In einem Diktat, das dem Erlaß des Statuts vor¬
ausging, begründete der König zur Zerstreuung etwaiger
Bedenken seinen Grundsatz: „Der Soldat mit dem Ge¬
neral ganz gleich; da jedermann doch weiß, wenn er den
General uno den Soldaten mit derselben Dekoration er¬
blickt, daß der General sich diese Dekoration durch Ver¬
dienst in seiner Wirksamkeit, der Soldat aber nur in
seiner beschränkten Sphäre erworben haben kann, und
ebenso im Civil. Auch wenn der Soldat das Kreuz der
ersten Klasie und der General das der zweyten hat; so
weiß doch jedermann, daß dies nichts weiter andeuten soll,
als: der Soldat hat sich durch persönliche außerordentliche
Tapferkeit mindestens zweymal ausgezeichnet, der Gene¬
ral durch sein Commando und desien Erfolg nur einmal,
der eine in dem sehr kleinen Wirkungskreise eines Sol¬
daten, der andere in dem sehr großen eines Generals; und
Niemand wird, auch in diesem Falle nicht, bestreite»
wollen, daß die Verdienste des Generals, der nur ein
Kreuz der zweyten Klasie hat, um den Staat viel größer
sind, als die Verdienste des Soldaten, dem das Kreuz
der ersten Klaffe zu Theil geworden ist." Der König
schloß sein Diktat: „Das sichtbare, für die ganze Gene¬
ration bleibende bedeutungsvolle Andenken an diese
eiserne Zeit, ist ganz eisern."
Der König hatte sich seit 1811 mit der Schaffung
einer Kriegsauszeichnung als preußischen Orden beschäf¬
tigt. Er sollte die Farben Preußens und des Deutschen
Ritterordens haben. Vorbild waren die Ordenskreuze
aus der Zeit des Deutschen Ritterordens, wie sie in den
Wappen von Elbing und Königsberg wiederkehren. Die
älteste erhaltene Zeichnung des Eisernen Kreuzes ftamnit
vom 27.Februar 1813. Sie wurde vom König verworfen,
der selbst mehrere Entwürfe machte und Preußens großen
Baumeister Karl Friedrich Schinkel — dem die Reichs-
Hauptstadt eine Reihe klassischer Bauten verdankt — mit
der Ausgestaltung beauftragte. Der König hatte zunächst
an die Landwehr gedacht, um verdienstvolle Kämpfer mit
einem aus zwei übereinandergehefteten Ordensbändern in
den schwarz-weißen Farben Preußens bestehendes Kreuz
auszuzeichnen. Schinkel machte den Entwurf des Eisernen
Kreuzes mit den geschweiften Balken. Der Stoff deö
Ehrenzeichens — Eisen — sollte ein Symbol der eisernen
Zeit sein. Gneisenau sagte 1811: „Eisern die
Brust, eisern Willen und Waffe n". Und
1812 sang Ernst Moritz Arndt: „Der Gott, der Eisen
wachsen ließ, der wollte keine Knechte." Die drei ver¬
bundenen Eichenblätter waren als Sinnbild des Wehr-,
Lehr- und Nährstandes gedacht.
Im Befreiungskrieg 1813/1? wurden verliehen:
1 Großkreu; mit Strahlen, 4 Großkreuze, 16 151
Eiserne Kreuze II. Klaffe, 668 Eiserne Kreuze I. Klaffe,
2 Eiserne Kreuze I. Klaffe am weiß-schwarzen Bande,
374 Eiserne Kreuze II. Klaffe am weiß-schwarzen Bande.
Die vier Großkreuze der Befreiungskriege erhielten:
Blücher für die Schlacht an der Katzbach, General
der Infanterie Graf Bülow von Dennewitz
für die Schlacht bei Dennewitz, Graf Tauentzien
. von Wittenberg für den Sturm und die Erobe¬
rung von Wittenberg, GrafPorck von Warten-
bürg für die Kämpfe von Laon bis Paris. Blücher
erhielt 1815 das Großkreuz mit Strahlenschwertern als
besondere Auszeichnung für die Schlacht bei Belle-
Alliance. 6O5 Offiziere erhielten das Eiserne Kreitz
I. Klaffe. Staatskanzler Fürst Hardenberg und Wilhelm
von Humboldt erhielten das Eiserne I. Klaffe am weißen»
schwarz eingefaßten Bande für Heimatverdienste, das
Eiserne Kreuz II. Klaffe für Nichtkombattanten er¬
hielten 374.
