Luthers Vater (noch Lronach).
Zu Luthers Zeit stand der Aberglaube sowohl
bei den niederen wie bei den höheren Ständen
in hoher Blüte. Nach der damaligen, herrschen¬
den Meinung trieben gute und schlechte Geister
in den Bergwerken ihr Unwesen. Der Teufel
würde die Bergleute bei ihrer Arbeit „vexieren
und betrügen". Erschüttert berichtete einmal
Luthers Vater von einem Bergmann, dem der
Teufel im Bergwerk ganz greulich den Rücken
zerfleischt habe. Luther selbst war ebenfalls
sehr stark dem Aberglauben
ergeben. In seinen Tisch¬
reden spricht er oft von den
heimtückischen Streichen des
Teufels, gegenüber den
Bergleuten. Beim Berg¬
werk würde er kein Glück
haben, so sagte er einmal,
„da der Satan ihm diese
Gnade Gottes nicht gönne".
Dieser Aberglaube ließ
ihn manchmal zu merk¬
würdigen Schlüssen kom¬
men. Zuweilen mußte sich
Luther auch bei seinen
theologischen Vorlesungen
mit naturwissenschaftlichen,
insbesondere mineralo¬
gischen Fragen befassen.
Im allgemeinen zeigte
er hierbei, an dem da¬
maligen Stand der Natur-
Luthers Mutter (noch Lranach).
Wissenschaft gemessen, eine sehr weitgehende und
aufgeschlossene Ausdeutung der Naturkräfte.
Bekanntlich zeichnet sich der Mansfelder Kupfer¬
schiefer durch seine schöne Fossilienabdrücke
aus. Das sind Abbildungen von Fischen und
Pflanzen aus früheren Epochen, die sich in
jahrtausend altem Verwesungsprozeß unter
der Erde in den Mineralien gebildet haben.
Aber trotz der vorgeschrittenen Allgemeinbil¬
dung war Martin Luther doch auch von starkem
Aberglauben erfüllt. Seine
wiederholten Erklärungen
und Deutungen über diese
Fossilienfunde sind gute
Unterlagen für diese Be¬
hauptung.
Er war nämlich des
festen Glaubens, daß diese
Tierbilder, in denen er
Ähnlichkeit mit einigen
seiner Gegner sah, göttliche
Offenbarungen für ihn
wären.
Es besteht kein Zweifel,
daß die Eindrücke seiner
Jugendzeit, aus seiner in¬
nigen Verbundenheit mit
der geistigen Einstellung der
Bergleute (Vater — Bru¬
der — Schwäger), in diesem
Aberglauben ihren Nieder¬
schlag gefunden haben.
Luthers Geburtshaus in Gislebeu.