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Saarheimatbilder in Prosa
Reicher als man glaubt ist unsere saarländische Heimat an geschicht
lichen Erinnerungsstätten, über deren Bedeutung in früherer Zeit die
wenigsten unterrichtet sind. Schuld an dieser Unkenntnis trägt meist die
Heimatforschung, die sich immer wieder auf vorhandene und oft dürftige
Forschungsergebnisse stützte und den vorhandenen Quellen nachzugehen
versäumte. Eine Einschränkung der Schuldfrage kann insofern Platz grei
fen, als es bisweilen schwierig zu sein schien, an bestimmte Quellen
heranzukommen, die uns eine Unmenge köstlichen Materials über die Ver
gangenheit unserer schönen und geschichtlich reichen Heimat bieten.
Einige kleinere Betrachtungen mögen daher das Wissen der Leser des
seit Jahrzehnten beliebten Bergmanns-Kaletiders in heimatkundlicher
Richtung bereichern.
Eine steinerne Erinnerung
an die Prinzessin Soubise
wollen wir den stattlichen Torbau am ehemaligen
Kloster Fraulautem nennen. Bis zum Jahre 1793
beherbergten diese Anlagen ein weithin angese
henes Nonnenkloster, das nur Angehörige des
Adels aufnahm. So schickte beispielsweise der
Adel aus dem Erzstift Trier, aus Lothringen
und anderen angrenzenden Ländern seine Töchter
besonders gerne in die Zurückgezogenheit dieser
Abtei, deren alleiniger Schirmherr seit 1581
Lothringen war. Trotz klösterlicher Mauern ver
misste man hier offenbar nie ganz die Welt,
und eine standesgemässe Versorgung war allen
falls gesichert. Dieses Ansehen genoss das
Kloster durch alle Jahrhunderte, und wir haben
Beweise dafür, dass die benachbarten Dynasten
und hohen Häuser es als Zeichen besonderer
Gunst und Ehre ansahen, die Aebtissin von
Fraulautern bei bedeutenden Handlungen als
Zeugin oder auch als Taufpatin zuziehen zu
können.
Selbst am französischen Hofe schienen die
Fraulautemer « Dominae », wie man die Nonnen
nannte, sich besonderer Gunst und eines hohen
Ansehens zu erfreuen. Denn zur Zeit Lud
wigs XIV. diente das Kloster der gefeierten
Schönheit von Versailles auf einige Jahre als
Aufenthaltsort. Ein offensichtlich unvollendeter
Klosterflügel und ein Sterbeakt im Pfarregister
von Fraulautern vom Jahre 1760 erinnern neben
der Tradition an dieses Geschehen. Ob Eifer
sucht oder erforderliche Klugheit die Veran
lassung waren, «la belle Madame de Soubise »
nach Fraulautern zu verbannen, ist für uns von
untergeordneter Bedeutung.
Jedenfalls erschien die Prinzessin eines Tages
mit einem kleinen Hofstaat in dem Kloster an
der Saar. Und weil die Verbannte verständ
licherweise mit den in der Zurückgezogenheit
lebenden Stiftsdamen nicht in rechter Harmonie
zu leben schien, mied, sie eines Tages jeglichen
Umgang mit den Nonnen. Um aber während
ihres unfreiwilligen Aufenthaltes wenigstens un
abhängig leben zu können, entschloss sie sich
zur Gründung eines eigenen Hauses, das wir in
dem «Torbau der Prinzessin Soubise» heute
noch vor uns haben.
Wie bereits angedeutet, scheint der zweige
schossige Bau nicht vollständig zu sein, denn es
fehlt der an den mittleren Torbau anschliessende
Westflügel, und auf der Westseite laufen die
Gesimse nicht herum, so dass hier allem An
schein nach ein Gegenstück zum Ostflügel
geplant war. Doch bevor alle Pläne der Prinzes
sin durchgeführt wurden, rief man sie nach Ver
sailles zurück.
« Sieben Eichen »
auf dem Saarbrücker Rastpfuhl
Der Leser wird überrascht sein, wenn ihm
gesagt wird, dass diese Stätte auf der Höhe des
Rastpfuhls bei Saarbrücken eine eigenartige Erin
nerung an Napoleon in sich schliesst. Diejenigen,
die in der Geschichte etwas bewandert sind, wer
den sich erinnern, dass sich Kaiser Napoleon I.