64
Ein hochpolitischer Zwischenfall
in Merten-Biblingen
Westlich des Warndtdorfes Ueberherm, auf
französischem Bodea, liegt an der Bist die alte
Dorfgemeinschaft Merten-Biblingen, die durch
den II. Pariser Frieden von 1815 sonderbarer
weise, vielleicht auch irrtümlich, zu Preussen
kam, obwohl nach dem Vertragsentwurf die
« Grenzlinie der alten Grenze von Saarbrücken
folgen » sollte. Jedenfalls war man jenseits der
Saarlandgrenze der festen Ueberzeugung, dass
die Dorfgemeinschaft nach wie vor französisch
sei, was sich auch in der Praxis zeigte. Als näm
lich im Januar 1816, also eben zwei Monate
nach Friedensschluss, der Einnehmer Hautz von
Saarlouis in Merten die noch nicht erhobenen
Steuern von 1813, 1814 und 1815 einforderte,
verweigerte der Maire die Einzahlung, was er
denn auch dem zuständigen Souspräfekten von
Thionville mitteilte.
Auch in Paris schien man der Meinung zu
sein, dass Merten französisch sei, bis dann in
einem Protokoll über die Grenzberichtigung vom
20. Februar 1821 entschieden wurde, dass Mer
ten und Biblingen preussische Dörfer seien. Die
Bewohner der Dorfgemeinschaft aber waren mit
dieser Regelung durchaus nicht einverstanden.
Als man nämlich 1826 wieder Steuern erheben
wollte, weigerten sie sich, die preussische Behör
de anzuerkennen und lehnten eine Steuerzahlung
unter dem Vorwände ab, dass sie sich als Fran
zosen betrachteten. Am 27. November des
Jahres begab sich nun Landrat Jesse von Saar
louis mit den Steuerbeamten und sechs Gen
darmen nach Merten, man pfändete die Möbel
der Bauern, die ihre wertvolle Habe jedoch in
zwischen weiter nach dem Westen geschafft
hatten. Als man dann am 30. November die
gepfändeten Möbel wegschaffen wollte, erhoben
'sich die Einwohner in offenem Aufstand, ver
trieben den Landrat, den Einnehmer und die
Begleitmannschaft durch Steinwürfe, so dass man
gezwungen war, 180 Mann Infanterie und 20
Husaren nach Merten zu schicken, um es mili
tärisch zu besetzen. Auch die Franzosen schick
ten ein Truppenkommando an die nahe Grenze.
Angesichts dieses bedenklichen Zwischenfalls
fanden zwischen Frankreich und Preussen er
neute Verhandlungen statt, die mit einer weiteren
Vereinbarung über den Grenzverlauf endeten ;
Merten wie drei andere Grenzdörfer kamen im
Juni 1827 offiziell an Frankreich. B.
Die Malmannsbuche bei Ottweiler - ein Naturdenkmal (Aufn. W. Kremp)