Full text: 63.1935 (0063)

Luthers Vater (noch Lronach). 
Zu Luthers Zeit stand der Aberglaube sowohl 
bei den niederen wie bei den höheren Ständen 
in hoher Blüte. Nach der damaligen, herrschen¬ 
den Meinung trieben gute und schlechte Geister 
in den Bergwerken ihr Unwesen. Der Teufel 
würde die Bergleute bei ihrer Arbeit „vexieren 
und betrügen". Erschüttert berichtete einmal 
Luthers Vater von einem Bergmann, dem der 
Teufel im Bergwerk ganz greulich den Rücken 
zerfleischt habe. Luther selbst war ebenfalls 
sehr stark dem Aberglauben 
ergeben. In seinen Tisch¬ 
reden spricht er oft von den 
heimtückischen Streichen des 
Teufels, gegenüber den 
Bergleuten. Beim Berg¬ 
werk würde er kein Glück 
haben, so sagte er einmal, 
„da der Satan ihm diese 
Gnade Gottes nicht gönne". 
Dieser Aberglaube ließ 
ihn manchmal zu merk¬ 
würdigen Schlüssen kom¬ 
men. Zuweilen mußte sich 
Luther auch bei seinen 
theologischen Vorlesungen 
mit naturwissenschaftlichen, 
insbesondere mineralo¬ 
gischen Fragen befassen. 
Im allgemeinen zeigte 
er hierbei, an dem da¬ 
maligen Stand der Natur- 
Luthers Mutter (noch Lranach). 
Wissenschaft gemessen, eine sehr weitgehende und 
aufgeschlossene Ausdeutung der Naturkräfte. 
Bekanntlich zeichnet sich der Mansfelder Kupfer¬ 
schiefer durch seine schöne Fossilienabdrücke 
aus. Das sind Abbildungen von Fischen und 
Pflanzen aus früheren Epochen, die sich in 
jahrtausend altem Verwesungsprozeß unter 
der Erde in den Mineralien gebildet haben. 
Aber trotz der vorgeschrittenen Allgemeinbil¬ 
dung war Martin Luther doch auch von starkem 
Aberglauben erfüllt. Seine 
wiederholten Erklärungen 
und Deutungen über diese 
Fossilienfunde sind gute 
Unterlagen für diese Be¬ 
hauptung. 
Er war nämlich des 
festen Glaubens, daß diese 
Tierbilder, in denen er 
Ähnlichkeit mit einigen 
seiner Gegner sah, göttliche 
Offenbarungen für ihn 
wären. 
Es besteht kein Zweifel, 
daß die Eindrücke seiner 
Jugendzeit, aus seiner in¬ 
nigen Verbundenheit mit 
der geistigen Einstellung der 
Bergleute (Vater — Bru¬ 
der — Schwäger), in diesem 
Aberglauben ihren Nieder¬ 
schlag gefunden haben. 
Luthers Geburtshaus in Gislebeu.
	        
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