SULZBACH / ÄjCU PtoUem miei Poc(viamm6
Von HERMANN JOSEPH BECKER
Im Jahre 1946 beging Sulzbach das 600-
jährige Jubiläum seiner ersten urkundlichen
Erwähnung. Das will nicht heißen, daß Sulz
bach sich etwa nur ein Alter von 600 Jahren
zuschriebe. Denn als im Jahre 1346 „uf
St. Johannesdag“ die Ritter Johann von
Saarbrücken und dessen Bruder Mersilis ihre
Besitzungen in Sulzbach zur Stiftung eines
Anniversariums der Abtei Wadgassen ver
schrieben, mußte Sulzbach natürlich längst
bestanden haben. Aber es geht dem Gemein
wesen genau wie dem Individuum. Ihre Grün
dungen sind stillschweigend in die Geschichte
eingegangen, ohne andere Spuren hinterlassen
zu haben, als solche, in denen wir uns selbst
verständlicherweise heute noch bewegen. Wir
suchen vergebens nach etwaigen Geburts
urkunden und müssen uns schon mit dem
ältesten handschriftlichen Zeugnis abflnden,
das uns zwar nicht sagt, wann Sulzbach von
zwei oder drei Leuten gegründet worden ist,
sondern wann es bestimmt schon bestanden
hat. Nach 1346 wird Sulzbach erst wieder im
Jahre 1359 genannt.
Neben den handschriftlichen Urkunden sind
allerdings auch noch die Bodenurkunden her
anzuziehen. Entgegen den Siedlungsspuren
vieler älterer saarländischer Orte reicht Sulz
bachs Ursprung auch nicht in die römische
Kulturperiode zurück. Römische Bodenfunde
sind hier bis jetzt noch nicht gemacht worden.
Zwar wurden Mitte der neunziger Jahre beim
Abbruch des alten Gasthofs „Zum Hirsch" (des
Bäcker-Hennrich’schen Hauses am Sulzbacher
Markt) zwei sarkophagähnliche Steintröge zum
Vorschein gebracht, die sehr an die Stein
sarkophage mit Kopfausschnitt aus fränkischer
Zeit erinnerten und wohl jedenfalls von dem
in der Nähe gelegenen Kirchhof oder aus der
ehemaligen Kirche selbst herrühren mochten.
Eine archäologische Untersuchung der merk
würdigen Steintröge, die leider alsbald zer
schlagen und als Baumaterial verwendet
wurden, dürfte kaum stattgefunden haben.
In kirchlicher Hinsicht gehörte Sulzbach
während des Mittelalters als Annexe zum
Archipresbyteriat St. Arnual. Kirch 1 ) weist auf
die Schwierigkeit für die Mutterkirche St. Ar
nual hin, die Pfarrdienste in den Annexen
pünktlich auszuführen. Sicherlich bestand im
Jahre 1346 schon eine Filialkirche zu Sulz
bach. Ihr Standort war der Bergvorsprung,
der einerseits nach der heutigen Sulzbach
straße und dem Bachtal, andererseits nach
Liebergallshaus zu abflel. Der Kirchhof er
streckte sich zwischen Klosterstraße und
Hauptstraße, unmittelbar an die Kirche an
schließend. Das Dorf zählte vor dem 30jährigen
Kriege 18 Vogteien oder Bauernhöfe, die zum
Teil zerstreut im Tale, zum Teil an der
Ottweiler Straße gelegen waren. J. Marx 2 )
i) Kirch, J. P.: „La Coll£giale de Saint - Arnual"
Nancy, 1929. S. *9
•) Marx j • .Geschichte der Pfarreien der Diözese
Trier", Trier, 192S, S. 92.
schreibt: „Gegen 900 tritt das Kollegiatkapitel
St. Arnual hervor, durch einen Grafen Odakar
gegründet, und versieht die Umgegend von
Saarbrücken von Bliesransbach bis Sulzbach
und wird Sitz eines Dekanats."
So unzweifelhaft diese Tatsachen an sich
sind, so unmittelbar verschließt sich dem
geistigen Auge einstweilen noch jede Sicht in
die vor dem Jahre 1346 liegende Entwick
lungsgeschichte Sulzbachs. Selbst die Namens
gebung ist problematisch. Sulzbach hatte vor
dem eine ergiebige Salzquelle. Sie ist heute
versiegt und von den Stallungen des alten
Gottschall’schen Hauses im sogenannten
„Schlackenloch" überdeckt. Vor den ersten
Ausbeutungen der Quelle, die in der Mitte
des sechzehnten Jahrhunderts einsetzten, floß
das Salzwasser in den nahen, damals noch
ungetrübten Bach ab. Das Wasser wurde also
entschieden mit Salz gewürzt, was den Hüte
jungen der Sulzbacher Vogteibesitzer nicht
entgangen sein konnte. Fand doch das weidende
Vieh eine willkommene „Salzlecke“, eine
sogenannte „Sülze“. Von da ab schien die
Herkunft des Namens „Sulzbach“ gesichert,
die ja an sich einleuchtend ist. Aber auch für
den Fall, daß der Bach bereits in früher Zeit
an die Bezeichnung Salzbach gekommen sei,
wäre eine Umwandlung in „Sulzbach“ noch
durchaus erklärlich.
Nun pflegten aber gerade die Alten nur in
selteneren Fällen den Namen der Ströme und
Wasserläufe auch gleich die Gattungsbezeich
nung anzufügen Diese Übung rührt in vielen
Fällen einzig von den Karthographen her, die
sie zur leichteren Unterscheidung der Ströme.
Flüsse und kleinerer Wasserläufe anwendeten
Deshalb ist im Jahre 1820 sogar die Prims an
die Bezeichnung Primsbach gekommen. Gleich
selten ist die Anlehnung alter Orte an Bach
namen. Dagegen wurden Bachnamen weit
häufiger anliegenden Dörfern und Städten ent
lehnt. Um gleich bei der Prims zu bleiben
die ihren Namen ganz gewiß auf die ältere
Siedlung „Primsweiler“ zurückführen dürfte
Im übrigen wurden kleine Bäche, namentlich
in spärlich besiedelten Gegenden, in denen
eine Unterscheidung von anderen Wasser
läufen vielleicht gar nicht einmal erforderlich
war, einfachhin ein „Wasser“ genannt. Die
Germanen bezeichneten kleine Bäche als ach
ahe oder einfach als a (aqua). Das Wort ha1
sich außer in Flüsse- und Bächenamen auch
in des Kindes Bächlein, dem „a“ oder „aa“
erhalten. Die Franken nannten einen kleinen
Wasserlauf „bom“ (im Sulzbach- und Köller-
tal „bure“, vergl. Jppelbure [14tes Jahrhun
dert] — Eppelborn), die Alemannen hießen ihn
bron oder brun. Zu den Flüssen rechnet schon
die „alb" (im Nordischen „elf“).
Entlehnungen von Bachnamen Anden sich
eigentlich erst in Fällen mittelalterlicher
und späterer Siedlungen, was wohl bei den
meisten saarländischen „bach“ - Namen zu-
f rifft. Würde aber Sulzbach seinen Namen
111