Full text: 1947 (0075)

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dem Bache entlehnt haben, so würde es sich, 
schon mit Rücksicht auf die Salzgewinnung, 
gewiß eher Salzbach genannt haben. Wie dem 
immer sei: ist Sulzbach erst eine jüngere 
Gründung, das heißt, deckt sich seine Ent 
stehungszeit in etwa mit dem gefeierten 
Jubiläum, so ist die bisherige Anschauung, 
daß das Dorf seinen Namen dem Bächlein 
entliehen habe, durchaus gerechtfertigt. 
Dieser Auffassung stellen sich indes die 
vorgenannten zwei Steintröge sowie Herr 
Hermann Albert Prietze entgegen. Erstere 
sprechen, wo immer ihre Bruchstücke auch 
eingemauert sein mögen, für eine ältere, 
also für eine in die fränkische Zeit zurück 
reichende Siedlung. Herr Prietze 3 ), ein her 
vorragender Ethnologe und Forscher, ist der 
Meinung, daß die Namensgebung des Dorfes 
keineswegs etwas mit dem vorbeifließenden 
Bache zu tun habe, sondern mit einem Back 
(Beck, Büchel, Buckel), einem ehemaligen Ge 
richtsplatz Zusammenhänge. So vielem Wider 
spruch die Auffassung Prietze’s im Saar 
gebiet auch begegnet ist — er war nämlich 
nicht ..weit genug her“, um dafür gefeiert zu 
werden — so große Beachtung wurde ihr 
wieder in den Kreisen der ethnologischen 
Wissenschaft zuteil, der die Studien und 
Untersuchungen Prietze’s ja auch einzig dienen 
sollten. Bekanntlich müssen sich wissenschaft 
liche Erkenntnisse immer erst durchringen, 
erst recht dann, wenn sich den an sich klaren 
Theorien neue Probleme in den Weg stellen. 
Hinsichtlich des Namens Sulzbach recht- 
fertigen aber noch einige lokale Gegeben 
heiten die Theorie Prietze’s. Aus der Zeit vor 
dem 30jährigen Kriege ist durch ein Reno- 
vaturprotokoll vom Jahre 1686 4 ) eine alte 
Flurbezeichnung erwiesen, die das Sulzbach 
nordwestlich vorgelagerte Gelände, von der 
heutigen Glashütte an, als den „Hunerbauer" 
bezeichnet. Nichts wäre jedoch unrichtiger, 
als hier etwa an einen Bauer zu denken, der 
im Mittelalter eine Hühnerfarm betrieben 
hätte. Vielmehr liegt der Bezeichnung „Huner 
bauer“ das gleiche Stammwort zugrunde wie 
der Distriktsbezeichnung „Hunackerhof“. Der 
Hunr, Hun, Hunt oder Hüne war nämlich 
nichts anderes als eine Amtsperson auf den 
Jahrgedingen. Wenn im Bereich des Saar 
gebietes bis jetzt auch nur drei Orte als 
Thingstätten verbürgt waren (Hunackerhof, 
Malstatt und Aßweiler), so erinnert die Be 
zeichnung „Hunerbauer“ an den weiteren 
Vorsteher einer „Honschaft“ oder Bauern 
schaft, und zwar an einen freien Bauern, der 
der Hun oder Dorfrichter war. Ursprünglich 
wurde unter dem Hunr der Gauälteste ver 
standen, sodaß die Bezeichnung bis zum Dorf 
richter bereits an Bedeutung eingebüßt hatte. 
Doch hängen mit dem Hunr oder Hun auch 
die Hünengräber und Hünensteine zusammen. 
In Sulzbach schloß sich an den Distrikt 
„Hunerbauer“ der Distrikt „Hünerfeld“. Müßte 
besser Hünenfeld (wie Hünfeld) heißen, weil 
man mit „Hünerfeld“ nie etwas Rechtes anzu 
fangen wußte. Um 1700 wurde die Dehnung 
*) Prietze, Hermann Albert: „Das Geheimnis der 
deutschen Ortsnamen“, Hannover-Linden, 1929. 
