Full text: 1949 (0077)

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ten, der bei Unachtsamkeit leicht verschwunden 
wäre, ohne dass man ihn bemerkt hätte. 
Es waren auch im Verlaufe der Ausgrabung 
keine frühgotischen Architekturreste gefunden wor 
den, dagegen einige, die zum romanischen Baustil 
gehören. Abbildung 11 zeigt das Grundmauerwerk 
des spätgotischen Chors mit einem eingebauten 
Stein von romanischer Profilierung. Den Mauer 
winkel G spreche ich ebenfalls seinem Charakter 
nach als romanisch an. Ich kann aber aus seinem 
Vorhandensein nicht auf Seitenchöre und damit 
Seitenschiffe schliessen. Vielleicht gehört er zu 
einem Anbau mit anderer Verwendung. 
Soweit das Ergebnis der Ausgrabung. Wir wer 
den gleich mehr von dieser romanischen Kirche er 
fahren. Während der 1200-Jahrfeier der Gemeinde 
Losheim hatte ich Gelegenheit, das kostbare aus 
dem 13. Jahrhundert stammende Mettlacher Kreuz - 
reliquiar zu studieren. Auf seiner Rückseite ist in 
das Metall eingestochen ein Band mit Darstellungen 
zu sehen. Es sind sechs kirchliche Würdenträger, 
teils Äbte mit dem Abtsstab in der Hand, teils 
Bischöfe mit der Mitra auf dem Kopfe, die dieses 
Friesband füllen. Alle tragen symbolhaft etwas in 
Händen, das irgend ein markantes Ereignis in der 
Geschichte der Benediktinerabtei Mettlach bedeu 
tet, und alle haben den Nimbus (Heiligenschein) 
um das Haupt. Der erste trägt eine ringförmige 
Mauer mit einem Gebäude darin, der zweite ein 
Buch, der dritte eine romanische Kirche usw. über 
und unter der Figurenreihe läuft je ein abschlies 
sendes Schriftband ganz durch. Es enthält Angaben 
über die dargestellten Personen und bei den beiden 
ersten auch ihrer Symbole. Unter der ersten Figur 
steht LOSMA, unter der zweiten RESTAVRATOR 
LOCI., unter den folgenden Figuren bleibt das 
Schriftband leer, über der ersten Figur steht 
FOLCOLD.ABBS., über der zweiten .RVTWIG- 
ABS. usw. 
Es gibt nun zwei grundlegende, aber verschie 
dene Auffassungen dieser Bilder, die für ihre Er 
klärung natürlich wichtig sind, weil davon die Deu 
tung unserer Losheimer Ausgrabung abhängt. Pfar 
rer Schäfer ist der Ansicht, dass das « Losma »• 
unter der ersten Figur sich auf die ganze Reihe 
der 6 Personen bezieht, weil sonst keine Ortsbe 
zeichnung mehr vorkommt. Bei dieser Erklärung 
müssten wir die dritte Figur, die den Erzbischof 
Ruppert, der von 930-956 den Trierer Bischofsstuhl 
innehatte, darstellt, als den Gründer einer grossen 
romanischen Kirche mit zwei 
Chortürmen in Losheim betrach 
ten, denn die Kirche, die er trägt, 
hat zwei romanische Chortürme. 
Ich bin anderer Ansicht. Ich 
glaube, dass das «Losma » unter 
der ersten Figur ausschliesslich 
zu dieser ersten Figur gehört und 
keine Beziehung zu den weiteren 
Darstellungen hat. Unter der zwei 
ten Figur, die den Abt Rutwig 
von Mettlach (941-975) darstellt, 
steht nämlich « Restaurator loci », 
was soviel heisst wie « Wiederher 
steller der Ordnung am Ort». 
Wir wissen aus der Geschichte, 
dass dieser Abt Rutwig wieder die 
strenge Ordnung nach der Regel 
des hl. Benedikt im Kloster Mett 
lach herstellte. Das Buch, das er 
als Symbol in der Hand trägt, 
versinnbildlicht die Regel des Be 
nediktinerordens. Also bezieht sich 
diese zweite Figur schon nicht 
mehr auf Losheim, sondern auf 
Mettlach. Und es ist unwahr 
scheinlich, dass auf einem derartig 
seltenen und kostbaren Reliquiar 
ein so breiter Raum wie hier das ganze Bildband 
der Kirche und dem Klosterhof in Losheim allein 
eingeräumt worden wäre. 
Wir betrachten infolgedessen nur die erste Figur 
(Abb. 12). Folcold Abbs stehtoben, das heisst Abt 
Folcold. Und unten ist zu lesen Losma, das be 
deutet Losheim. Der Abt steht im Halbprofil da 
und hält mit beiden Händen eine zinnenbekrönte 
Mauer, die rund um ein einfaches Gebäude läuft. 
Das Bauwerk scheint aber nicht profan (weltlich) 
zu sein, sondern es sieht aus wie ein kleiner Tem 
pel oder eine Kirche ohne Turm, aber mit sehr 
hohem rundbogigen Portal. Abt Folcold hat um 
1050 gelebt. Als Begründer oder Erbauer der roma 
nischen Kirche in Losheim trägt er diese in den 
Händen. Diese Erklärung steht im Einklang mit der 
Mitteilung von Pfarrer Schäfer, dass das Güter 
verzeichnis der Abtei Mettlach, in welchem die 
Losheimer Kirche als Eigentum des Klosters aufge 
führt ist, aus der Zeit um 1000 stammt. Sie findet 
aber auch ihre Bestätigung in unserer Ausgrabung. 
Wir fanden nämlich kein Fundament eines Turms. 
Der Mauerwinkel G (Abb. 2) ist zu schlecht und 
zu schwach für einen Turm und steht auch nicht 
in einem glaubhaften Verhältnis zur halbrunden 
Apsis. Gerade hier, in dem Mauerwinkel G, wo 
der alte romanische Zustand noch leidlich erhalten 
ist, müsste das Turmfundament oder eine Seiten 
apsis gefunden worden sein, wenn es je eines von 
beiden hier gegeben hätte. 
Aber sollen wir uns den romanischen Bau wirk 
lich ganz ohne Turm und ohne Glockengeläute 
Bild 11 Grundmauerwerk im spätgotischen Chor mit eingemauertem 
romanischem Stein (Photo Staatl. Landesbildstelle)
	        
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