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Warndtdörfern gibt es wohl kaum eine, die
nicht Verwandte in Frankreich jenseits der
Grenzen hätte. Diese Blutsbande konnten
auch die immer wieder zwischen dem Gebiet
aufgeriohteten widernatürlichen Grenzen nicht
zerreißen. Es mutet den Beschauer der Land
karte seltsam an, daß der Warndt so tief in
ein fremdes Land hineingreifen kann, aber
es hat damit eine besondere Bewandtnis.
Die Fürsten von Saarbrücken waren durch
Jahrhunderte hindurch eng mit Frankreich
verknüpft, einige von ihnen führten hohe
französische Offizierstitel, und da der Warndt
persönliches Eigentum des Fürstenhauses war,
so nahm man bei der Grundfestlegung Rück
sicht auf das Privatvermögen und beließ es
zuerst bei der Grafschaft Saarbrücken und
später bei Preußen. Nur diesen engen Be
ziehungen der Fürsten von Saarbrücken zu
Frankreich ist es zu verdanken, daß der
Warndt aus dem lothringischen Land heraus
genommen wurde und die tiefe Einbuchtung
auf der Landkarte entstand. Während des
30jährigen Krieges wurde dann durch die
große Not, Hunger und Pest 1818—1648 die
Bevölkerung sehr verringert. Einzelne Dörfer
zählten gar keine Bewohner mehr. So be
richtet die Chronik des Klosters Wadgassen
über das Warndtdorf Differten: „Dort lebt
niemand mehr, Wölfe und Füchse hausen
dort“.
Nun war es das Bestreben der Fürsten von
Saarbrücken und des Klosters Wadgassen,
neue Bewohner heranzuziehen. Die Dörfer
wuchsen langsam wieder heran und ihre Be
wohner ernährten sich meistens von Land-
und Forstwirtschaft sowie vom Bergbau, der
in den Stollen der alten Gruben Hostenbach,
Geislautern, La Houve und Kleinrosseln schon
vor mehr als 150 Jahren eifrig betrieben
wurde. Im Warndtwald liegen nämlich
bedeutende Kohlenvorkommen, mit die
reichsten Flöze im ganzen Saargebiet. Die
Landschaft selbst zeigt aber heute noch das
selbe Gesicht wie vor Jahrhunderten, nur der
Waldbestand ist durch den Krieg stark ge
lichtet worden. Friedlich leben die Bewoner;
ihre Häuser sind von dem Kriegsgeschehen
durch ein gütiges Geschick fast alle verschont
geblieben. Die Industrie hat noch keinen Ein
gang in die stillen Wälder gefunden, unter
deren Boden die ungehobenen Schätze ruhen.
Mögen bald wieder die Zeiten kommen, wie
ehedem, als Musik und Gesang der vielen
frohen Ausflügler an den Sommertagen in
den Wäldern widerhallte!
Ottweiler. Blick über die Dächer.
(Phot. Max Wentz, Saarbrücken)