Full text: 66.1938 (0066)

ganisation sorgt dafür, datz sie alle in gewissen 
Zeitabständen von erfahrenen Aerzten begut¬ 
achtet werden; erst wenn diese Sachverständigen 
zu der Ueberzeugung gelangen, datz der Zustand 
des Versicherten unabänderlich ist, findet die Be¬ 
treuung ihr Ende. 
Eine besondere Abteilung der Sektionsver¬ 
waltung betreut die Hilfsmittelträger, d. h. die¬ 
jenigen Bergleute, welchen Kunstglieder und 
dergl. vom Arzte verschrieben wurden. Hier 
werden die neuesten Erfahrungen und Erkennt¬ 
nisse nutzbar gemacht, um den Verletzten ihr 
schweres Los nach bestem Wissen zu erleichtern. 
Immer und immer wieder werden Nachunter¬ 
suchungen vorgenommen, um den richtigen Sitz 
und guten Zustand der künstlichen Gliedmatzen 
zu gewährleisten. Die Lehre von den Kunst¬ 
gliedern stellt sich als eine besondere und keines¬ 
wegs einfache Wissenschaft dar, wovon jeder, der 
einen Kunstgliedertermin mitmachte, überzeugt 
ist. Denn jedes solches Kunstglied mutz indivi¬ 
duell für seinen Träger gebaut werden. Dieser 
Abteilung liegt auch die Ueberwachung der 
Blindenführerhunde ob, welche die Sektion zur 
Verfügung stellt. Es dürfte von Interesse fein 
zu hören, datz Anfang 1937 im Bezirk der Sek¬ 
tion I 28 Blindenhunde betreut wurden. 
Was geschieht nun aber, wenn ein Bergmann 
infolge Unfalls in einen anderen Beruf über¬ 
gehen mutz? Auch hier greift die Sektion hel¬ 
fend ein, indem sie ihre weitreichenden Ver¬ 
bindungen einsetzt und durch Zahlung einer 
Uebergangsrente die Umschulung erleichtert. 
All die bisher in großen Umrissen geschilder¬ 
ten Arbeiten werden von den Abteilungen Heil¬ 
verfahren, Kunstglieder und Rentenfeststellung 
durchgeführt, deren größte die Abteilung Heil¬ 
verfahren ist. Der Erfolg der Arbeiten wird am 
besten durch die Tatsache gekennzeichnet, datz 94 
v. H. aller durch Unfall verursachten Verletzun¬ 
gen zu ihrer Heilung weniger als 8 Wochen be¬ 
nötigen, ein glänzendes Zeugnis für die Kunst 
der von der Sektion in Anspruch genommenen 
Aerzte und für das Arbeiten der Verwaltung. 
Die Sektionsverwaltung begnügt sich nun aber 
nicht damit, datz sie möglichst gute und schnelle 
Heilung der Verletzten erstrebt, sondern sie will 
es gar nicht erst zu Verletzungen kommen lassen, 
d. h. sie bemüht sich, die Unfälle selbst zu ver¬ 
hüten. 
Die überaus schwierigen Arbeiten auf dem 
Gebiete bergbaulicher Unfallverhütung werden 
der Sektionsverwaltung durch die enge Zu¬ 
sammenarbeit mit den Bergbehörden, in Sonder¬ 
heit mit den Oberbergämtern zu Bonn, Dort¬ 
mund und Darmftadt wesentlich erleichtert. Als 
gutes Beispiel dieser verständnisvollen Zu¬ 
sammenarbeit möge hier geschildert werden, wie 
man im Bezirk der Sektion gegen die Stein¬ 
staublunge der Bergleute vorgeht, die als Be¬ 
rufskrankheit wie ein Unfall behandelt wird. 
Die Sektion hat eine eigene „Silikoseforschungs¬ 
stelle" geschaffen, welche mit den besten zurzeit 
bekannten Geräten ausgerüstet ist und unter 
einem besonders ausgebildeten Akademiker als 
Abteilungsleiter steht; vom allerneuesten Spalt- 
ultramikrofkop bis zur feinftwiegenden chemi¬ 
schen Waage ist alles vorhanden, und man ver¬ 
fügt auch über ein Gerät, welches es ermöglicht, 
die allerfeinsten Staubteilchen, die dem Auge 
unsichtbar sind, auf optischem Wege zu wiegen. 
Die Forschungsstelle befindet sich nämlich auf 
einer der großen Erzgruben des Siegerlandes, 
und alle Messungen und Versuche werden im 
Betriebe selbst vorgenommen. Sie arbeitet mit 
der Hauptprüfungsstelle für Vohrstaubschutz in 
Bochum zusammen und steht ferner in einem 
fruchtbaren Meinungs- und Erfahrungsaustausch 
mit den Bergbehörden. 
Wie bei der Silikose, so vollzieht sich auch aus 
anderen Gebieten der Unfallverhütung die Zu¬ 
sammenarbeit zwischen Sektion und Bergbehör¬ 
den, z. V. in Fragen der Verhütung von Stein- 
fall und Kohlenfall, des Grubenausbaus, der 
Ueberwachung der Heildiener und Zechenver¬ 
bandsstuben usw. Aeutzerlich zeigt sich der Er¬ 
folg darin, datz die Unfallziffer im Jahre 1936 
die niedrigste seit Bestehen der Knappschafts¬ 
Berufsgenossenschaft, seit 1885, war. 
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, 
datz bei der Sektion weitere umfangreiche Ar¬ 
beiten zur Ueberwachung der Bergwerksbetriebe 
als solcher geleistet werden; der Besitzstand der 
Unternehmer, die Velegschaftszahl, die Höhe der 
zu leistenden Beiträge und Aehnliches werden 
ständig verzeichnet, so datz jederzeit Auskunft 
gegeben und Rechenschaft abgelegt werden kann. 
All dies« Arbeiten werden in dem Bewußt¬ 
sein geleistet, datz es Ehrenpflicht des deutschen 
Unternehmers ist, für die in seinem Betriebe 
verletzten Bergleute so gut wie möglich zu 
sorgen. Nicht als Nummer wird der einzelne 
Unfallverletzte behandelt, sondern als ein Fall, 
dem angespannte Beachtung gebührt, als Ar¬ 
beitskamerad, der der Hilfe bedarf. Diese hohe 
Auffassung von den Pflichten und Rechten eines 
Trägers der Reichsunfallversicherung, welche alle 
Angestellten der Sektion I der Knappschafts¬ 
Berufsgenossenschaft beseelt, ist Vorbedingung 
und Erklärung der guten Erfolg«, die bisher 
erzielt wurden. Die Sektion I hat durch un¬ 
ermüdliche zähe Kleinarbeit einen hervorragen¬ 
den Gütegrad des Heilverfahrens und eine zu 
besten Hoffnungen berechtigende Senkung der 
Unfallziffer erreicht bei Verwaltungskosten, die 
noch nicht 5 o. H. des Gesamthaushalts be¬ 
tragen. 
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