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und Salebruche heißt. Ruppersberg war der
Meinung, daß der Übergang von r in 1 auf
französischen Einfluß zurückzuführen sei.
Als Beispiel führt er Saarwerden an, das
einige Male auch Salleverne genannt wird.
Indes wurde die Form Sallverne lediglich in
der erzbischöflichen Kanzlei zu Trier ge
braucht und jeweils in Verbindung der bei
den Grafen von Sallebruche und Salleverne.
In Trier aber mußte man bestimmt wissen,
wie der Graf geheißen hat. Auch war die
Saar und ihre Schreibweise hinlänglich be
kannt. Selbst in Frankreich würde man die
Saar niemals Salle genannt haben. Allerdings
war man in den neunziger Jahren noch nicht
in die Geheimnisse der Ortsnamenforschung
eingetreten, und der gelehrte Prietze saß da
mals noch zu Füßen Ruppersbergs, des hoch-
geschätzten Förderers saarländischer Ge
schichtsforschung.
Die erste urkundliche Nachricht mit dem
Namen Sarabruca ist aus dem Jahre 999. Da
gegen findet sich die Bezeichnung Salem-
burca erstmalig im Jahre 1065. Für den da
zwischen liegenden Zeitraum sind nur drei
Saarbrücker Urkunden nachgewiesen, also
Urkunden, in denen eine Sarabrucca-Form
vorkommt. Hieraus könnte geschlossen wer
den, daß die Sal-Form eine wesentlich jün
gere, die Sar-Form dagegen die ursprüngliche
ist. Indes ist zu berücksichtigen, daß die Sar-
Form in der Wiedergabe seit 999 ausschließ
lich in der kaiserlichen Kanzlei angewandt
wurde, die Sal-Form indes in den Kanzleien
des Erzbischofs von Trier, des Bischofs von
Metz, des Herzogs von Lothringen, der Grafen
von Zweibrücken und anderer benachbarter
Herrschaften. Seit 1191 wurde sie dann auch
— erst regelmäßig, dann wieder im Wechsel
mit der Sar-Form — von der kaiserlichen
Kanzlei gebraucht.
Für die Kanzlisten war natürlich die Wie
dergabe von Namen, die meist ganz und gar
nach dem Gehör geschrieben werden mußten,
eine nicht geringe Leistung. Der Graf konnte
seinen Namen vielleicht garnicht schreiben,
während dem Kaiser doch immerhin der
eigene Namenszug geläufig war. Das Kastell
des Grafen vom Sargowe (Saargau) war als
die brucca oder brügge (der Name der
flandrischen Stadt „Brügge“ bedeutet genau
dasselbe, nämlich Malstatt) bereits hinläng
lich gekennzeichnet. Der Sargowe setzte vor
aus, daß es sich auch um das Sar-brucca
oder Sar-brügge handelte.
In Wirklichkeit mußte sich der Graf jedoch
unter jener zusätzlichen Bezeichnung Sal ge
nannt haben, die den Ort des Gaugerichtes
und gleichzeitigen Herrensitzes besonders
hervorhob und die durch den Zusatz brucca,
bruch usw. eine gewisse Verdoppelung erfuhr.
Kannte doch niemand besser den Namen
dieses Herrensitzes als die Bischöfe und Gra
fen der Nachbargaue, und diese hielten sich
an Sal- und nicht an Sar-.
Die Grafen bauten sonach ihre erste Burg
auf den Salhof, die alte Gauversammlungs
stätte, und hielten dort — wohl lange noch
in offener Halle — ihre Gerichtssitzungen und
andere Zusammenkünfte. Es war das also der
Hauptgerichtsort, der Gaugrafensitz. Denn
Sal — und seine Ableitungen sei, sella und
sedel (Sattel) — bezeichnet stets den Sitz des
Gebieters.
Saarbrücken in seiner ursprünglichen Be
deutung als Salemburca, Sallebrügge und
Salebruch ist also genau dasselbe wie die in
umgekehrter Schreibweise erscheinenden Na
men Bruchsal und Brüssel, das mittelalter
liche Brocksella.
So dürfte der Beweis erbracht sein, daß
Saarbrücken nicht nach der Haiberger Saar
brücke und auch nicht nach dem Königshof
Sarabrucca, sondern daß der Königshof nach
dem Salhof (Gauthingplatz) der ehemaligen
Hauptstätte des unteren Saargaues (auf dem
heutigen Schloßberg) benannt wurde.
Und nun, meine Herren vom Saarbrücker
Stammtisch, haben Sie das Wort!