Bergmann: „Das walte Gott! Fahren Sie ge¬
sund durch, Herr Obersteiger!"
Bei der Anfahrt eines Steigers vor Ort spielte sich
die Grußformel nur bis jum Häuergruß „Das walte
Gott!" ab, der Schlußsatz entfiel. Erwähnt sei auch noch,
daß es damals dort noch üblich war, vor der Morgen¬
schicht eine Andacht mit Gebet, Gesang und Orgelspiel
abzuhalten; sie schloß mit einem Gebet und den Worten
des Vorbetcrs: „Nun fahrt in Hoffnung an!"
Eine ähnliche Aufforderung zur frohen Anfahrt war
in den Jahren 1919-1920 in der mitteldeutschen Braun¬
kohle üblich. So grüßte im Braunkohlentagebau zu Witz.
nitz bei Borna (Leipziger Revier) der Steiger früh-
morgens vor dem Verlesen beim Offnen des Fensters
mit den Worten: „Glück auf, ihr Knappen!" Dann ging
erst der Dienstbetrieb Ios.'°)
In Schneebcrg im Erzgebirge grüßt man heute noch
wie folgt:
Steiger: „Glück auf!"
Häuer: „Glück auf!"
Steiger (beim Verlasien des Abbaus oder Feld¬
ortes): „Gsund Schicht!"
Häuer: „Hals Gott, fahren S' gsund durch!"
Endlich sei auch noch des Salzwesens gedacht. Aus
unseren alten österreichischen Salzbergbauen ist Ver-
fasier bisher keine besondere bergmännische Grußformel
von volkstümlichem Werte bekannt geworden. Bemer¬
kenswert ist nur die Anrede, mit der bis in die achtziger
Jahre des vergangenen Jahrhunderte zu Hallstatt die
älteren Bergleute den Betriebsleiter am Rudolfsturm
ansprachen; diese Anrede lautete: „Glück auf! Gstreng
Herr Verwalter!" Sonst war bloß der Gruß „Glück
auf!" üblich.")
Aus Reichenhall in Bayern dagegen stammt folgender,
durch G. Kühne-Hellmessen, München, bekannt¬
gewordener, bisher mündlich überlieferter Salzspruch,
der als ein bis ins 16. Jahrhundert zurückgehender „Hall¬
fahrergruß" anzusprechen ist und lautet:
„Ich bin ein freier Salzsuhrmann
Und niemand mein geraten kann,
Fahr Salz hinaus, bring beim die Sachen,
Zu Kleider, Werkzeug, Hausrat machen.
Han meinen Stand gebracht zu Ehren
Und tu das ganze Land ernähren.
Erwart die Hoffnung noch daneben,
Gott wird mir Glück und Frohmut geben."
Als in dies« Reihe gehörig ist auch ein von
G. Kühne-Hellmessen dichterisch erfaßter Hall¬
fahrergruß aus Hall in Tirol zu erwähnen, welcher auf
Vorkommniffen des 16. Jahrhunderts fußt und eine im
17. und 18. Jahrhundert gebräuchliche tirolifch-bayrische
Grußformel zwischen Hallfahrer (Salzfuhrmann) und
Gastwirt darstellt, wie sie beim Eintritt des ersteren in
die Gaststube gesprochen zu werden pflegte:
Gruß des Hallfahrers:
„Gott zum Gruß, Leut!
Salz und Brot, zum Leben, zum Tod
feind heilige Zwei der himmlischen Drei,
des Vaters, des Sohnes, des heilig Geists — Amen!"
Antwort des Wirtes:
„Brich Dir's Brot,
solang Du mir's Salz verschenkst!"
Hallfahrer:
„Vergelts Gott!"
") Mitgeteilt von Obersteiger H. H a tz s ch, Freiberg i. Sa.
") Mitgeteilt von Hofrat Ing. C. S ch r a m l, Linz an der
Donau.
Zusammenfaffend kann somit gesagt werden: Im Vor¬
stehenden wurde versucht, einen Überblick über die Ent¬
stehung des Bergmannegrußes „Glück auf!" und eine in
dieser Vollständigkeit erstmalige Zusammenstellung von
volkläufigen bergmännischen Grußformeln zu geben, die
gewiß des Interesies weiterer Kreise und weiterer For¬
schung wert sind. Durch sie wird ein Einblick itrbte Seele
des deutschen Bergmannes gewährt. Niemand wird sich
bei aufmerksamer Betrachtung der eindringlichen Sprache
dieser bergmännischen Grußsormen entziehen können.
Nicht nur aus dem einfachen „Glück auf!"-Gruß, sondern
insbesondere auch aus den verschiedenen bergmännischen
Grußformeln sprechen tiefer Ernst, trotz mancher Gefahr
innige Verbundenheit mit dem Beruf und aufrichtiges
Gottvertrauen, dazu mächtiger Berufsstolz.- Von den
vielen Hundertlausenden von Bergleuten im gesamten
deutschen Sprachgeblet, die heute täglich diesen Gruß
„Gluck auf!" empfangen und erwidern, denkt keiner mehr
an die ursprüngliche Bedeutung desselben. „Gluck auf!"
ist dem Bergmann in Fleisch und Blut übergegangen
und hat eigentlich einen tieferen Sinn erlangt, als ihm
ursprünglich innelag; wahrend nämlich dieser Bergmanns-
grüß zur Zeu seiner Entstehung nur den Wunsch nach
reichem Bergsegen ausdrucken sollte, bedeutet heute das
„Gluck auf!" den Wunsch nach Glück und leiblichem
Wohlergehen des Begrüßten, er möge ohne Gefahr in
der Tiefe der Grube seine Schicht verfahren und wohl-
behalten wieder zu Tage zurückkehren. In diesem Sinne
gevraucht man heute den Berginannsgruß nicht nur in
allen Ländern deutscher Zunge, sondern überall auf der
ganzen Welt, wörtlich oder in Übersetzung, wo Bergleute
Schachte teufen und die Keilhau schwingen.
Zum Schluß seien die „Alten fünf Bergwünsche" für
Gang, Lager, Flöz, Stockwerk, Butzen und Nester an-
geführt, die von Ä. S ch l o s s a r **) um 1870 in Eisen¬
erz au,gezeichnet wurden uno, wahrscheinlich alte berg-
mannische E-ejchworungsformeln in E,«zug auf die Lager¬
stätte darstellend, sich durch ihr schönes Wortspiel mit
unserem Bergmannsgruß auszeichnen:
Die alten fünf Berg wünsche.
1. Glück auf! und Glück mein
Uber Stock und über e^tein,
Über Rauh und über Glatt,
Wo der Gang sein Streichen hat.
2. Glück auf! und Glück nieder,
Der Bergmann kommt wieder,
Durch Zrnyer uno durch Licht,
Wo sein Erzlager bricht.
3. Glück auf! und Glück aus,
Das Flöz beißt aus,
Mit eisernem Hut
Ift's dem Bergmann recht gut.
4. Glück auf! und Glück ab,
Das Stockwerk baut ab,
Gewinnt es auf Straßen,
Verhaut Eure Maßen.
5. Glück auf! und Glück voll,
Baut nur auf Grotwohl,
Bei Nestern und Buhen,
Will's selten viel nutzen.
") A. Schlossar: Lit.- und Kulturbilder, Graz, 1873,
S. 238.
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