Der Dierjahresplan macbt Deutschland
im Eisenerrberug voni Ausland unabhängig
Die Reichswerke Hermann Göring
Vor hundert Jahren — 1836 — entdeckte man
das Eisenerzlager des Salzgitterer Höhenzuges.
In den sechziger Jahren des vergangenen Jahr¬
hunderts förderte man auf einer Reihe kleinerer
Gruben das eisenarme Erz. Eine umfangreiche
Gewinnung fand jedoch nicht statt, weil das Erz
einen hohen Kieselsäureanteil besitzt.
Kein Hüttenbetrieb dachte daran, diese Erze
wirtschaftlich ausbeuten zu können, und wenn
vor der Machtübernahme einige Gruben in ge¬
ringem Umfange die Erzlager abbauteso des¬
halb, weil die Erze ihres Kieselsäuregehaltes
wegen in beschränktem Matze als Zuschlag im
Hochofenbetrieb verwendet wurden.
Mit einem Schlage ist der kleine Ort Salz¬
gitter aus seiner verträumten Ruhe aufgestört
worden, und heute nennt man seinen Namen
in der Welt.
Was wissen wir davon? — Sehr wenig, viel¬
leicht nichts! — Unsere Hand greift zum Lexikon.
Unsere Augen suchen das Wort in der Abc-
Folge, und wir finden, was uns Wissenswertes
von Salzgitter berichtet wird.
Salzgitter: Flecken und Solbad (1928 = 1200
Gaste), in Provinz Hannover, Landkreis Gos¬
lar, 138 Meter über dem Meere, an der Bahn
Börtzum—Seesen, hat Saline, Leinenweberei,
Tiefbohrunternehmen, Konserven- und Maschi¬
nenfabrik.
Ist das alles? — Das Lexikon gibt uns keine
Auskunft, erzählt uns nichts von den Lager¬
stätten, aus denen in Zukunft abermillionen
Tonnen Erze gefördert werden sollen!
Wer vielleicht mit der Eisenbahn die Strecke
Seesen—Börtzum gefahren ist, um über Börtzum,
dessen Bahnhof in der Nähe des Zusammen¬
flusses der Harzgewässer Ilse und Oker liegt,
nach Braunschweig zu kommen, hat hier und dort
einen kleinen Förderturm gesehen. Aber er ord¬
nete die stillen Schachtanlagen zu den vielen
anderen Kali- und Steinsalzzechen, die rund um
den Harz abgeteuft sind.
Wer als Harzwanderer von Goslar kommt
und sechs Kilometer nördlich den Salzgitterer
Höhenzug erreicht, beachtet kaum die kleine Ge¬
birgskette, denn sie kann sich mit der erhabenen
Schönheit der tannenbewaldeten Gebirgswelt
des Harzes nicht messen.
Und doch lohnt ein Marsch über den bis zu
272 Meter über dem Meere sich erhebenden
Höhenzug. Bald schon, wenn man den südlichen
flachen Hang hinter sich hat, erkennt man, wie
sich der Höhenzug in drei Gebirgsketten teilt,
deren Rücken durchweg bewaldet sind und an
deren Hangen sich Viehweiden, Wiesen und Fel¬
in S a ! z g i 1 t e r. Von Alfred Schiemann
der schmiegen. Nach Osten und Westen flachen
die Rücken der äußeren Gebirgsketten allmählich
ab und verlaufen in die Nächstliegenden Höhen¬
züge.
Dem Wanderer fallen die stillen Zechen auf,
die an den Hängen der äußeren Höhenzüge
stehen, und wenn sich das Förderrad lustig
surrend dreht, dann weiß er, daß fleißige Knap¬
pen unter Tage schürfen und Schätze bergen.
Mehr noch erfreuen die kleinen Flecken an den
Hängen. Aus ihnen kommen die kraftvollen
Bauern und ziehen mit ihrem Gespann dem
Acker zu, dem sie reiche Ernten abgewinnen.
Durchweg liegt hier fetter Tonboden, insbeson¬
dere dort, wo die Erdkrume aus dem uns von
der Geologie her bekannten Emscher der Kreide-
formation besteht, der aus Mergelsteinen mit
Tongehalt zusammengesetzt ist, die an der Erd¬
oberfläche zerfallen sind.
Sommertags wiegt sich Getreide — Hafer,
Roggen, Weizen — im Winde, und Feldgemüse
aller Art wachsen auf den Feldern. Zur Zeit der
Rübenernte regen sich tausend Hände und ber¬
gen die kostbare Frucht. Wer aber von den Dorf¬
bewohnern sein Brot und Auskommen nicht
allein dem Acker abgewinnen kann, der schafft
als Knappe im Bergwerk oder arbeitet als
Handwerker in der Maschinenfabrik. Lustig sieht
es aus, wenn am Feierabend die Bauerndirnen
aus den kleinen Konservenfabriken kommen, in
denen sie die Feldgemüse putzen, die sie vielleicht
selbst geerntet haben. Auch ihre Tätigkeit in der
Fabrik schafft zusätzlichen Verdienst.
Wer mit offenen Augen über die Höhenrücken
wandert, erkennt bald, daß sich hier die Wasser
scheiden. Vom östlichen Höhenzug, der wie der
westliche hin und wieder von Quertälern unter¬
brochen ist, lausen die munteren Quellen der
Oker zu. In gleicher Richtung zum westlichen
Höhenzug fließt die Innerste, ein Nebenfluß der
Leine. So laufen die Quellwasser des Salz¬
gitterer Höhenzuges nach Osten und Westen,
eilen voneinander fort, als ob sie sich ewig
meiden wollten. Was östlich entflieht, vereint
sich mit der Oker, fließt durch Vraunschweig zur
Aller. Aber nördlich Hannover, in der Nähe des
Lichten Moor, nimmt die Aller als Nebenfluß
die Leine auf, die alle Gewässer des Salzgitterer
Höhenzuges aufgenommen hatte, welche von den
westlichen Gebirgsrücken mit der Innerste zur
Leine und durch Hannover strömten. So sehr
die Quellwasser in entgegengesetzten Richtungen
voneinander eilten, in der Aller kamen und
kommen sie wieder zusammen und fließen mit
ihr in die Weser.
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