«) Staatsarchiv Koblenz. 
noch durch Konsonantenverdopplung ausge 
drückt und also ,Hünnerfeld“ geschrieben. 
Die Saarbrücker Distriktbeamten glaubten der 
Mundart entsprechen zu müssen und machten 
1718 aus dem Hünnerfelder Hof den „Hinter 
felder Hof. Genau so unzutreffend ist die 
heutige Schreibweise „Hühnerfeld“. Der 
freundliche Kalenderleser erinnert sich da 
vielleicht gar an Christoph von Schmid’9 
Kinderroman: „O weh, da giebt’s noch nicht 
einmal Hühner!“ Dem kann aber entgegen 
getreten werden, denn in Hühnerfeld gibt es 
wirklich Hühner. 
Der Sulzbacher Hunr, dessen Liegenschafts 
bezeichnung „der Hunerbauer“ längst aufge 
gangen ist, lebt nur noch in Hühnerfeld fort. 
Daß der Hun sehr weitreichende Besitzungen 
haben mußte, ist erklärlich, da ein solcher 
auch zur unabhängigen Führung des Amtes 
nötig war. Die Wahl des Hunr war eine freie, 
doch dürfte meistens der Sohn des alten Hunr 
aus derselben hervorgegangen sein, denn 
anders ließen sich die Distriktbezeichnungen 
kaum erklären. 
Ein Sulzbach in der Oberpfalz nennt sich in 
mittelalterlicher lateinischer Bezeichnung „So- 
lisbacum“. Es leitet seinen Namen also auch 
nicht von Salz (oder Sülze), sondern von Sonne 
her. Das Bild einer Sonne findet sich aber 
vielerorts auf Thingsteinen dargestellt Diese 
Steine hießen „Sule“. Nach der Sule, der Ge 
richtssäule, nannten sich noch andere Orte 
mit dem Namen Sulzbach, die weder einen 
Bach noch eine Salzlecke aufzuweisen haben. 
Bemerkenswert ist immerhin, daß Sulzbach 
noch unter den Grafen von Saarbrücken ein 
eigenes Gericht hatte, dem ein Hunmeier 
Vorstand. Also ist es schon möglich, ja sogar 
wahrscheinlich, daß der Ortsname Sulzbach 
auf eine Thing- oder Gerichtsstätte zurück 
zuführen ist, die, wie alle anderen Gerichts 
stätten durch eine Steinsäule — Sule — ge 
kennzeichnet war. 
Sulzbach ist sonach nicht unter die mittel 
alterlichen und späteren bach - Orte des Saar 
gebiets einzureihen. Seine Entstehung fällt 
zweifellos in eine frühgeschichtliche Zeit 
spanne. Daß es alt, ja beträchtlichen Alters 
ist, wissen wir. Indes bricht vor dem 
Jahre 1346 die Brücke ab, die etwa in seine 
weitere Vergangenheit hinübergeleiten könnte. 
Eine fremde Reisegesellschaft, die im 
Jahre 1892 im Hotel Hexamer abgestiegen 
war, wandelte es an, sich nach den Sehens 
würdigkeiten Sulzbachs zu erkunden. Ein 
junges Bürschchen verwies die Fremden nach 
dem Brennenden Berg und nach dem denk 
würdigen Schlackenloch der historisch ge 
wordenen Eisenschmelze 5 ). Gefragt, was das 
für ein Berg sei, der gleich hinter dem 
Schlackenloch auf stieg, antwortete das Büb- 
lein: „Das ist ein sehr alter Berg“. Er wollte 
den Namen „Geißenknopf“, den Montblanc im 
Sulzbacher Kinderhimmel, durch keines Frem 
den Mund geschändet sehen, aber es ant 
wortete schon recht so. Viel mehr wissen 
wir nämlich von dem übrigen Sulzbach nicht. 
5 ) Hier waren, erstmals auf dem Festland, die Ver 
suche angestellt worden, Eisenerze mit Koks 
auszuschmelzen.
	        
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