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lang, welcher am Verbrauchsort, abgespannt,
Elektromotore antreibt, wurde in Lauffen am
Neckar das erste Mal Wasserkraft in elek
trische Energie verwandelt und zur Sensation
der Internationalen Elektro-Ausstellung in
Frankfurt.
Von dort bis zum Columbia-Grand-Coulee-
Großkraftwerk in Amerika führt ein rascher
Weg. Damals waren 250 KW „weiße Kohle“
erzeugt worden, hier werden jährlich 10 Mil
liarden KW-Stunden frei; welch gewaltiger
Fortschritt!
Wie richtig hat dies Plinius der Ältere vor
zweitausend Jahren gesehen „die Natur zeigt
im reißenden Strom der Flüsse und in den
Gezeiten der Meere ihre gewaltige Kraft“.
Vom Wasserrad über Wassermühle, Wasser
schmiede war der gleiche Weg bis zu unseren
modernen Großkraftwerken.
Stautechnik und Turbinenbau schufen die
Voraussetzungen zu diesen gewaltigen Leih
anstalten der Naturkraft.
Inzwischen ist der Ausbau von Wasserkraft
anlagen in allen Erdteilen fortgesetzt worden,
zunächst dort, wo sich Anlagen mit verhält
nismäßig geringen Kosten erstellen ließen.
Jede Energiefrage ist stets eine Wirtschafts
frage (außer in Kriegszeiten; das ist auch der
Grund, warum in Notzeiten Energieträger an
gepackt werden, die für eine Friedenswirt
schaft auf erste Sicht zu kostspielig sind, was
aber die großen technischen Umwälzungen
fördert). Alsdann begnügte man sich nicht
mehr mit natürlichen Wassergefällen, sondern
baute längs der Talwände oder quer durch
das Gestein, ja sogar durch den Gletscherfuß
des Mont-Blanc Kanäle, sammelte die Wasser
massen und ließ sie in starkem Gefälle Tur
binen treiben. Die Unregelmäßigkeiten vieler
Wasserläufe zwang zum Bau von Speicher
kraftwerken mit riesigen Stauseen.
Den vorläufigen Abschluß dieser Entwick
lung bilden Pumpspeicherwerke, wo in Zeiten
schwachen Stromverbrauches mit eigenem
Uberstrom Wasser in einen hochgelegenen
Speichersee gepumpt wird. Diese zusätzliche
Kraft kann bei Bedarf sofort wieder zum
Ausgleich bei Spitzenbelastung des Strom
netzes herangezogen werden. Daß sich die
mechanische Energie des fließenden Wassers
mit dem guten Wirkungsgrad von 95 %> in
Elektrizität verwandeln läßt, hat sie auf die
sem Gebiet der Kohle überlegen gemacht und
die Wasserkraft ausnutzung entscheidend be
einflußt.
So ist ja auch von 1920 bis 1930 bei einer
Kohlensteigerung von 10 °/o die Leistung der
Wasserkraftwerke im gleichen Zeitraum ver
doppelt worden.
Besonders in kohlearmen Ländern, Schweiz,
Norwegen, Italien und Kanada, ist die Wasser
kraft zum Hauptenergieträger, ja sogar Aus
fuhrgut geworden; sie ermöglichte die Grün
dung von Industriezweigen, welche besonders
hohe Strommengen verbrauchen, wie Alumi
niumfabriken und chemische Fabriken. Stick
stoff-Sprengstoff-Schweres Wasser werden
dort besonders hergestellt. In den USA da
gegen werden von insgesamt
200 Milliarden KW jährl. Erzeu
gung nur Vs ausgenutzt, um nor
malen Aufgaben zu dienen.
Der andere, später noch zu
vergrößernde Teil wird dazu
dienen, die Trockenheit im
Mittelwesten, entstanden durch
regellose Abholzung der Wäl
der, zu mildern. So sollen al
lein im Columbia-Stromgebiet
5000 km 2 bewässert werden
und 40 000 neue Farmbetriebe
entstehen. Das schon genannte
Grand-Coulee-Werk soll diese
Aufgabe meistern und dabei
noch Aluminium- und Magne
sium-Industrie ermöglichen.
Wenn die Amerikaner verhin
dern wollen, daß sich die
Wüste weiter in ihr Land frißt,
müssen noch mehrere* dieser
Anlagen entstehen.
Die Weltreserve an Lei
stungsfähigkeit wird auf jähr
lich 1500 Milliarden KW ge
schätzt, d. h. daß sie energie
gleich mit der Weltförderung
an Kohle ist. Mit anderen
Worten: selbst bei Einrechnung
der entferntesten Vorräte in
Afrika und Südamerika wer
den bei steigendem Bedarf und
der Kohlenknappheit bald zu
sätzliche Naturkräfte ausge
nutzt werden müssen.
Bild 3 Pumpspeicherkraftwerk