Dle Bedeutung der Steinkohle für die deutsche Volkswirtschaft
Von Dr. Gollmer
Dem deutschen Vaterland sind von der Natur
außerordentlich reichhaltige Vorräte an Stein¬
kohle zur Verfügung gestellt worden, und seit¬
dem es dem deutschen Bergmann gelungen ist,
diese Schatze an das Tageslicht zu heben, haben
sie von Jahrzehnt zu Jahrzehnt eine immer
steigende Bedeutung für die deutsche Wirtschaft
gewonnen. Besonders im Kriege dürfte der
Wert der Steinkohle ganz besonders augenfällig
inö Licht gerückt worden sein.
Die Steinkohle als Arbeitgeber
Es ist kein Zufall, daß gerade dort, wo sich
die deutschen Steinkohlenvorkommen befinden,
wir auch gleichzeitig aus die am dichtesten besie¬
delten Gebiete stoßen. Dies liegt in der Natur
des Vorkommens der Steinkohle und der da¬
durch gegebenen Notwendigkeiten beim Abbau
begründet.
Während z. B. die Braunkohle als ähnliches
Massengut größtenteils derart dicht unter der
Erdoberfläche anzutreffen ist, daß es meist nur
eines verhältnismäßig geringen Abräumens be¬
darf, um an das meist viele Zehntmeter starke
Flöz heranzukommen und man aus ihm die
Kohle mit riesigen Baggermaschinen bei gering¬
fügigem Menscheneinsatz gewinnen kann, wäh¬
rend das Kalisalz den Aushieb riesiger Dome
und Gewölbe unter Tage gestattet, wodurch die
Gewinnung bequem und leicht gemacht wird,
muß der Steinkohlenbergmann seinem Mineral
meistens in sehr schmalen, engen und für die
Gewinnung durchweg sehr unbequemen Flözen
nachgehen. Trotz weitgehendem Einsatz von Ge¬
winnungsmaschinen und mechanischen Einrich¬
tungen wie Abbauhämmer und dergl. spielt im
Steinkohlenbergbau die Handarbeit eine aus¬
schlaggebende Rolle und ist auch nicht zu ent¬
behren. .Dies ist der Grund, weshalb (bezogen
auf die Tonne verwertbare Förderung) der Lohn-
anteil, d. h. der unmittelbare Einsatz menschlicher
Arbeitskraft bei weitem am größten von allen
anderen Mineralien ist.
Neben diesem unmittelbaren Einfluß der
Steinkohle auf dem Arbeitsmarkt bedingt ihre
Förderung, Aufbereitung und Veredlung den
Einsatz unzähliger Maschinen, Einrichtungen
und Apparate. Bedenkt man, welche Vielzahl
der verschiedenartigsten Industriezweige für die
Herstellung und die Unterhaltung all dieser Ein¬
richtungen notwendig ist, bedenkt man ferner,
wie Handel und Gewerbe von der dichten Be¬
siedlung der Kohlengebiele befruchtet werden,
erkennt man die ungeheuere volks¬
wirtschaftliche Bedeutungde-
Steinkohlenbergbaues als unmit¬
telbaren und mittelbaren Arbeit,
g e b e r.
Die Steinkohle als Energieträger
Steinkohle, Braunkohle, Waffer, Holz, Mi¬
neralöle und Spiritus werden bekanntlich zur
Energieerzeugung, sei eS in Form von elektrischem
Strom, Dampf, Wärme oder Bewegungs¬
maschinen (Autos) herangezogen und ausgenutzt.
Wenn man die jeweils aufgeführten Anteils-
zahlen, die aus einem der letzten Jahre stam¬
men, vergleicht, fällt sofort die hervorragende
Bedeutung der Steinkohle in die Augen. Ma߬
gebend hierfür ist ihr hoher Energiegehall, den
der Techniker als Heizwert bezeichnet, da die in
der Kohle steckende aufgespeicherte, jahrmillionen-
alte Sonnenenerg-ie nur durch die Verbrennung,
, durch Wärmeentwicklung freigemacht werden
kann. Der hohe Heizwert der Steinkohle mit
ihren <5600— 8000 Wärmeeinheiten je kg
Kohle wird nur durch das in Deutschland seltene
Ol und einige heizkräftigere und teuere Gase
wie Propan und Butan (Flüssiggase) übertrof-
fen. Der Heizwert der Braunkohle beträgt da-
gegen nur ein Drittel bis ein Viertel des Heiz¬
wertes der hochwertigen Steinkohle, der Heiz-
wert der aus Braunkohle hergestellten Preßlinge
(Briketts) nur ungefähr zwei Drittel. Ähnlich
verhält es sich beim Torf. Ein unmittelbarer
Vergleich mit der den Wasierkräften enthalte-
nen Energie ist nicht möglich, weil diese Ener-
gien nicht nur vom Gewicht, sondern auch von
der Fallhöhe abhängig sind. Die Energie ist aber
verhältnismäßig gering. Demnach ist auch die
Speicherfähigkeit durch Wafferkraft weit ge-
ringer als bei Kohle, d. h. zur Speicherung sind
bei der Wafferkraft große Waffermengen und
große Gefälle notwendig, wie es durch unsere
Talsperren und Stauwerke sichtbar gemacht ist.
Auch darf bei der Wafferkraft nicht übersehen
werden, daß ihr Nutzungsgrad sehr stark von
äußeren, durch menschliche Kraft nicht beeinfluß,
baren Naturoinwirkungen wie Trockenheit und
Kälte bedingt ist.
Dank ihres hohen Heizwertes ist der Haupt-
Verwendungszweck der Steinkohle die Verfeue-
rung.
Auch im Verkehrswesen hat sich die Stein¬
kohlenfeuerung als Energieträger behaupten
können trotz allen Wettbewerbes der Elektrizität
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