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Die V orentgasung
Beseitigung einer erheblichen Gefahr - ein bedeutender technischer Fortschritt
Von Direktor V i d al
1. Die Schlagwetter
Unter den Gefahren der Kohlengrube sind
die Schlagwetter eine der größten und tük-
kischsten. Was sind Schlagwetter? Sie sind
eine Mischung der Luft unter Tage mit einem
brennbaren Gas, Methan oder Grubengas ge
nannt, das den Kohlenfeldern entströmt. Die
Fig. 1: Normale Verteilung des Methangehaltes
im Stoß und in der Kopistrecke
Mischung Luft — Methan brennt, wenn sie
mehr als 14 Prozent Methan enthält. Zwischen
6 und 14 Prozent jedoch explodiert sie, wenn
sie mit einer Flamme oder einem Funken in
Berührung kommt. Unter 6 Prozent kann sie
nicht brennen und nicht explodieren. Die
Schlagwetter oder schlagenden Wetter sind die
explosible Mischung. Unsichtbar und geruchlos,
erscheinen die Schlagwetter oft dort, wo man
sie nicht erwartet. Eine Fahrlässigkeit, ein
Augenblick Unaufmerksamkeit, ein Zusammen
treffen unglücklicher Umstände genügen dann,
eine Explosion herbeizuführen. Dieselbe hat
oft die Auswirkungen einer Katastrophe, haupt
sächlich dann, wenn sie Kohlenstaubwolken
aufwirbelt, die dann ihrerseits explodieren.
Um die Entstehung der Schlagwetter zu ver
meiden, schreibt die Bergpolizeiverordnung
vor, daß die Luft der Grubenbaue im allge
meinen nicht mehr als 1 Prozent Methangehalt
haben darf. Man zielt auf dieses Resultat hin,
indem man genügende Mengen Luft durch starke
Ventilatoren, welche mit den Grubenbauen
durch sehr breite Strecken verbunden sind,
unter Tage führt. Diese Luft neutralisiert das
Gas, das ständig aus den Lagerstätten aus
strömt, indem sie sich mit demselben mischt.
In einigen Fällen jedoch erfolgt das Aus
strömen des Grubengases in solch großen Men
gen, daß eine genügende Luftzufuhr zur Neu
tralisierung desselben nicht möglich ist.
In Hirschbach, wo man einen starken Zustrom
von Methan voraussah, hat man eine andere
Methode versucht. Dieselbe besteht darin, da
rauf hinzuwirken, daß ein großer Teil des Gases
in solche Strecken austritt, die zu diesem Zweck
vorbereitet waren und die mit den sich in Be
trieb befindlichen Grubenbauen nicht in Be
rührung stehen.
Um den Mechanismus der Abführung des
Methans gut zu verstehen, ist es notwendig,
einige Ausführungen über die Entstehung
dieses Gases vorauszuschicken.
11. Entstehung und Ausströmung des Gruben
gases
Man weiß, daß die Kohlenlagerstätten im
Laufe von Millionen von Jahren und unter dem
Einfluß gewaltiger Pressungen durch Umwand
lung des Holzes vorsintflutlicher Wälder ent
standen sind. Im Laufe dieser Umbildung haben
sich der Wasserstoff und der Kohlenstoff, die
in dem Holz enthalten waren, teilweise ver
bunden und einen Kohlenwasserstoff, das Me
than, gebildet. Seine chemische Zusammen
setzung ist CHi (4 Atome Wasserstoff für
1 Atom Kohlenstoff). Dieses Gas, in zu großer
Tiefe gelegen, um an die Erdoberfläche zu ge
langen, ist durch die Kohle zurückgehalten. Wie
verschiedene Experimente gezeigt haben, befin
det sich dasselbe in der Kohle unter einem
ungeheuer großen Druck (man hat an der Ruhr
bis zu 15 kg und in Belgien bis zu 42 kg
Methandruck auf 1 cm 2 festgestellt).
Fig. 2: Schema der Rißbildungen längs der Koptstrecke
fußstrecke
'0.2S%
•0,0%
Kohle
>
ßusziohstrom