Full text: 63.1935 (0063)

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Zuglpitzbahn: 
*$4 m weit das Land überblicken und befreit auf- 
atmen zu können, strebt der Mensch auf hohe 
Berggipfel; dieser Lugaus weitet ihm Geist und 
Seele. 
Ursprünglich sind die Bergbahnen — etwa 
zwei Dutzend in Europa — für die Komfort- 
Ansprüche des verwöhnten Reisepublikums ent¬ 
standen. Seit aber der Reisedrang, dieser Wille 
zum Bilden und Erleben, das ganze Volk er¬ 
faßt hat, seit dazu das gestiegene Vequemlich- 
keitsbedürfnis Forderungen erhob, wurden un¬ 
gezählte neue Bergbahnen zum Lugaus ins 
Land in allen Teilen Europas erbaut. 
Der höchste Berg, der uns in der alten Welt 
bis jetzt durch eine kühne Bahn bequem nahe¬ 
gerückt wurde, ist die 4075 Meter hohe Jung- . 
frauim Berner Oberland. Zu diesem höchsten 
Berg der Berner Alpen fährt bis zum Jung¬ 
fraujoch, also in 3398 Meter Höhe, wagemutig 
eine Bahn, ein technisches Wunderwerk ersten 
Ranges, da sie ihre Aufgabe durch Bezwingung 
des Felsenkolosses Eiger in einem über 9 Kilo¬ 
meter langen Tunnel löst. Wie sie, so erzwingt 
sich auch die Bayrische Zugspitzbahn die 
Höhe bei der Fahrt durchs Innere gigantischer 
Felsmasien im Tunnel. Diese wagemutige 
deutsche Bergbahn, die wie die Jungfraubahn 
Lalbahnhof 
mit vollständigen Zügen fährt (Wagen und 
Lokomotive), erzielt überdies eine Steigungs- 
leistung, die alle übrigen Bergbahnen Europas 
übertrifft, Überwindet die Jungfraubahn nur 
tatsächlich 1460 Meter von ihrem Ausgangs¬ 
punkt Kleine Scheidegg (2064 Meter über R.R.) 
bis Jungfraujoch (3460 Meter), die Gornergrat- 
bahn 1400 Meter und die österreichische Zug¬ 
spitzbahn 1580 Meter Höhenmaß, so die bayrische 
Zugspitzbahn vom Bahnhof Garmisch - Parten¬ 
kirchen bis zum Zugspitzgipfel nahezu 2300 Meter 
bei einer im ersten Teil der Strecke ungeheuer 
einprägsamen, mit einer Fülle starker Land¬ 
schaftseindrücke aufwartenden Fahrt. 
Der Drang „auf die Berge zu steigen" schlum¬ 
mert tief im Menschen. Man betrachtete einst 
ehrfürchtig die hohen Gipfel; sie bargen Ge¬ 
heimnisse und blieben unerreichbar, zumal die 
„wolkenhöhenden" Gipfel. Selbst ein Mittel- 
gebirgsberg, z. B. der Brocken mit seinen 
1142 Meter Meereshöhe, galt bis ins 16. Jahr¬ 
hundert hinein für unbesteigbar, und noch bis 
ins 19 Jahrhundert war die Zahl der Brocken- 
steiger spärlich. Erst das „technische Zeitalter" 
und der Reisedrang ließen die Menschen in die 
allerintimste Bergwelt, auf die jungfräulichsten 
Gipfel vordringen, und es war nur zu natür-
	        
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