicolas-Frangois,
der ständigen Beleidigung durch die spanischen
Generale müde, mit seiner ganzen Armee die
Grenze überschritten und stellte sie dem fran
zösischen König zur Verfügung. Er selbst behielt
den Oberbefehl über sie und schickte das In
fanterieregiment Cascar und die Kavallerie
regimenter de Deboux und de Duplessis nach
Homburg und Landstuhl in die Winterquartiere.
De Croonders hatte keine Bedenken, seine
Kameraden, die gleich ihm dem Herzog Karl IV.
den Treueid geleistet hatten, aufzunehmen.
Diese nahmen später im Rahmen der französi
schen Armee ruhmreichen Anteil an den Feld
zügen, die zum Pyrenäenfrieden zwischen Frank
reich und Spanien führten.
Durch diesen Frieden erhielt auch Karl IV.
seine Freiheit zurück und kam wieder in den
Besitz seiner Erblande. Der Oberst de Croonders
behielt das Kommando der Veste Homburg und
des Regiments, das seinen Namen trug.
Wegen der Rückgabe von Homburg schien
der Herzog erst zu Verhandlungen bereit zu
sein, nachdem Kurpfalz ihm die beiden Burgen
Hohenecken und Landstuhl abgenommen hatte.
Er verstand sich 1669 dazu, das Recht des Grafen
v. Nassau-Saarbrücken auf das Amt Homburg
anzuerkennen, behielt sich jedoch die mili
tärische Besetzung der Festung Homburg weiter
hin vor, bis er mit seiner Forderung auf Kriegs
schulden an das Reich, die er inzwischen auf
140 000 Taler herabgesetzt hatte, befriedigt sei.
Wenn auf Grund dieser Vereinbarung auch
die Besatzung auf den Grafen Johann Ludwig
verpflichtet wurde, so war doch dessen Einfluß
auf den Kommandanten de Croonders gleich
null, trotzdem dieser dem Grafen von allen
wichtigeren Ereignissen Meldung gemacht zu
haben schien.
In diesem Jahre unternahm auch der Bischof
von Metz, zu dessen Diözese das Amt Homburg
gehörte, eine Visitationsreise in die Saargegend
und auch in die Herrschaft Homburg. Es ging
ihm jedoch nicht besser als den anklopfenden
politischen und militärischen Gewalten; da er
keinen Befehl des Herzogs vorweisen konnte,
öffnete ihm Croonders die Tore der Festung
nicht. Der Bischof mußte also unverrichteter
Dinge wieder abziehen, da ja das Dorf am
Fuße der Festung im Kriege zerstört worden
war.
Weder das Alter noch das Unglück hatten
den Verstand Karls IV. gereift. Anstatt sich der
Wiedergutmachung der Schäden zu widmen, die
sein Land durch seine Fehler erlitten hatte, be
ging er aufs neue Fehler über Fehler, die ihm
die Feindschaft Ludwigs XIV. zuzogen. Dem
heranrückenden Marschall de Crequi hatte er
praktisch nichts entgegenzusetzen und mußte
erneut fluchtartig sein Land verlassen.