Full text: 72.1944 (0072)

ihr erster Gang, daß sie dem ihr Elend und 
Betrübnis klage. Als sie ihm ihre Geschichte 
und Vorhaben erzählt hatte, hieß er sie guten 
Mutes sein und eilte hinüber nach Saar¬ 
brücken, wo er dem Grafen den seltenen Vor¬ 
gang berichtete. Das gab ein Aufsehen und 
Beraten, wie dem festen Stiefel beizukommen 
und der gehaßte Reppert endlich einzubringen 
sei. Rasch war der Plan entworfen. Drei 
Flaschen eines Schlaftrunkes ließ man 
in der Hofapotheke hersteilen. Damit kehrte 
die Scheidterin auf das Stiefeler Schloß zu¬ 
rück, nachdem sie zugesagt hatte, zur Erobe¬ 
rung des Stiefels ihre Hilfe zu leisten. Wenn 
der Burgherr eingeschlafen sei, solle sie nur 
den außen Harrenden ein Zeichen geoen. 
Die Scheidterin war wieder auf dem Stiefel. 
Nicht lange dauerte es, da bewegte sich durch 
das Grumbachtal aufwärts ein Zug Reisiger, 
die der Hauptmann des Grafen von Saar¬ 
brücken führte. Wie freute sich Reppert, als 
seine Gefangene wieder den Burgring betrat. 
Er ahnte nicht, wie schnell sich sein Schicksal 
entscheiden sollte. Doch gegen den Trank war 
der Schnapphahn, wie erwartet, vorsichtig. 
Nachdem er aber merkte, daß seine Gefangene 
ihm vortrank, da hielt er sich nicht länger, 
und in der Wut über die reißenden Schmerzen 
goß er Becher um Becher in die Kehle, bis er 
die zwei Flaschen des Heiltrunkes vertilgt 
hatte. Mit der Wirkung konnten seine Feinde 
zufrieden sein. Der Burgherr sank in einen 
tiefen Schlaf. Jetzt kam die Strafe für seine 
Untaten. Das verabredete Zeichen wurde ge¬ 
geben, und plötzlich waren Feinde ringsum. 
Sie überfielen auf das gegebene Zeichen die 
Burg und entwaifneten die Burgleute. Den 
Herrn des Stiefels fanden sie in todesähnlichem 
Schlaf. Das kostete keine Mühe, ihn zu 
knebeln und fortzubringen. Als er an die 
frische Luft gebracht war und erwachte, sah 
er sich in den Händen seiner Hasser, die ihn 
unter Hohnreden auf einen Wagen warfen und 
so nach Saarbrücken brachten. Da ergab sich 
der Schnapphahn knirschend in sein Schick¬ 
sal. Beim Geschrei des Volkes, das von allen 
Seiten herzueilte, rückte der seltsame Zug zur 
Stadt hinein. Bald tat auch Reppert seinen 
letzten Gang, denn nach Landrecht lautete sein 
Urteil: Vom Leben zum Tode! Dem Beil des 
Nachrichters fiel Repperts Haupt zum Opfer. 
Soweit die Sage vom Schnapphahn Reppert. 
Sie meldet uns nichts über das fernere Leben 
des Mädchens aus Scheidt. Die Burg auf dem 
Stiefel wurde zerstört und blieb in Trümmern. 
Über Repperts Schätze schweigt die vor¬ 
stehende Sage, aber im Volk kann man oft 
noch den Ausspruch hören: „Ich mein’, am 
Stiefeler Schlößchen müßte noch etwas ver¬ 
graben sein." (ut) 
Heimkehr von einem erfolgreichen Unternehmen. 
PK-Auf nähme: Kriegsberichter Siedel (HH)
	        
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