Full text: 67.1939 (0067)

Einmal, bei Salzgitter, trennt ein großes 
Quertal alle drei Höhenzüge. Hier beträgt die 
Entfernung der äußeren Höhenrücken fast drei 
Kilometer. Sie nähern sich auch nördlich des 
Salzgitterschen Tales nur bis auf zwei Kilo¬ 
meter. 
Der Salzgitterer Höhenzug erstreckt sich von 
Südsüdost nach Nordnordwest und ist etwa 
zwanzig Kilometer lang. Ein guter Wandertag 
wird damit ausgefüllt, zumal wenn man in 
Salzgitter Rast macht, um Land und Leute 
kennen zu lernen. 
Wohl kommen in den kleinen Talflecken 
Sommergäste, die in der heilkräftigen Sole ihre 
Gesundheit stärken wollen. Aber sie stören die 
fleißigen Menschen kaum, die in ländlicher Ab¬ 
geschiedenheit ein gesundes Leben führen und 
nur durch Zeitung und Radio mit dem großen 
Geschehen unserer Zeit verbunden sind. 
Doch sie sind keine Hinterwäldler. Sie schauen 
dem fremden East zielgrad ins Auge, prüfen 
ihn mit klugem Blick und wissen bald, ob sie 
offen mit ihm sprechen können. Alteingesessen, 
auf eigenem Grund und Boden, erinnern sie sich 
doch der Berichte ihrer Großeltern, die von 
jenen Zeiten erzählten, als ihre Eltern und 
Großeltern aus dem Harz, von Hameln und aus 
dem Mansfeldischeu kamen, den Wald rodeten 
und auf den fruchtbaren Feldern bauten. Sie 
brachten alte Bergmannstugend mit, und als 
man auf den Feldern kalifündig wurde, konnten 
sie ihr Knappenerbe nutzbar einsetzen. 
Bauern und Knappen sind es, erdverbundene 
Menschen, die nördlich des Harzes leben und 
bis heute ihrer scheinbar ewig vorgezeichneten 
Beschäftigung nachgehen. 
Und nun weckt ihre Ruhe ein Alarmruf! 
-- Erz! Eisenerz! Salzgitterer 
Eisenerzlager! 
Waren es 1927 nur 326 Mann, die auf kleinen 
Gruben das Erz förderten, so zählten die Zechen 
um Salzgitter im Jahre 1937 eine Gefolgschaft 
von 1139 Mann, die insgesamt 722 903 Tonnen 
Eisenerze förderten. Buchte man im Jahre 1927 
ganze 278 455 Tonnen Förderung, so sollen in 
kurzer Zeit sechs Millionen Tonnen jährlich von 
den schwingenden Förderseilen aus der Schacht¬ 
tiefe zum Tageslicht gezogen werden. 
Bergknappen aus anderen Provinzen des 
Reiches werden hinzukommen und in neuen 
Siedlungshäusern wohnen. Hüttengesolgschaften 
werden die Erze verhütten und zu Eisen er¬ 
schmelzen. Neue Straßen und Kanäle entstehen. 
Machtvoll trutzen demnächst Fördertürme und 
Hochöfen über den Wäldern und Feldern. Wie 
ein Fanal steht in der Nacht das Feuer aus dem 
Feldrohr der Kokerei. 
Im Salzgitterer Höhenzug wird es lebendiger 
werden, vielleicht manchem Dorfbewohner zu 
unruhig. Aber alle wissen, daß unter ihren 
Füßen das Eisenerz nicht schlafen darf, daß es 
ihnen und tausenden Volksgenossen unmittelbar 
auf dem Heimatboden und abertausenden im 
großen Vaterland Arbeit und Brot geben muß. 
Wenn sie in einigen Jahren neue landwirt¬ 
schaftliche Maschinen kaufen, wenn sie den Trecker 
fahren und den Stahlpflug durch den Acker 
ziehen, dann dient das heute noch in Berges¬ 
nacht verschlossene Erz in neuer Form dem Auf¬ 
bau ihres Lebens. Ja, auch die Waffen, mit 
denen später ihre Söhne jede deutsche Arbeit 
schützen, entstammen jenem Erz, das unter ihrem 
Acker viele tausend Jahre ruhte, und das zu 
aller Nutzen jetzt ergraben werden muß. 
Man schätzte früher den gesamten Erzvorrat 
im Salzgitterer Eisenerzlager auf 450 Millionen 
Tonnen. Da aber die Ausdehnung des Laaers 
noch unbekannt ist, vergrößert sich die Zahl 
wahrscheinlich sehr beträchtlich. 
Wir hörten schon, daß die Salzgitterer Ge¬ 
birgskette aus drei Höhenzügen besteht, die 
zwanzig Kilometer sich von Südsüdost nach 
Nordnordwest erstrecken. Ursprünglich waren alle 
drei Ketten ein einziger Höhenzug. Wind, Wet¬ 
ter, Wasser haben die Bergtuvven abgetragen, 
das weiche Gestein der Längstäler zwischen den 
heute bekannten Höhenzügen gebildet und die 
Quertäler eingesägt. 
So kam es, daß auch die Sattelkuppe des Erz¬ 
lagers abgewaschen wurde. Als man auf dem 
mittleren Höhenzug einen Schacht abteufte, fand 
man wohl Steinsalz- und Kalisalz- 
st r e i f e n , stellte aber in einer Teufe von 1075 
Metern die Arbeiten ein. da ein wirtschaftlicher 
Abbau der gesuchten Kalisalze nicht lohnte. 
Erz, das man nicht suchte, konnte auch nicht 
festgestellt werden, denn das Lager war auf dem 
mittleren Höhenzug abgetragen, weil es hier 
keine Sattelkuppe hatte. 
Macht man einen Querschnitt durch alle drei 
Höhenzüge, dann ergibt sich folgendes geologische 
Bild: Kreide — Erzlager — Jura — Trias — 
Jura — Erzlager — Kreide. Das Erzlager trat 
also auf den Randhöhenzügen zu Tage aus. 
Aufschlüsse aus Zechen und Bohrlöchern ergaben, 
daß auf dem östlichen Rücken das Lager mit 
etwa 45 Grad bis zu einer Tiefe von rund 700 
Meter einfällt und rund 21 Meter mächtig ist. 
Dann steigt es nach Osten zu mit 30 Grad bis 
200 Meter Teufe an, wird bis zu 30 Meter 
mächtig und läuft in dieser Teufe mit wechseln¬ 
der, durchschnittlich 20 Meter großer Mächtigkeit 
nach Osten weiter. Das östliche Ausstreichen ist 
noch nicht ermittelt. Eine Ueberraschung brachte 
eine Tiefbohrung auf dem Westhügel. Sie er¬ 
schloß das Erzlager bei 1058 Meter Teufe und 
blieb darin bis 1090 Meter, ohne das Liegende 
der Lagerstätte zu erreichen. Hier ist also das 
Lager sehr mächtig, denn der Abstand von hier 
bis zum Ausgehenden beträgt nur 850 Meter. 
Das Lager fällt mit 70 bis 80 Grad gegen 
Westen ein. 
Das Eisenerz ist von dunkelroter bis hell¬ 
brauner, mitunter auch von bläulichschwarzer 
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