buch der Vorgeschichte aus Zeiträumen, über
die uns kein anderes Dokument berichtet. Sie
haben uns viele Millionen Jahre alte Zeugen
der Pflanzen- und Tierwelt erhalten, von
denen wir sonst nichts wüßten. In der Stein¬
kohle wurden die Stämme einstiger Bäume
und die Abdrücke von Blättern in allen Ein¬
zelheiten erhalten: Farne, Schachtelhalme,
Bärlappengewächse, die in unvorstellbaren
Zeiten der Entstehung der Steinkohle in der
deutschen Heimat in Baumgröße wuchsen,
Insekten und Käfer von Riesengröße, Libellen
mit meterlangen Flügeln und riesige Spinnen.
In der jüngeren Braunkohle ähnelt das Pflan¬
zen- und Tierleben dann schon mehr dem
unseren. Auch die Urrebe wurde in Braun¬
kohle eingeschlossen entdeckt, ein Beweis, daß
nicht erst die Römer den Weinstock nach
Deutschland gebracht haben! Im Senften-
berger Braunkohlenrevier wurden Baum¬
recken gefunden, die über 4000 Jahre wuchsen!
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Angesichts der Bodenschätze an Kohlen
allein in Deutschland mutet es unsagbar ko¬
misch an, wenn im „ofenlosen Sonnenland des
Orient“ Kohle wie Bonbons tütenweise ver¬
kauft wird. Das geschieht mit den freund¬
lichen Worten des Basarhändlers: „Erwärme
dein Herz damit, brate deine Hausgenossen!“
Worunter als Hausgenossen allerdings nur —
Hühner gemeint sind!
Bei all diesen Wundern aus Kohle über¬
rascht es kaum noch, daß Kohle auch als
Werkstoff für Schmuck verwendet wurde.
Und zwar bereits in der Jungsteinzeit! Der
Steinzeitmensch verstand, aus Gagat-Jett, das
ist eine harte, polierfähige Steinkohle, ebenso
aus einer harten Braunkohle, glänzende Zier¬
perlen und Armringe herzustellen, um sich mit
diesen „schwarzen Diamanten“ zu schmücken,
— Noch heute verwenden ja in sudeten¬
deutschen Braunkohlengebieten und im ober¬
schlesischen Braunkohlenrevier die Bergleute
die Kohle als Werkstoff für bodenständige
„Reise-Andenken“. Sie schnitzen und drech¬
seln aus Kohle kleine Grubenhunde, Würfel,
Flaschen und ähnliche Dinge. — In Beuthen,
der oberschlesischen Steinkohlenstadt, wurde
sogar in einer Schrotholzkirche ein Gefallenen¬
ehrenmal aus einem riesigen Steinkohlenblock
in Form eines Sarkophages herausgemeiselt
und aufgestellt. Sein einziger Schmuck ist ein
mit dem Hakenkreuz geschmückter Stahl¬
helm.
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So ist die Kohle, aus deren Glut die Sonnen¬
wärme unvorstellbar ferner Erdzeiten aus¬
strahlt, wahrhaft das erstaunliche Rohstoff-
wunder unserer Zeit und fast zu wertvoll, um
nur als Heizmaterial im Ofen verbrannt zu
werden! Die Zeit wird einst kommen, wo man
das mehr erkennen wird als heute, wo wir
uns noch an Riesenvorräten erfreuen dürfen!
MSR
IHK
Pferdestall unter Tage.
Radierung von Hermann Kätelhön, aus dem Werk „Arbeit“.
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