Einmal, bei Salzgitter, trennt ein großes
Quertal alle drei Höhenzüge. Hier beträgt die
Entfernung der äußeren Höhenrücken fast drei
Kilometer. Sie nähern sich auch nördlich des
Salzgitterschen Tales nur bis auf zwei Kilo¬
meter.
Der Salzgitterer Höhenzug erstreckt sich von
Südsüdost nach Nordnordwest und ist etwa
zwanzig Kilometer lang. Ein guter Wandertag
wird damit ausgefüllt, zumal wenn man in
Salzgitter Rast macht, um Land und Leute
kennen zu lernen.
Wohl kommen in den kleinen Talflecken
Sommergäste, die in der heilkräftigen Sole ihre
Gesundheit stärken wollen. Aber sie stören die
fleißigen Menschen kaum, die in ländlicher Ab¬
geschiedenheit ein gesundes Leben führen und
nur durch Zeitung und Radio mit dem großen
Geschehen unserer Zeit verbunden sind.
Doch sie sind keine Hinterwäldler. Sie schauen
dem fremden East zielgrad ins Auge, prüfen
ihn mit klugem Blick und wissen bald, ob sie
offen mit ihm sprechen können. Alteingesessen,
auf eigenem Grund und Boden, erinnern sie sich
doch der Berichte ihrer Großeltern, die von
jenen Zeiten erzählten, als ihre Eltern und
Großeltern aus dem Harz, von Hameln und aus
dem Mansfeldischeu kamen, den Wald rodeten
und auf den fruchtbaren Feldern bauten. Sie
brachten alte Bergmannstugend mit, und als
man auf den Feldern kalifündig wurde, konnten
sie ihr Knappenerbe nutzbar einsetzen.
Bauern und Knappen sind es, erdverbundene
Menschen, die nördlich des Harzes leben und
bis heute ihrer scheinbar ewig vorgezeichneten
Beschäftigung nachgehen.
Und nun weckt ihre Ruhe ein Alarmruf!
-- Erz! Eisenerz! Salzgitterer
Eisenerzlager!
Waren es 1927 nur 326 Mann, die auf kleinen
Gruben das Erz förderten, so zählten die Zechen
um Salzgitter im Jahre 1937 eine Gefolgschaft
von 1139 Mann, die insgesamt 722 903 Tonnen
Eisenerze förderten. Buchte man im Jahre 1927
ganze 278 455 Tonnen Förderung, so sollen in
kurzer Zeit sechs Millionen Tonnen jährlich von
den schwingenden Förderseilen aus der Schacht¬
tiefe zum Tageslicht gezogen werden.
Bergknappen aus anderen Provinzen des
Reiches werden hinzukommen und in neuen
Siedlungshäusern wohnen. Hüttengesolgschaften
werden die Erze verhütten und zu Eisen er¬
schmelzen. Neue Straßen und Kanäle entstehen.
Machtvoll trutzen demnächst Fördertürme und
Hochöfen über den Wäldern und Feldern. Wie
ein Fanal steht in der Nacht das Feuer aus dem
Feldrohr der Kokerei.
Im Salzgitterer Höhenzug wird es lebendiger
werden, vielleicht manchem Dorfbewohner zu
unruhig. Aber alle wissen, daß unter ihren
Füßen das Eisenerz nicht schlafen darf, daß es
ihnen und tausenden Volksgenossen unmittelbar
auf dem Heimatboden und abertausenden im
großen Vaterland Arbeit und Brot geben muß.
Wenn sie in einigen Jahren neue landwirt¬
schaftliche Maschinen kaufen, wenn sie den Trecker
fahren und den Stahlpflug durch den Acker
ziehen, dann dient das heute noch in Berges¬
nacht verschlossene Erz in neuer Form dem Auf¬
bau ihres Lebens. Ja, auch die Waffen, mit
denen später ihre Söhne jede deutsche Arbeit
schützen, entstammen jenem Erz, das unter ihrem
Acker viele tausend Jahre ruhte, und das zu
aller Nutzen jetzt ergraben werden muß.
Man schätzte früher den gesamten Erzvorrat
im Salzgitterer Eisenerzlager auf 450 Millionen
Tonnen. Da aber die Ausdehnung des Laaers
noch unbekannt ist, vergrößert sich die Zahl
wahrscheinlich sehr beträchtlich.
Wir hörten schon, daß die Salzgitterer Ge¬
birgskette aus drei Höhenzügen besteht, die
zwanzig Kilometer sich von Südsüdost nach
Nordnordwest erstrecken. Ursprünglich waren alle
drei Ketten ein einziger Höhenzug. Wind, Wet¬
ter, Wasser haben die Bergtuvven abgetragen,
das weiche Gestein der Längstäler zwischen den
heute bekannten Höhenzügen gebildet und die
Quertäler eingesägt.
So kam es, daß auch die Sattelkuppe des Erz¬
lagers abgewaschen wurde. Als man auf dem
mittleren Höhenzug einen Schacht abteufte, fand
man wohl Steinsalz- und Kalisalz-
st r e i f e n , stellte aber in einer Teufe von 1075
Metern die Arbeiten ein. da ein wirtschaftlicher
Abbau der gesuchten Kalisalze nicht lohnte.
Erz, das man nicht suchte, konnte auch nicht
festgestellt werden, denn das Lager war auf dem
mittleren Höhenzug abgetragen, weil es hier
keine Sattelkuppe hatte.
Macht man einen Querschnitt durch alle drei
Höhenzüge, dann ergibt sich folgendes geologische
Bild: Kreide — Erzlager — Jura — Trias —
Jura — Erzlager — Kreide. Das Erzlager trat
also auf den Randhöhenzügen zu Tage aus.
Aufschlüsse aus Zechen und Bohrlöchern ergaben,
daß auf dem östlichen Rücken das Lager mit
etwa 45 Grad bis zu einer Tiefe von rund 700
Meter einfällt und rund 21 Meter mächtig ist.
Dann steigt es nach Osten zu mit 30 Grad bis
200 Meter Teufe an, wird bis zu 30 Meter
mächtig und läuft in dieser Teufe mit wechseln¬
der, durchschnittlich 20 Meter großer Mächtigkeit
nach Osten weiter. Das östliche Ausstreichen ist
noch nicht ermittelt. Eine Ueberraschung brachte
eine Tiefbohrung auf dem Westhügel. Sie er¬
schloß das Erzlager bei 1058 Meter Teufe und
blieb darin bis 1090 Meter, ohne das Liegende
der Lagerstätte zu erreichen. Hier ist also das
Lager sehr mächtig, denn der Abstand von hier
bis zum Ausgehenden beträgt nur 850 Meter.
Das Lager fällt mit 70 bis 80 Grad gegen
Westen ein.
Das Eisenerz ist von dunkelroter bis hell¬
brauner, mitunter auch von bläulichschwarzer
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