Familiennamen aus dem Sulzbachtal Prof. Dr. E. Christmanu
Kaiser und Könige werden nur mit
ihrem Rufnamen genannt, und wenn es
mehrere Heinrich oder Konrad oder Karl
unter ihnen gibt, genügt die Unterschei¬
dung durch Hinzufügung einer Nummer:
Heinrich I., Konrad II., Karl V. Auch wir
bürgerlichen Menschen hatten einst nur
einen einzigen Namen, den in der Taufe
erhaltenen, hießen also schlichtweg Her¬
mann oder Otto oder Johannes. Das war
freilich in einer Zeit, als wir noch nicht in
solchen Massen herumwimmelten wie jetzt,
als im Sulzbachtal also noch nicht Hämmer
dröhnten, Ketten rasselten, Maschinen
zischten und ratterten und schnaubten,
als hier vielmehr der weite Waldmantel
der Berge sich auch noch durch ein stilles
Tal legte und sich um die schwarzen
Diamanten noch niemand sonderlich be¬
mühte. Erst zwischen 1200 und 1600 ent¬
wickelten sich zu den Ruf- oder Vor- auch
noch solche Zunamen, die allmählich zu
festen und bleibenden Familiennamen
wurden; erst vollzog sich das in den großen
Städten am Rhein, so in Speyer und Worms
bald nach 1200, weiter im Westen erst seit
dem 14./15. Jahrhundert. Noch 1432 kann
man z. B. in einer Steuerliste aus Saar¬
brücken Leute kurzweg so aufgeführt
finden: „diederich, mathis, michel“ (Diet¬
rich, Matthias, Michael), und wenn da¬
neben auch steht: „Hans Hudemecher,
Jacob Schumecher, Rymey Haffener“, dann
bedeutet das nur, daß jener Hans von
Beruf Hutmacher war, sein Mitbürger
Jakob das Schuhmacherhandwerk, und der
genannte Remigius das Gewerbe des Häf-
ners betrieb. Ja, in Quierschied, das damals
noch besonders klein und unbedeutend
war, heißen der Meier (d. i. der Ortsvor¬
stand) und sein Schwiegersohn sogar noch
1542 kurzweg Niklas und Peter. Nun gab
es damals aber in dem Örtchen nichtsdesto¬
weniger noch einen Peter. Um ihn von
jenem andern zu unterscheiden, sagte
man „Classen Peter“ zu ihm, und das
bedeutet Niklausen Peter, d. h. der Peter,
welcher ein Sohn des Nikolaus ist. Bür¬
gerte es sich ein, ihn immer so zu nennen,
so gelangte er zu einem festen Zunamen,
und wenn er ihn auch auf seinfe Nach¬
kommen vererbte, wurde daraus ein
F amilienname.
Wir verstehen also, daß Johannes oder
Hans, Gebhard, Rupprecht oder Ruppert
(und daraus abgekürztes Rupp), Friedrich
und die Kurzform Fried dazu in der glei¬
chen Weise wie Claß (Classen, Klaus,
Nikolaus, Nickel) aus Ruf- zu Familien¬
namen werden konnten und geworden
sind. Dabei ist noch ein Unterschied fest¬
zustellen. Im Norden von Deutschland hieß
ein Hermann, welcher der Sohn eines
Wilhelm war, „Hermann Wilhelms“ (oder
zusammengezogen Willems oder Wilms),
während man bei uns und im südlichen
Deutschland überhaupt das s am Schluß
wegließ- In gelehrten Berufen gab man
gern ein lateinisches Schwänzchen zu und
nannte z. B. den Sohn eines Wilhelmus
dann „Hermann Wilhelmy“ (Wessenfall).
Wenn wir uns nun unter den Familien¬
namen in Dudweiler, Sulzbach usw. noch
weiter umsehen, werden uns schon recht
viele klar, dagegen andere noch nicht, weil
sie sich mehr oder weniger geändert
haben. Nehmen wir einige vor! Auch
Siebert und Seibert gehen auf den Ruf¬
namen eines Vorfahren zurück, der eigent¬
lich Sigibert hieß; aber im Mund der Leute
war daraus längst Sibert zusammen¬
gezogen (wie Wagen, sagen usw. zu „Wahn,
sahn“), ebenso sind Siefert, Seifert und
Seufert nur landschaftlich verschiedene
Zusammenziehungen und Schreibungen
für den alten Rufnamen Sigifrid, der uns
für den Helden Siegfried gut bekannt ist
Wir dürfen gleich Siegel daneben stellen;
denn wie man einen Friedrich abgekürzt
Fried ruft oder verkleinert auch Friedei
so wurde auch in der Leute Mund aus dem
Siegfried über Sieg ein kleiner Siegel;
blieb der Rufname, auch als der Bube er¬
wachsen war, an ihm haften, dann konnte
er auf seine Nachkommen ebenso über¬
gehen, wie wir es oben von Nikolaus
(Claßen) zeigten. Ist es schwer zu ver¬
stehen, daß wie der Friedrich über Fried
zu Fritz (oder was dasselbe ist: Fritsch}
wurde, auch der Dietrich über Diet zum
Dietz (im nördlichen Deutschland Dietzen),
ebenso aber auch über Diet zu Dietel wer¬
den konnte, wie unser Generaloberst vom
Nordabschnitt unserer Front heißt? Und
von da ist es nur ein kleiner Schritt, daß
man Dietel zu Diel oder Diehl zusammen -
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