Full text: 1948 (0076)

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Rentenentziehungen. 
Zu den unbeliebten Maßnahmen, die nach dem 
Zusammenbruch ergriffen werden mußten, ge 
hören mit an erster Stelle die Rentenent 
ziehungen. Auch bei der Saarknappschaft 
hatte sich die unabwendbare Notwendigkeit er 
geben, Sparmaßnahmen einzuleiten und durch 
zuführen, um auch auf diese Weise eine end 
gültige Sanierung der Knappschaftsversiche 
rung zu erreichen. In dem Bestreben, Härten 
auszuschließen, wo es möglich war, und um zu 
vermeiden, daß auch älteren Bergleuten von 
der Saarknappschaft die Rente entzogen wird, 
wurden folgende Anordnungen getroffen: 
1. In' erster Linie wurden die Fälle zum 
Zwecke der Rentenentziehung überprüft, in 
denen der Rentner noch nicht 50 Jahre alt 
ist und die Rente nach den bekannten Ent 
scheidungen des Reichsversicherungsamts 
nach 1941 bewilligt worden ist. 
2. Wenn die Meldung der Grube ergab, daß 
ein über 50 Jahre alter Rentner noch gleich 
wertige Lohnarbeit verrichtet, so wurde eine 
Nachuntersuchung auch dann in die Wege 
geleitet, wenn er die Rente bereits vor 1941 
erhalten hatte. Ergab das ärztliche Gut 
achten, daß der Rentner noch oder wieder 
zur Verrichtung von gleichartigen und 
wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten in der 
Lage ist, so besteht nicht die Gefahr, daß 
der Rentner von der Grube wegen Untaug 
lichkeit zur Grubenarbeit abgelegt wird. 
Die Rente ist dann zu entziehen. 
3. Den über 55 Jahre alten Rentnern wurde 
die Knappschaftsrente in keinem Falle ent 
zogen. 
4. Die nach diesen Gesichtspunkten zu Un 
recht entzogenen Renten wurden vom Tage 
der Entziehung ab wieder gewährt. Die 
Knappschaftsältesten wurden aufgefordert, 
in diesen Fällen etwa ergangene Bescheide 
wieder einzureichen. 
An die Knappschaftsältesten wurde nach 
stehendes Rundschreiben gerichtet: 
Rentenentziehungen. 
,,Wie wir Ihnen mehrfach bekanntgegeben 
haben, ist es nicht möglich, die bisherige 
große Zahl von Renten weiterhin zu zahlen. 
Um den wirklich berufsunfähigen Ver 
sicherten auskömmliche Renten zahlen zu 
können, sind wir genötigt, die Zahl der Rent 
ner durch Entziehung der Renten, die auf 
grund der allzuweitgehenden Rechtsauslegun 
gen der letzten Jahre gewährt worden sind, 
auf einen erträglichen Stand zu bringen. Es 
werden dabei in erster Linie die Versicher 
ten erfaßt, die ihre frühere Arbeit oder eine 
dieser Arbeit gleichwertige Tätigkeit ver 
richten“, usw. 
Die Rentenentziehungsaktion ist übrigens 
inzwischen zum Abschluß gekommen. 
Durchführung von Heilverfahren. 
Die augenblickliche geldliche Lage der Saar 
knappschaft ließ bisher die Durchführung von 
Heilverfahren in dem früheren Umfange nicht 
mehr zu. 
Um jedoch die bisherige Arbeit bei der Be-> 
kämpfung von Volksseuchen nicht wirkungslos 
zu machen, werden folgende Maßnahmen 
dürchgeführt: 
1. Tuberkulosenheilverfahren in Heilstätten für 
Versicherte und Angehörige, 
2. Vorübergehende Asylierungen in Kranken 
häusern für Versicherte und Angehörige, 
jap uszfBS uap ipR'u loqep paim p^ogsnoH) 
Krankenkasse gewährt), 
3. Offene spezifische Behandlung (Pneumotho 
rax Saugdrainage, Oleathorax) für Ver 
sicherte und Angehörige, 
4. Lupusbekämpfung für Versicherte und An 
gehörige. 
Krebsheilverfahren werden nicht mehr durch 
geführt, jedoch sollen in geeigneten Fällen alle 
in unseren Krankenhäusern gegebenen Mög 
lichkeiten ausgenutzt werden. 
Z. Zt. wird vom Knappschaftsvorstand ge 
prüft, ob im Interesse unserer Versicherten 
eine Erweiterung der Heilverfahrensmaßnah 
men möglich und durchführbar ist. 
Kostenübernahme in Nichtvertragskranken 
häusern. 
Bei Behandlung in Nichtvertragskranksn- 
häusern sollen in Ausnahmefällen 50 */# 
der Kosten übernommen werden. 
Es hat sich jedoch ergeben, daß die An 
spruchsberechtigten, die fremde Krankenhäuser 
aufsuchen, stets einen Grund angeben, der we 
nigstens teilweise eine Rechtfertigung der In 
anspruchnahme des fremden Krankenhauses 
enthält. 
Außerdem führt die Prüfung, ob 50 % der 
Kosten übernommen werden können, vielfach 
zu erheblichen Schwierigkeiten und schließt 
die Gefahr ungleichmäßiger Behandlung der 
Versicherten in sich. 
Um dies zu vermeiden und zur Vereinfachung 
des Verfahrens wurde angeordnet, daß in je 
dem Falle, in dem ein fremdes Krankenhaus 
in Anspruch genommen wird, 50 % der Kosten 
übernommen werden. 
Eine Ausnahme bilden die Fälle, in denen 
eine besondere Behandlung notwendig ist, die 
in einem Knappschaftskrankenhaus nicht durch 
geführt werden kann, z. B. Behandlung auf 
'Isolierstationen oder in der Nervenheilanstalt 
des Landeskrankenhauses Homburg usw. Hier 
werden die gesamten Kosten übernommen. 
Sozialversicherung ausgewanderter und 
inhaftierter Personen. 
Durch die Rechtsanordnung über die vorläu 
fige Versorgung der Opfer des Nationalsozialis 
mus vom 25. 4. 194? sind die Voraussetzungen 
für die Gewährung von Leistungen auf Grund 
der Verordnungen über die Sozialversicherung 
ausgewanderter und inhaftierter Personen vom 
12. 9. 45 und 6. 2. 46 geändert worden. 
Während bisher die ehemaligen Versicherten 
anspruchsberechtigt waren, die nach dem 1. 12. 34 
aus Dolitischen, religiösen, rassischen oder welt 
anschaulichen Gründen ausgewandert bezw. 
nach dem 13. 1. 35 in Haft genommen oder 
gemaßregelt worden sind, können jetzt nur die 
früher Versicherten Leistungen nach den Ver 
ordnungen vom 12. 9. 45 bzw. 6. 2. 46 erhal 
ten, die durch einen Bescheid des Mitgliedes 
der Verwaltungskommission des Saarlandes für 
Inneres als Opfer des Nationalsozialismus im 
Sinne des § 1 der Rechtsanordnung über die 
vorläufige Versorgung der Opfer des Natio 
nalsozialismus vom 25. 4. 47 anerkannt sind. 
Der § 1 der Rechtsanordnung über die vor 
läufige Versorgung der Oofer des National 
sozialismus vom 25. 4. 1947 hat folgenden 
Wortlaut: 
„§ 1 
1. Wer im Saarland vor dem 30. Januar 1933 
seinen Wohnsitz hatte, oder wer gemäß Ar 
tikel 3 der Verordnung betreffend die Eigen
	        
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