Die Entwicklung des saarländischen Bergbaues
bis zur französischen Revolution 1792|93
Es kann wohl als bekannt vorausgesetzt wer¬
den, daß unsere engere Saarheimat vor der
französischen Revolution 1792/93 in eine Reihe
politisch selbständiger Kleinstaaten oder auch
Herrschaften zersplittert war, die in ihrer Ge¬
samtheit die ehemaligen preußischen Kreise Saar¬
brücken, Saarlouis, Ottweiler, weiterhin einen
kleinen Teil des Kreises St. Wendel, ferner die
im Osten anstoßenden bayerischen Kantone St.
Ingbert und Waldmohr einschlössen.
An größeren Territorien kamen in Frage:
1. die Grafschaft Saarbrücken nebst der Herrschaft
Ottweiler. Landesherren waren ursprünglich
die Grafen von Saarbrücken, seit dem Jahre
1380 die vormals gräfliche, später fürstliche
Familie Nassau-Saarbrücken,
2. die Herrschaft Illingen. Lehnsherren x aren
seit dem 14. Jahrhundert das Reichsritter¬
geschlecht von Kerpen,
3. die Herrschaft von Blieskastel. Der Besitz ge¬
hörte ursprünglich der gräflichen Familie von
Castel, später, seit dem Jahre 1660, als Lehen
dem alten Reichsrittergeschlecht von der Leyen.
Kleinere selbständige Territorien waren
folgende Herrschaftssitze:
4. Labach und Schwarzenholz — Saarwellingen
— Nalbach — Hüttersdorf — Lebach und
Tholey;
5. auch ein Teil des vormaligen Herzogtums
Lothringen, bestehend aus den Ortschaften
Saarlouis, Fraulautern, Ensdorf und Lisdorf
galt als selbständiges Territorium.
Abgesehen von dem lothringischen Territorium
"galt in sämtlichen Herrschaftsbezirken vor dem
Jahre 1793 das gemeine deutsche Bergrecht. Nach
diesem konnte das sogenannte Bergregal bzw. das
Recht, Bergwerke zu treiben, nur durch den
Kaiser an einzelne Territorialherren verliehen
werden. Die Verleihung mußte beim Regierungs¬
wechsel durch eine neue Bestätigung erwirkt wer¬
den. So erhielt beispielsweise Fürst Johann von
Nassau-Weilburg im Jahre 1371 von Kaiser
Karl IV. für die Grafschaft Saarbrücken die
Reichslehen mit allen Freiheiten, Herrlichkeiten,
Geleit-, Wasserfluh-, Wildbahn-, Bergwerks-,
Münz- und sonstigen Rechten.
Obwohl nach dem gemeinen deutschen Recht
die Steinkohle eigentlich nicht zum Regal (Ver¬
fügungsrecht) gehörte, galt sie schon früh als dem
Verfügungsrechte der Landesherren unterworfen.
Dieses bekundet auch ein sogenanntes „Schöffen¬
weisthum" von Neumünster bei Ottweiler aus
dem Jahre 1429, das die Steinkohle den Metallen
gleichstellt. Das Schriftstück hat folgenden Wort¬
laut:
„Item hait der scheffen gewißt, daz alle
fondt in der graffeschaft von Otwillre, is sy
uff dem lehen oder anderswo, under der
erden oder über der erden, is sy von golde,
silber, kupfer, bly, isen, steynekolen oder
was man fondt nennen mag, das der eyner
Herrschaft von Sarbrucken sy und mit rechte
zugehorent."
Das Deutsch jener Zeit für uns in verständliche
Form gebracht, würde die Verfügung wie folgt
lauten:
„Die Schöffen lassen heute wissen, daß alle
Funde in der Grafschaft von Ottweiler, es fei
auf dem Lehen oder anderswo, unter der Erde
oder über der Erde, es fei Gold, Silber, j
Kupfer, Blei, Eisen, Steinkohlen oder anderes, ;
wie oder was man den Fund nennen mag, daß
dieser der Herrschaft von Saarbrücken mit
Recht zugehört."
Es sei jedoch erwähnt, daß für keines der selb- -
ständigen Territorien eine landesherrliche Ver¬
fügung bezüglich der Steinkohlen herausgegeben
wurde, umgekehrt ist aber auch keine Frei¬
erklärung des Steinkohlenbergbaues ergangen.
So ist auch in der ganzen Fürstenzeit, abweichend ■
von den übrigen Vergbaubezirken, für das Saar¬
gebiet keine ausführliche Bergordnung erlassen
worden. Die Pfalz-Zweibrücker Regierung hat
eine solche vom Jahre 1590 aufzuweisen und
mehrfache Verleihungen von Steinkohlenberg¬
werken am Glan vorgenommen.
Die im 16. Jahrhundert an verschiedenen
Stellen des Saarlandes bekannt gewordene
Kohlengräberei soll dem Vernehmen nach stets
mit landesherrlicher Genehmigung erfolgt sein,
entweder war ein jährlicher Zins vereinbart
oder der Kohlengräber hatte einen gewissen Teil
der Förderung an die Herrschaft abzuführen.
Nahm die Kohlengewinnung einen größeren
Umfang an, so erhielt der Kohlengräber vom
Landesherrn eine zunftmäßige Ordnung; der
Zins wurde in diesem Falle von der Zunft¬
gemeinde erhoben.
Es darf mit Recht angenommen werden, daß
bereits gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der
Umgegend von Sulzbach-Dudweiler und
Wellesweiler sowie im Kohlwalde'
bei Wiebelskirchen die Kohlengräberei
betrieben wurde. Der Besinn derselben ist mit
Bestimmtheit nicht zu ermitteln. Es erscheint
jedoch selbstverständlich, daß sich die damalige
Kohlengewinnung auf eine regellose Gräberei
beschränkte, ähnlich der vielen wilden Kohlen-
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