Full text: 69.1941 (0069)

Uber die Bedeutung 
der 
Runen 
Von Karl Brück 
Seit der Machtübernahme durch den Führer begegnen 
wir immer häufiger Menschen, Männern und Frauen, 
Jungen und Mädchen, die ein für manchen noch seltsames 
Zeichen, sei es nun als Schmuck, am Gürtel, auf dem 
Koppelschloß oder als sonstiges Abzeichen tragen. Es sind 
dies sogenannte Runcnzeichen. Wenn man ein Lexikon auf¬ 
schlägt und dort unter Runen nachsieht, so kann man lesen, 
daß Runen Schriftlichen der alten Germanen waren. 
Nun sind aber die Runen sicherlich mehr als nur Schrift- 
zeichen gewesen. Denn wir finden sie eingeritzt in Steine 
und Metalle, in Waffen, in Grabmälern und an Weihe- 
stätten und auch in vielen Gebrauchsgegenständen unserer 
Ahnen. Sie wurden von ihnen sicher als Glücks- und 
Heilszeichen gewertet. Man schrieb ihnen wahrscheinlich 
eine ganz besondere Wirkung zu. Wir könnten daher in 
einem gewisien Sinn von einem Geheimnis der Runen 
sprechen. Wenn man aber nun dem Sinn und der Be¬ 
deutung der Runen auf den Grund geht, dann bleibt aber 
kein Geheimnis und auch nicht irgendwelche Zauberkraft, 
sondern dann erkennt man aus ihrer Bedeutung, daß sie 
Mahnzeichen gewesen sind, die ihren Träger oder Besitzer 
oder den Beschauer an etwas ganz Bestimmtes mahnen 
und erinnern sollten und so sicherlich Manchem zum Segen 
geworden sein mögen. Dies wird einem erst klar und ver¬ 
ständlich, wenn man in der Edda in „Lieder des Hohen" 
Wodans Runenlied liest und die Übersetzung und Er¬ 
klärung berücksichtigt, die Guido von Lift den einzelnen 
Runen gegeben hat. Schon der Name Rune, der abge¬ 
leitet ist von dem Wort Raunen, besagt, daß diese Zeichen 
uns etwas raunen, zuraunen, zuflüstern wollen. Jede Rune. 
aber bat ihren besonderen Namen. Diese Namen wiederum 
sind Keim- oder Urworte der germanischen Sprache. Jedes 
dieser Keim- oder Urworte aber hat eine dreifache Be¬ 
deutung entsprechend den drei Waltungsftufen: Entstehen, 
Sein oder Walten und Vergehen zum Neuentftehen. 
Dieser Bedeutung entsprechend müsien wir beim Deuten 
des WodanlicdcS diese Runenzeichen einsetzen. Das wird 
uns klar werden, wenn wir einmal die Worte raub, Rat 
und Hunt auf ihre Bedeutung in den drei Ordnungsftufen 
betrachten. 
1. Das Wort rauh auf der ersten Stufe, der Entstebungs- 
stufe, bedeutet rauh soviel wie Gegensatz von glatt. Man 
spricht auch von aus dem Rauhen herausarbeiten, soviel 
als aus dem Rohen, dem Urzustand etwas erarbeiten. 
Auf der zweiten Stufe, der Seind- oder Waltungs- 
stufe, bedeutet Rau aber Recht und Gesetz, daher der 
Name Raugras. In der dritten Stufe des Vergehens 
bedeutet das Wort aber soviel wie Rauch, in Rauch 
aufgehen, oder Rauhreif. Die neue Schreibweise scheidet 
daher diese Begriffe des Keim- und Wurzelwortcs 
rauh in die Worte rauh, Rau und Rauch. 
2. Das Wort Rat: Rat bedeutet auf der ersten Stufe 
soviel wie das Fördernde, Entstehend«. Ein Mann, der 
durch seinen Rat irgend etwas fördern oder aufbauen 
hilft. 
In der zweiten Stufe bedeutet Rad soviel wie das 
Laufende oder als Rate das Mehrende, 
auf der dritten Ordnungsstufe aber soviel wie Ratte, daö 
Vernichtende. Nach der neuen Rechtschreibung sind diese 
Begriffe gekennzeichnet durch die Worte Rat, Rad 
bzw. Rate und Ratte. 
3. Das Wort Hunt: 
Auf der ersten Stufe ist Hunt die Bezeichnung für 
einen Behälter, mit dem Erz und Kohlen usw. befördert 
werden. Aus der zweiten Stufe Hund als Tier und auf 
der dritten Stufe soviel wie auf den Hund kommen. 
Aus diesen drei Beispielen ersehen wir, wie ein und 
dasselbe Wort drei grundverschiedene Begriffe kenn¬ 
zeichnet. 
Dies aber läßt uns etwas mehr Verständnis bekommen 
für die nun folgende Deutung des Wodansliedes. Das 
Wodanslied gibt wie kein zweites Einblick in die »mansche 
Weltanschauung über das Verhältnis vom Geist zum 
Körper, von Gott zum All, über das Entstehen, Sein 
und Vergehen zum Neuentstehen, vom ewigen Wandel 
und doch vom immer werdenden Sein. Erft die künftige 
Erkenntnis auf dem Gebiete der Biologie wird uns diese 
Dinge noch klarer sehen und erkennen lassen.' 
Das Lied selbst bringt die Kennzeichnung der Runen in 
mystische Gewand«, welches aber mit dem Namen der 
Runen in Verbindung gebracht, die Lösung des „Runen- 
geheimnisses" wesentlich fördert. Zuerst spricht in dem 
Liede Wodan von seinem Opfersein und Erkenncndwerden, 
um dann zur eigentlichen Runendeutung überzugehen. Das- 
Lied lautet: 
Ich weiß, wie ich hing am windkalten Baum 
Neun ewige Nächte. 
Vom Speere verwundet, dem Wodan geweiht, 
Ich selber geweiht mir selber, 
An jenem Baum, der jedem verbirgt, 
Wo er den Wurzeln entwachsen. 
Sie boten mir weder Brot noch Meth; 
Da neigt ich mich spähend nieder. 
Aus klagenden Ruf wurden Runen mir kund, 
Bis ich vom Baume herabsank. 
Vor Weltentwicklung war Wodans Wissen, 
Woher er gekommen, dahin kehrt er zurück. 
Nun kenn' ich die Lieder wie keiner der Männer 
Und wie kein fürstliches Weib. 
Hilfreich zu helfen verheißt dir das Eine 
In Streit und in Jammer und jeglicher Not. 
Ein anderes lernt ich, das Leute gebrauchen, 
Die Arzte zu werden wünschen. 
Ein Drittes kenn ich, das kommt mir zu gut 
Als Fessel für meine Feinde. 
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