Das erste Eiserne Kreuz 1813 wurde dem 37jährigen
Kommandeur des Füsilierbataillons deö 1. Pommerschen
•
Infanterie-Regiments, späterem Generalleutnant Ferdi-
nano von B o r ck e für den Sturm auf das stark be-
festigte Lüneburg am 2. April 1813 verliehen. Doch er¬
hielt er es erst einige Tage später, da erst am r4. April
die ersten Stücke fertig waren. Ansang Mai waren 30ü
Stück fertig, jedes im Werte von 2xh, Talern. Sie
wurden in der Königlichen Eisengießerei in Berlin her¬
gestellt. Als Brigadekommandeur erhielt Borcke in der
Schlacht an der Katzbach das Eiserne Kreuz I. Klaffe.
Das zweite Eiserne Kreuz 1813 erhielt im Gefecht bei
Lüneburg der Füsilier Lemke vom gleichen Ba¬
taillon; die ersten Eisernen Kreuze wurden an fünf Offi¬
ziere, acht Unteroffiziere, zwei Füsiliere des I.Pom-
merschen Infanterie-Regiments verliehen. Das erst«
Eiserne Kreuz I. Klaffe erhielt am 17. April 1813 der
Husarenoberftleutnant von H e l w i g vom 9. Hu-
saren-Regiment für das Gefecht bei Wanfried. Der
Unteroffizier Peter S i e l a f f erhielt am 6. September
1813 für die Schlacht bei Dennewitz das EK. I.; er ge¬
hörte zum 2. Infanterie-Regiment. Auch eine Frau hat
als „Musketier August Lübeck" das EK. 1813 erhalten:
Die Mecklenburgerin Auguste Friederike Krü-
g e r aus Friedland focht unerkannt in den Reihen des
Kolberger 9. Infanterie-Regiments. Bei Dennewitz
schwer verwundet, wurde sie als Mädchen erkannt. Nach
ihrer Ausheilung hat sie als Unteroffizier weiter ge-
kämpft und als 25jährige am 3. Juni 1814 für ihr
tapferes Verhalten in den Gefechten bei Laon das EK. 1!.
und den russischen St.-Georgen-Orden erhalten. Nach
dem Krieg verheiratete sie sich mit dem Steuerbeamten
Köhler und starb 1848 in Templin.
Das EK. wurde zuerst mit der glatten Seite nach
außen getragen, die mit FW, Krone, drei Eichenblättern
und der Jahreszahl geschmückte Seite nach innen, wie es
die Stiftungsurkunde vorschrieb. Mit der Zeit würd«
jedoch die wirkungsvollere Seite nach außen getragen;
diese Änderung wurde im April 1838 offiziell sanktioniert.
Eine Eigentümlichkeit des EK. 1813 war die Erb¬
berechtigung. Bei Schluß der Befreiungskriege ergab sich,
daß zwar noch viele Offiziere und Mannschaften zum EK.
vorgeschlagen, dieses jedoch nicht mehr erhalten hatten.
Starb nun ein Inhaber des EK., so mußten die An¬
gehörigen das EK. des Verstorbenen an die Militär-
behörde abliefern. Der nächst« Erbberechtigte erhielt das
Kreuz ausgehändigt. 1839 gab es keine Erbberechtigten
mehr. Immerhin war das EK. in fast 25 Friedensjahren
nach den Befreiungskriegen an 844 Offiziere und 6084
Mannschaften verliehen worden.
Alle Regimenter, die am Befreiungskriege teilgenom¬
men hatten, erhielten das EK. in die Spitze ihrer Fahnen
und Standarten. Es wurde in die Königliche Standarte
aufgenommen und ging dann in die preußische und
deutsche Kriegsflagge über, die seit 1894 gleichzeitig die
Flagge der preußischen AmtSgebäude war. 1814 wurde
das Eiserne Kreuz auf dem Adlerstab der Viktoria aus
der Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin
angebracht. Schinkel brachte es auf den Denkmälern für
die Gefallenen der Befreiungskriege an. Wir sehen es
auf dem Grabdenkmal Scharnhorsts auf dem Berliner
Invalidenfriedbof. Schinkel plante auf dem Tempelhofer
Berg eine Säule mit Reliefbändern; auf dem Sockel
sollte das Eiserne Kreuz angebracht werden. Sein Plan
sah weiter ein Gebäude mit vier griechischen Tempeln
vor, darüber aufsteigend ein gotischer Turm. Jedoch kam
nur der Turm zur Ausführung. Die Anhöhe erhielt ba¬
sier den Namen Kreuzberg. Hardenberg und Blücher
ließen das EK. in ihrem Fürstenwappen anbringen. Ein¬
mal wurde das EK. am schwarz-weifi-gelben Band« ver¬
lieben, in jener historischen Stunde, da Tiroler FreiheitS-
kämvfer sich zu den Lützowschen Scharen bekannten und
60