verständigen konnten, über die Munitionsknapv-
heit, verursacht durch die unseligen Nationalt-
tätenkämvie im Parlament, und was sonst noch
alles zu sagen ist. Eines steht fest: mir 1396 334
Mann zog die österreichisch-ungarische Armee
gegen Rußland ins Feld und verlor bis Ende
1914 1 268 696 Mann; kaum 10 von Hundert
blieben von den besten Jahrgängen übrig, die
bei Kriegsausbruch unter die Fahnen eilten,
nämlich 127 638 Mann. Aber von all dem
wußten die preußischen und brandenburgischen
Jäger nichts, noch die, die man an der schutz¬
losen Tiroler Front zur Stützung des ..schlappen
Kameraden Schnürschuh" eingeschoben hatte.
Man sah nur die Greise und die Knaben und
wunderte sich manchmal über die Jungen, die
gleich Ziegen in den Wänden herumstiegen, und
die weißbärtigen Männer, die mit schweren
Lasten auf dem Rücken noch Höhen erklommen.
Die Heimat war in Gefahr und das „letzte Auf¬
gebot" unter dem Heulen der Sturmglocken zur
Verteidigung in die Berge gestiegen. Doch das
Heldentum wurde im Reiche als etwas selbst¬
verständliches angesehen, das Versagen aber ver¬
schiedener Truppen, das in erster Linie in poli¬
tischen Motiven zu suchen war. auch den Deut¬
schen in Österreich vorgeworfen und diese schlecht¬
hin als „Österreicher", als „Schlappschwänze",
und ..Kamerad Schnürschuh" bezeichnet. Wie un¬
recht den Deutschen in Österreich diese Vorur¬
teile anhingen, mögen einige trockene Zahlen
beweisen: Obwohl sie nur knavv ein Viertel der
gesamten Armee ausmachten, war die Zahl ihrer
Toten die Hälfte von dem, was die Nichtdeut¬
schen des österreichisch-ungarischen Heeres auf
den Schlachtfeldern als Opfer zurücklassen mu߬
ten. Auf 1000 Einwohner im Reich kamen 27,8
Tote. Dies als Maßstab für folgende Zahlen:
Tote auf 1000 Einwohner: Kärnten 49.0;
Deutschmühren 44,4; Tirol 39,0; Deutschböhmen
34.5; Salzburg 34,0; Vorarlberg 33.9; Steier¬
mark 33,1; Oberösterreich 26,8; Niederösterreich
22,5. Daraus ergibt sich ein Durchschnitt von
¿5,3 Toten auf 1000 Deutsche in Österreich. . . .
Am 28. Oktober 1918 erließ Kaiser Karl das
Manifest an „seine Völker", indem er die an
der Front kämpfenden Soldaten des Eides ent¬
band. Die verschiedenen Nationen strömten zu¬
rück. Die Deutschen deckten ihren Rückzug, der
bei vielen den Charakter einer Flucht hatte.
Die Deutschmährer, die kurz vorher erst den
Monte Asolone verloren hatten, warteten noch.
Sie. die immer Hammer am Asolone waren,
sollten nun in ihrer Heimat sagen, sie hätten
diesen Vlutberg im letzten Augenblick noch ver¬
loren? Zu was kein Eid sie mehr verpflichtete,
hoch über ihm stand ihnen die Waffenehre. Mit
Handgranaten und Sturmkeulen warfen sie im
Kampfe Mann gegen Mann den Feind vom
Monte Asolone zurück und streckten erst dann
die Waffen. Hohn des Schicksals. Die letzten Go¬
ten der deutschösterreichischen Soldaten wurden
nach dem Urteil sogenannter Fachkommissionen
im Friedensdiktat als Tschechen befunden und
der Moldaurepublik einverleibt. Das war „Ka¬
merad Schnürschuh" und sein Soldatenschicksal.
Er hat mehr leisten und mehr bluten müssen als
die Deutschen im Reich, und dies, obwohl sein
Dreizehn österreichische Helden, die nach dem Dollfußputsch gehängt wurden
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