Full text: 1949 (0077)

60 
arbeiten herausgekommen waren. Baumsärge sind 
merowingerzeitlich, aber hierzulande selten. Wahr 
scheinlich hat demnach dieses Gräberfeld eine wei 
tere Ausdehnung. Ein zweites Reihengräberfeld in 
der Nähe des Losheimer Krankenhauses ist schein 
seit 1923 bekannt. Eine Stosslanze, Wurfspeere, 
eine Franziska (Wurfbeil), ein gläserner Trink 
becher und Tongefässe sowie ein kleiner Skramasax 
1 I 
v-— 5.9.J cm »u k. 
Bild 19 Skramasax aus Grab 11 
für einen halbwüchsigen Jungen wurden dort in den 
Gräbern gefunden. Freie fränkische Bauern wurden 
hier und dort seit ihrer Ankunft auf Losheimer 
Boden um 500 zu Grabe getragen. Sie hatten das 
Recht, auch im Grabe die Waffen zu tragen. Ihre 
Höfe standen nicht weit davon. Es waren ent 
sprechend den beiden Friedhöfen ursprünglich auch 
zwei Höfe oder Siedlungen, die schon aus mehreren 
Höfen zusammengesetzt waren. Aus diesen beiden 
fränkischen Siedlungen wuchs später das Dorf 
Losheim zusammen, dessen Name die Endung -heim 
trägt. Orte mit der Endung -heim gehören zu 
unseren ältesten Siedlungen, wenn zudem noch zwei 
Reihengräberfriedhöfe den klaren Beweis dafür 
liefern. 
Aus dem Reihengräberfeld auf dem Kirchhügel 
erwuchs der Kirchhof. Irgendwann haben die Da 
maligen ihre erste Kirche auf dem Gottesacker 
errichtet, wahrscheinlich im 8. Jahrhundert. Und 
nun scharten sich die Gräber um das Gotteshaus. 
Es bleibt endlich noch übrig, einen Blick auf die 
römerzeitlichen Steine und Architekturteile zu wer 
fen, die in grosser Zahl durch die Ausgrabung zum 
Vorschein kamen. Das wichtigste Stück lag um 
gestürzt mit der Öffnung nach unten im Funda 
ment des dicken Mauerriegels C. Es war eine 
Aschenkiste aus Stein, ein kleiner würfelförmiger 
Steinsarg, der einst die Asche des durch Feuer 
verbrannten römischen Grossgrundbesitzers oder 
Grosskaufmanns enthielt. Bei dem Bauwerk, das in 
der Römerzeit hier auf dem Kirchhügel gestanden 
hat, handelt es sich also um ein Grabmal. Die halb 
walzenförmigen Steine, die in einer späteren Zeit 
teilweise zu Steinsärgen umgearbeitet wurden, ge 
hören zur Bekrönung desselben. Es muss ein impo 
santes Monument gewesen sein, das hier von der 
Höhe herableuchtete auf die an diesem Ort sich 
kreuzenden Römerstrassen von Metz und Trier 
nach Tholey und Mainz, Saarbrücken und Stras 
bourg. In der Nähe stand die Prachtvilla, der 
luxuriöse Landsitz dieses vornehmen Herrn, dem 
sicher zahlreiche Familien der bodenständigen Bau 
ern als Sklaven oder Flörige untertänig waren. Viel 
leicht. kennen wir sogar seinen Namen, denn auf 
einem der profilierten Bruchstücke eines halbwal 
zenförmigen Steins fanden wir eine römische 
Inschrift, die leider nicht ganz erhalten ist. Aber 
der Name Cassiodorus kann ergänzt und gelesen 
werden. Hiess der Herr Cassiodor ? Wir nehmen 
es einmal an. Die zukünftigen Untersuchungen 
werden vielleicht auch darin Klarheit schaffen. 
Trotz aller Macht und Pracht, er selbst fand 
schliesslich Platz in der kleinen Aschenkiste. Und 
gleich ihm sanken auch die ganzen römerzeitlichen 
Bauwerke, Gutshöfe, Siedlungen, Heiligtümer und 
Grabmäler rings im Lande, Zeugen einer Zeit des 
Wohlstandes und blühender Kultur, in Trümmer, 
als die vernichtenden Springfluten der Völkerwan 
derung im 4. und 5. Jahrhundert hereinbrausten. 
An den römischen Begräbnisplatz knüpfte später, 
nachdem Franken um 500 hier ansässig geworden 
waren, das fränkische Reihengräberfeld an. •— Tos 
heim hat im vergangenen Jahr seine 1200-Jahrfeier 
festlich begangen. Aber das Dorf ist älter. Seine 
Anfänge sind merowingerzeitlich. Selbst wenn wir 
annehmen, dass es erst um 600 besiedelt worden 
wäre, kämen wir doch noch auf ein Alter von rund 
1350 Jahren. Nach der Gründung durch die 
Franken, die bereits Christen waren, ging die Ent 
wicklung des Dorfes stetig und ununterbrochen 
weiter. Aus dem Reihengräberfeld wuchs der christ 
liche Kirchhof mit einer ersten Kirche. Wahrschein 
lieh im 8. Jahrhundert wurde dann die schwere 
Geländestützmauer erbaut. Nähere Anhaltspunkte 
über die Kirche fehlen für diese Zeit, sie muss aber 
gestanden haben. Darauf kommt der romanische 
Bau des Abts Folcold von Mettlach um 1050, und 
viereinhalb Jahrhunderte danach der spätgotische 
Neubau zwischen 1504 und 1518 unter Abt Egbert. 
Der dreissigjährige Krieg, der auch Losheim schwer 
heimsuchte, ging offenbar gnädig an der Kirche 
vorüber, ebenso die Brandnacht von 1677. Dann 
wurde die Kirche zu klein. 1711 geschah der Anbau 
des nördlichen Seitenschiffs und 1784 die grosse 
Verlängerung nach Osten mit neuem Chor und 
einem Westturm. Dieser Turm fiel dem Brand von 
1803 zum Opfer und wurde 1810 in klassizistischen 
Formen wieder neu errichtet. Bei der Restaurierung 
im Jahre 1910 wurden die Hohlkehlrippen im süd 
lichen Seitenschiff entfernt, um dem Innenraum ein 
einheitliches Gepräge zu geben; die Achtecksäulen 
wurden rund gemacht. So blieb die stattliche Kirche 
(Abb. 1) stehen bis zu ihrer Zerstörung im März 
1945. 
Bild'20 Bruchstück eines Marmorreliefs dev Römer - 
zeit aus Grab 11 (Photo Staatl. Landesbildsielle)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.