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Rentenentziehungen.
Zu den unbeliebten Maßnahmen, die nach dem
Zusammenbruch ergriffen werden mußten, ge
hören mit an erster Stelle die Rentenent
ziehungen. Auch bei der Saarknappschaft
hatte sich die unabwendbare Notwendigkeit er
geben, Sparmaßnahmen einzuleiten und durch
zuführen, um auch auf diese Weise eine end
gültige Sanierung der Knappschaftsversiche
rung zu erreichen. In dem Bestreben, Härten
auszuschließen, wo es möglich war, und um zu
vermeiden, daß auch älteren Bergleuten von
der Saarknappschaft die Rente entzogen wird,
wurden folgende Anordnungen getroffen:
1. In' erster Linie wurden die Fälle zum
Zwecke der Rentenentziehung überprüft, in
denen der Rentner noch nicht 50 Jahre alt
ist und die Rente nach den bekannten Ent
scheidungen des Reichsversicherungsamts
nach 1941 bewilligt worden ist.
2. Wenn die Meldung der Grube ergab, daß
ein über 50 Jahre alter Rentner noch gleich
wertige Lohnarbeit verrichtet, so wurde eine
Nachuntersuchung auch dann in die Wege
geleitet, wenn er die Rente bereits vor 1941
erhalten hatte. Ergab das ärztliche Gut
achten, daß der Rentner noch oder wieder
zur Verrichtung von gleichartigen und
wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten in der
Lage ist, so besteht nicht die Gefahr, daß
der Rentner von der Grube wegen Untaug
lichkeit zur Grubenarbeit abgelegt wird.
Die Rente ist dann zu entziehen.
3. Den über 55 Jahre alten Rentnern wurde
die Knappschaftsrente in keinem Falle ent
zogen.
4. Die nach diesen Gesichtspunkten zu Un
recht entzogenen Renten wurden vom Tage
der Entziehung ab wieder gewährt. Die
Knappschaftsältesten wurden aufgefordert,
in diesen Fällen etwa ergangene Bescheide
wieder einzureichen.
An die Knappschaftsältesten wurde nach
stehendes Rundschreiben gerichtet:
Rentenentziehungen.
,,Wie wir Ihnen mehrfach bekanntgegeben
haben, ist es nicht möglich, die bisherige
große Zahl von Renten weiterhin zu zahlen.
Um den wirklich berufsunfähigen Ver
sicherten auskömmliche Renten zahlen zu
können, sind wir genötigt, die Zahl der Rent
ner durch Entziehung der Renten, die auf
grund der allzuweitgehenden Rechtsauslegun
gen der letzten Jahre gewährt worden sind,
auf einen erträglichen Stand zu bringen. Es
werden dabei in erster Linie die Versicher
ten erfaßt, die ihre frühere Arbeit oder eine
dieser Arbeit gleichwertige Tätigkeit ver
richten“, usw.
Die Rentenentziehungsaktion ist übrigens
inzwischen zum Abschluß gekommen.
Durchführung von Heilverfahren.
Die augenblickliche geldliche Lage der Saar
knappschaft ließ bisher die Durchführung von
Heilverfahren in dem früheren Umfange nicht
mehr zu.
Um jedoch die bisherige Arbeit bei der Be->
kämpfung von Volksseuchen nicht wirkungslos
zu machen, werden folgende Maßnahmen
dürchgeführt:
1. Tuberkulosenheilverfahren in Heilstätten für
Versicherte und Angehörige,
2. Vorübergehende Asylierungen in Kranken
häusern für Versicherte und Angehörige,
jap uszfBS uap ipR'u loqep paim p^ogsnoH)
Krankenkasse gewährt),
3. Offene spezifische Behandlung (Pneumotho
rax Saugdrainage, Oleathorax) für Ver
sicherte und Angehörige,
4. Lupusbekämpfung für Versicherte und An
gehörige.
Krebsheilverfahren werden nicht mehr durch
geführt, jedoch sollen in geeigneten Fällen alle
in unseren Krankenhäusern gegebenen Mög
lichkeiten ausgenutzt werden.
Z. Zt. wird vom Knappschaftsvorstand ge
prüft, ob im Interesse unserer Versicherten
eine Erweiterung der Heilverfahrensmaßnah
men möglich und durchführbar ist.
Kostenübernahme in Nichtvertragskranken
häusern.
Bei Behandlung in Nichtvertragskranksn-
häusern sollen in Ausnahmefällen 50 */#
der Kosten übernommen werden.
Es hat sich jedoch ergeben, daß die An
spruchsberechtigten, die fremde Krankenhäuser
aufsuchen, stets einen Grund angeben, der we
nigstens teilweise eine Rechtfertigung der In
anspruchnahme des fremden Krankenhauses
enthält.
Außerdem führt die Prüfung, ob 50 % der
Kosten übernommen werden können, vielfach
zu erheblichen Schwierigkeiten und schließt
die Gefahr ungleichmäßiger Behandlung der
Versicherten in sich.
Um dies zu vermeiden und zur Vereinfachung
des Verfahrens wurde angeordnet, daß in je
dem Falle, in dem ein fremdes Krankenhaus
in Anspruch genommen wird, 50 % der Kosten
übernommen werden.
Eine Ausnahme bilden die Fälle, in denen
eine besondere Behandlung notwendig ist, die
in einem Knappschaftskrankenhaus nicht durch
geführt werden kann, z. B. Behandlung auf
'Isolierstationen oder in der Nervenheilanstalt
des Landeskrankenhauses Homburg usw. Hier
werden die gesamten Kosten übernommen.
Sozialversicherung ausgewanderter und
inhaftierter Personen.
Durch die Rechtsanordnung über die vorläu
fige Versorgung der Opfer des Nationalsozialis
mus vom 25. 4. 194? sind die Voraussetzungen
für die Gewährung von Leistungen auf Grund
der Verordnungen über die Sozialversicherung
ausgewanderter und inhaftierter Personen vom
12. 9. 45 und 6. 2. 46 geändert worden.
Während bisher die ehemaligen Versicherten
anspruchsberechtigt waren, die nach dem 1. 12. 34
aus Dolitischen, religiösen, rassischen oder welt
anschaulichen Gründen ausgewandert bezw.
nach dem 13. 1. 35 in Haft genommen oder
gemaßregelt worden sind, können jetzt nur die
früher Versicherten Leistungen nach den Ver
ordnungen vom 12. 9. 45 bzw. 6. 2. 46 erhal
ten, die durch einen Bescheid des Mitgliedes
der Verwaltungskommission des Saarlandes für
Inneres als Opfer des Nationalsozialismus im
Sinne des § 1 der Rechtsanordnung über die
vorläufige Versorgung der Opfer des Natio
nalsozialismus vom 25. 4. 47 anerkannt sind.
Der § 1 der Rechtsanordnung über die vor
läufige Versorgung der Oofer des National
sozialismus vom 25. 4. 1947 hat folgenden
Wortlaut:
„§ 1
1. Wer im Saarland vor dem 30. Januar 1933
seinen Wohnsitz hatte, oder wer gemäß Ar
tikel 3 der Verordnung betreffend die Eigen