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arbeiten herausgekommen waren. Baumsärge sind
merowingerzeitlich, aber hierzulande selten. Wahr
scheinlich hat demnach dieses Gräberfeld eine wei
tere Ausdehnung. Ein zweites Reihengräberfeld in
der Nähe des Losheimer Krankenhauses ist schein
seit 1923 bekannt. Eine Stosslanze, Wurfspeere,
eine Franziska (Wurfbeil), ein gläserner Trink
becher und Tongefässe sowie ein kleiner Skramasax
1 I
v-— 5.9.J cm »u k.
Bild 19 Skramasax aus Grab 11
für einen halbwüchsigen Jungen wurden dort in den
Gräbern gefunden. Freie fränkische Bauern wurden
hier und dort seit ihrer Ankunft auf Losheimer
Boden um 500 zu Grabe getragen. Sie hatten das
Recht, auch im Grabe die Waffen zu tragen. Ihre
Höfe standen nicht weit davon. Es waren ent
sprechend den beiden Friedhöfen ursprünglich auch
zwei Höfe oder Siedlungen, die schon aus mehreren
Höfen zusammengesetzt waren. Aus diesen beiden
fränkischen Siedlungen wuchs später das Dorf
Losheim zusammen, dessen Name die Endung -heim
trägt. Orte mit der Endung -heim gehören zu
unseren ältesten Siedlungen, wenn zudem noch zwei
Reihengräberfriedhöfe den klaren Beweis dafür
liefern.
Aus dem Reihengräberfeld auf dem Kirchhügel
erwuchs der Kirchhof. Irgendwann haben die Da
maligen ihre erste Kirche auf dem Gottesacker
errichtet, wahrscheinlich im 8. Jahrhundert. Und
nun scharten sich die Gräber um das Gotteshaus.
Es bleibt endlich noch übrig, einen Blick auf die
römerzeitlichen Steine und Architekturteile zu wer
fen, die in grosser Zahl durch die Ausgrabung zum
Vorschein kamen. Das wichtigste Stück lag um
gestürzt mit der Öffnung nach unten im Funda
ment des dicken Mauerriegels C. Es war eine
Aschenkiste aus Stein, ein kleiner würfelförmiger
Steinsarg, der einst die Asche des durch Feuer
verbrannten römischen Grossgrundbesitzers oder
Grosskaufmanns enthielt. Bei dem Bauwerk, das in
der Römerzeit hier auf dem Kirchhügel gestanden
hat, handelt es sich also um ein Grabmal. Die halb
walzenförmigen Steine, die in einer späteren Zeit
teilweise zu Steinsärgen umgearbeitet wurden, ge
hören zur Bekrönung desselben. Es muss ein impo
santes Monument gewesen sein, das hier von der
Höhe herableuchtete auf die an diesem Ort sich
kreuzenden Römerstrassen von Metz und Trier
nach Tholey und Mainz, Saarbrücken und Stras
bourg. In der Nähe stand die Prachtvilla, der
luxuriöse Landsitz dieses vornehmen Herrn, dem
sicher zahlreiche Familien der bodenständigen Bau
ern als Sklaven oder Flörige untertänig waren. Viel
leicht. kennen wir sogar seinen Namen, denn auf
einem der profilierten Bruchstücke eines halbwal
zenförmigen Steins fanden wir eine römische
Inschrift, die leider nicht ganz erhalten ist. Aber
der Name Cassiodorus kann ergänzt und gelesen
werden. Hiess der Herr Cassiodor ? Wir nehmen
es einmal an. Die zukünftigen Untersuchungen
werden vielleicht auch darin Klarheit schaffen.
Trotz aller Macht und Pracht, er selbst fand
schliesslich Platz in der kleinen Aschenkiste. Und
gleich ihm sanken auch die ganzen römerzeitlichen
Bauwerke, Gutshöfe, Siedlungen, Heiligtümer und
Grabmäler rings im Lande, Zeugen einer Zeit des
Wohlstandes und blühender Kultur, in Trümmer,
als die vernichtenden Springfluten der Völkerwan
derung im 4. und 5. Jahrhundert hereinbrausten.
An den römischen Begräbnisplatz knüpfte später,
nachdem Franken um 500 hier ansässig geworden
waren, das fränkische Reihengräberfeld an. •— Tos
heim hat im vergangenen Jahr seine 1200-Jahrfeier
festlich begangen. Aber das Dorf ist älter. Seine
Anfänge sind merowingerzeitlich. Selbst wenn wir
annehmen, dass es erst um 600 besiedelt worden
wäre, kämen wir doch noch auf ein Alter von rund
1350 Jahren. Nach der Gründung durch die
Franken, die bereits Christen waren, ging die Ent
wicklung des Dorfes stetig und ununterbrochen
weiter. Aus dem Reihengräberfeld wuchs der christ
liche Kirchhof mit einer ersten Kirche. Wahrschein
lieh im 8. Jahrhundert wurde dann die schwere
Geländestützmauer erbaut. Nähere Anhaltspunkte
über die Kirche fehlen für diese Zeit, sie muss aber
gestanden haben. Darauf kommt der romanische
Bau des Abts Folcold von Mettlach um 1050, und
viereinhalb Jahrhunderte danach der spätgotische
Neubau zwischen 1504 und 1518 unter Abt Egbert.
Der dreissigjährige Krieg, der auch Losheim schwer
heimsuchte, ging offenbar gnädig an der Kirche
vorüber, ebenso die Brandnacht von 1677. Dann
wurde die Kirche zu klein. 1711 geschah der Anbau
des nördlichen Seitenschiffs und 1784 die grosse
Verlängerung nach Osten mit neuem Chor und
einem Westturm. Dieser Turm fiel dem Brand von
1803 zum Opfer und wurde 1810 in klassizistischen
Formen wieder neu errichtet. Bei der Restaurierung
im Jahre 1910 wurden die Hohlkehlrippen im süd
lichen Seitenschiff entfernt, um dem Innenraum ein
einheitliches Gepräge zu geben; die Achtecksäulen
wurden rund gemacht. So blieb die stattliche Kirche
(Abb. 1) stehen bis zu ihrer Zerstörung im März
1945.
Bild'20 Bruchstück eines Marmorreliefs dev Römer -
zeit aus Grab 11 (Photo Staatl. Landesbildsielle)