Hier ein Beispiel:
Administration des Mines Domaniales
Françaises de la 8arre
L’Ingénieur en Chef du Groupe d’inspections
Est et l’Ingénieur Principal de l’Inspection VU
beehren sich, Sie zu dem am Sonntag, den
2. März 1924, nach. 3.15 Uhr im Saalbau zu
Neunkirchen stattfindenden
Symphonie-Konzert
ergebenst einzuladen.
Mitwirkende:
M. J. Savoye, Geiger, 1. Preis des Pariser
Konservatoriums, Solist des Orchesters.
M. P. Dugué, Fagott, 1- Preis des Pariser
Konservatoriums, Solist des Orchesters.
Das Hauptorchester der Administration
des Mines Domaniales Françaises (70Mu¬
siker) unter Leitung seines Kapellmeisters
M. Louis Fourestier.
L’Ingénieur en Chef du Groupe Est:
L. Bella n.
L’Ingénieur Principal:
R o m i e u x.
Vortragsfolge:
L Teil.
L Stenka Razine
2 Solo de Concert, für Fagott
3. Violin - Konzert, in G - moll
All0 moderato — Adagio
All0 énergico
A. Glazounow
(1865- — )
G. Pierné
(1863- — )
Max Bruch
(1888-1920)
Pause.
2. Teil.
4. Impressions d’Italie ... G. Charpentier
a) Serenade (1860- — )
Bratschensolo: H. Skohoutil
b) Am Brunnen
c) Maultiere
d) Ueber den Gipfeln
e) Neapel
Celîosolo: M. Tournié
Die Saaltüren bleiben während der Aufführung
der Musikstücke geschlossen.
Stenka Razine.
Die Wolga, unermeßlich und ruhig. Lange Jahre hin¬
durch herrschte auf ihren Ufern tiefer Frieden, als
plötzlich die furchtbare Ataman Stenka Razine auftrat,
welcher an der Spitze grausamer Horden die Wolga zu
durchsegeln begann, alle auf ihren Ufern gelegenen
Städte und Dörfer verheerend und plündernd. Sein
Schiff war merkwürdiger Art geziert, seine Segeln aus
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Seide, seine Ruder golden; in der Mitte des aus silbtt,
nem Brokat * gestickten Pavillons runtu auf gold- utic
silbergefüllten Fässern die persische Prinzessin, die Ge
fangene und Geliebte des Stenka Razine. Eines Tages
wurde sie nachdenklich untl sich an die Gesellen ihres!
Herren wendend, begann sie ihnen von einem Traum al
erzählen in dem sie sah wie Stenka Razine niedern^
schossen, seine Bande in’s Gefängnis geworfen und sie
selbst in den Fluten der Wolga umgekommen ist. Der
Traum der Prinzessin ward zur W irklichkeit. Stenki
Razine wurde von den Soldaten des Zares umzingelt
Als er seine Niederlage gewahrte, sagte Stenka Razine:
,,Nie während der 30 Jahren meiner Rennfahrten habt
ich der Wolga ein Geschenk gemacht. Heute werde ich
ihr das geben, was für mich kostbarer ist als alle Schätzt
der Erde“. Daraufhin stürzte er die Prinzessin in die
Tiefen der Fluten. Die grausame Bande stimmte ein
Ruhmeslied ihrem Ataman an und fielen über die Sol
daten des Zares her.
Impressions d’ltalie.
I, Serenade. Es ist kurz vor Mitternacht. Junge Laues
leute singen, aus der Osteria kommend, unter den Ferl
stern ihrer Angebeten lange, glühende, zuweilen schwer!
mütige Weisen. Als Antwort auf diese Liebesphraseif
ertönen Mandolinen und Guitarren. Der Gesang de?
jungen Völkchens erhebt sich von Neuem, um dann ^
der Ferne allmählich zu verklingen.
II. Am Brunnen. Talabwärts, dorthin wo die Wassel
fälle plätschern, ziehen junge Mädchen, barfuß, me|
bloßen Amen; das weiße offene Hemd zeigt die .Schutt
fern und die braungebrannte Brust. Ernst, friedlich,!
laut- und sorglos gehen sie in ruhiger, fast religiöse:
Bewegung, den Bronzekrug auf dem Kopfe, mit leichtes!
Schaukeln der Hüften. Wie Priesterinnen ziehen sie iz|
den glühenden Sonnenstrahlen an uns vorbei, wahrem
von den Bergen zuw eilen fröhliche Lieder der Hirten zs
uns herüberklingen.
UL Maultiere. Abend. Auf dein Wege, der sich voiI
den sabinischen Bergen herabschlängelt, trotten gleiche
Schrittes Maultiere irn Rhythmus ihrer hellen Glas
chen. Der Gesang des Violoncello’s ist das aus volles-
Halse gesungene „canzone“ des Treibers, und die w
chen Terzen der Flöten bedeuten den zarten Gesan;
den die schönen Mädchen mit den abgrundtiefen Auge:
flüstern. Sie sitzen, oder besser gesagt, knieen in der
großen Karren auf dem Heimwege in’s Dorf.
IV. Ueber den Gipfeln. Mittagsschwüle liegt auf de:!
einsamen Höhen, in dieser „Sorrent mischen Wüste",!
welche die Stadt überragt und von wo der Blick dit!
Inseln und das Meer umfaßt. Das Streichquartett M'i
seinen gehaltenen Noten malt gleichsam den Hinte:
gründ des Bildes: die von der Sonne durchglühte Weite!
die brennende Atmosphäre. Ein Horn verbildlicht dies
ferne Glocke eines Klosters. Flöten, Klainetten, Hais»!
bedeuten das Gezwitscher der Vögel, die leidensehal:
lieh trillern wie trunken von Hitze und Licht. Der allj
mählich anschwellende Gesang der Bratschen und Cellf
— das ist die Seele, der Enthusiasmus des Dichters, OT
Stimme, welche in die Einsamkeit dringt. Doch es sli
gert sich das Kirchengeläute; das weittönende Spiel des
Glocken von Sorrent. Massa und Amalfi erweckt dis
Glöckchen auf den Hügeln. Und ein Geläute von mefcf
reren Oktaven Umfang ertönt über clie Wüste und drin«
in die Ferne des blauen Meeres. Alles beruhigt sic!
nur noch einige zerstreute Glockentöne verklingen sanij
in der unendlichen Ferne.
V. Neapel. In diesem letzten Teile der Stimmung
bilder stellt sich der Komponist die Aufgabe, Neapel,
seine Bevölkerung, sein ganzes äußeres Lehen und sei#
Freude musikalisch zu malen. Zu Anfang Tongeflüstf:
— Hitze, Helle, Ansammeln der Volksmenge. Mal
glaubt von jeder Straße Lieder zu vernehmen. ’I anz*;
weisen, verliebte, sehnsuchtsvolle Geigentöne, lustiges
Schnurren von’ Guitarren, antworten einander. Militär,
weisen gehen der Symphonie ihr metallenes, stolzes G<f
präge. Tänzerinnen beginnen eine Tarantella. Es »j
das große Lied eines Volkes, die Hymne von Neapt
am Ufer seines azurblauen Golfes. Das periodisch
Schnarchen des Vesuves übertönt die sentimental»
Liedchen des Sängers am Quai. Bei Anbruch des Abens“
sendet ein glänzendes Feuerwerk seine Uchtgarben ur
Sternensträuße zum Himmel, um alsbald im unendliche
Meeresspiegel zu erlöschen.