Full text: 1949 (0077)

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i Rund um den Schaumberg I 
Das Bergmannsbauerndorf Scheuern 
Von Siegfried GRIMM • Heinitz 
A n der Nordgrenze unseres Saarlandes be 
findet sich ein eigenartiges Gebirgsland, 
das Hunsrückvorland. Ich denke an das 
" Gebiet nördlich der Linie Lebach-Neun- 
kirchen, zwischen Prims- und Bliestal gelegen. 
Dieses Gebirgsland hebt sich von allen anderen 
Landschaften des Saarlandes scharf ab. Im Nor 
den erblicken wir den alle übrigen Höhen über 
ragenden Schaumberg mit einer Höhe von 571 m, 
eine mächtige Vulkankuppe aus Porphyrit. Neben 
dem Schaumberg sei noch der Lindenberg bei 
Steinbach erwähnt. Er ist aber 100 m niedriger 
als der Schaumberg, der mit seinem Aussichts 
turm den ganzen Norden beherrscht. Zwischen 
Schaumberg und Lindenberg befindet sich das 
berühmte Dörsdorfer Hochbecken. Wer Natur 
und Kunst gemessen will, der wandere durch das 
saarländische Vulkangebiet. Schon Wilhelm 
Martin sagt in seinem Buche « Land und Leute 
an der Saar» : « Er versäume nicht, die Land 
schaft im Raume Dörsdorf—Hasbom—Scheuern 
—Neipel, das Dörsdorfer Hochbecken mit dem 
anschliessenden Tal von Bergweiler zu besuchen.» 
Wendet man sich von Tholey aus nordwärts, 
so erreicht man in 2 Stunden Scheuern. Gleich 
gültig von welcher Seite man kommt, ob von 
Süden oder von Osten, man entdeckt den Ort 
erst sehr spät, da er im Tale zwischen sanft an 
steigenden Bergen liegt. 
Das Dorf Scheuem gehört politisch und 
verwaltungsmässig zum Kreis St. Wendel (Ver 
waltungsbezirk Tholey). Diese Verbindung des 
Dorfes mit Tholey besteht bereits seit Jahr 
hunderten. Die Geschichte des Dorfes Scheuern 
ist eng verknüpft mit der Geschichte der alten 
Abtei Tholey. Das kleine Dörfchen mit einer 
Einwohnerzahl von nur knapp 600 Menschen 
scheint schon sehr alt zu sein. Der Name rührt 
ohne weiteres her von einer Scheuer. Schon vor 
430 Jahren soll sich in dem kleinen, so unan 
sehnlichen Oertchen eine Zehntscheuer, dem 
Kloster in Tholey angehörend, gefunden haben. 
Man kennt heute noch ganz genau die Stelle 
unweit des Dorfes, wo nach historischer Ueber- 
lieferung der Bau seine breiten Räume zur Auf 
nahme des Zehnten aller Bodenerzeugnisse für 
das Kloster in Tholey bereitgehalten hat. Auch 
besass Scheuern im 15. Jahrhundert ein Hoch 
gericht. Die Hochgerichtsherrschaft wurde aus 
geübt von der Abtei Tholey. Man zeigte mir an 
einem Hause unter einer altersgrauen Linde die 
Stelle, auf welcher ein Turm zur Aufnahme der 
Gefangenen stand, während noch immer die süd 
lich von Scheuem gelegene Anhöhe minder 
Beherzten im Dunkel der Nacht einen heimli 
chen Schauder empfinden lässt. Denn es ist der 
Galgenberg, wo soviele tausend Geister gehenkter 
Verbrecher in abscheulichen Gestalten umher 
ziehen und nimmer Ruhe finden. Solche und 
ähnliche Geschichten erzählt sich der Volksmund. 
So las ich in der Scheuemer Schulchronik, ge 
schrieben von einem Dorflehrer etwa um 1850, 
folgendes : «Aber auch im Orte selbst ist es 
nicht ganz geheuer. Unterhalb des nach Nieder 
hofen führenden Weges bei dem so benamsten 
« Hennenalthaus » treten Dir die Erinnerungen: 
der mittelalterlichen Hexen- und Geistergeschich 
ten und die Torheiten jener Zeit lebhaft nahe. 
Oder siehst Du nicht da das Hexengärtchen, auf 
dessen ehemaligem Domgesträuch die Hexen irr 
der ersten Maimittemacht mit nackten Füssen ini 
wilden Tänzen sich ergingen ? Lass Dir’s mal 
von der Grossmutter erzählen. Die weiss gewiss 
noch mehr. Vielleicht zeigt sie Dir auch noch 
das Hexentöpfchen, mittels dessen Gebrauch die 
Ahnen früherer Jahrhunderte die erwähnten 
Unholde von Leib und Leben, von Kindern, 
Vieh und Haus femhielten. » 
Während so Scheuern die Spuren mittelalter 
licher Existenz unverkennbar mit in die Gegen 
wart genommen hat, ist man fast zur Annahme 
geneigt, dasselbe habe seine Kinderschuhe bereits 
in der nackten « Heidenzeit» breit getreten. In 
unmittelbarer Nähe des Dorfes befindet sich 
noch ein Brunnen, welcher den Namen « Götzen- 
bom» führt ; auf den nahen Anhöhen aber 
entdeckte man in früheren Jahren nicht selten 
mit Asche verbrannter Leichen gefüllte Urnen. 
Auch unterhalb des Ortes, in der Nähe des nach 
Neipel bezw. nach Lindscheid führenden Weges 
hat man verschiedene solcher Funde gemacht. 
Die Namen Schaumberg und Tholey haben 
einen interessanten Klang, liegt doch hier ge 
schichtlich inhaltsreicher und schicksalsschwerer 
Boden. Auf die Urbewohner des Landes, die 
Bewohner der Steinzeit, folgten die dem arischen 
Stamme angehörenden Kelten oder Gallier, die 
lange vor der Zeitenwende in Südwestdeutsch 
land sesshaft waren. Den Zeitpunkt ihrer Nieder 
lassung im Schaumberggebiet können wir nicht 
näher bestimmen. In der Gegend von Tholey 
fand man Gräber gallischer Häuptlinge mit rei 
chem Goldschmuck.
	        
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