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Stunde. Zahlreiche Konstrukteure begannen
jetzt sich mit diesen Problemen zu beschäftigen,
wobei besonders B l e r i o t h zu nennen ist,
der zum ersten Male statt des bisherigen
Doppeldeckers einen Eindecker konstruierte.
Ihm gelang es, am 25. Juli 1909 den Kanal
zu überqueren, und damit die Brauchbarkeit
des Flugzeugs für größere Strecken zu beweisen.
Nach dem Kriege kam dann die Zeit der
besonderen Entwicklung des Flugzeugs. Viel¬
leicht wird die Nachwelt einmal das vergangene
Jahrzehnt das der „Weltflüge" nennen und
diesen Zeitabschnitt für genau so wichtig halten
wie wir Heutigen das Zeitalter der Ent¬
deckungen. Wie damals ein Vasco da Eama,
ein Magalhaes, ein Kolumbus und ein Marco
Polo auf gebrechlichen Fahrzeugen ins Unbe¬
kannte hinauszogen, so wird man vielleicht
später einmal von den Helden der kühnen über¬
land- und Überseeflüge sprechen: den Alcock und
Brown, den Eostes und Bellonte, dem Köhl,
den Lindbergh und Chamberlin; man wird von
dem Heldentod erzählen der kühnen Flieger
Nungesser und Coli; man wird erzählen von
den Flügen über den schwarzen Erdteil und
quer durch Asien; über Australien und quer
durch Nord- und Südamerika; man wird end¬
lich rühmen und preisen jene Flüge in die
arktische Welt des Nordpols, unternommen nur
der Forschung willen wie auch, um Menschen¬
leben zu retten. —
Alle diese Leute waren Pioniere des Welt¬
verkehrs, dem sie neue Bahnen wiesen. Wenn
heute ein dichtes Verkehrsflugnetz ganz Europa
überspannt, wenn jetzt schon die Flugstrecken
festliegen und regelmäßig beflogen werden von
Europa nach Afrika, von Europa nach Indien,
China und Japan, wenn endlich auch
die regelmäßige Verbindung Europa—Nord¬
amerika und Europa—Afrika—Südamerika zur
regelrechten Einrichtung geworden ist, so wird
die Welt das diesen Männern zu danken
haben.
Heute, wie gesagt, sind wir etwas blasiert
geworden; machen gar nicht viel Aufhebens
von all' dem, was schon errungen ist. Und doch,
wie viel mußte da erst in langwierigen Ver¬
suchen, in immer erneuten Berechnungen er¬
probt werden, bis in systematischer Arbeit man
endlich soweit war, eine Erfindung in die
Praxis umzusetzen. Heute sind wir gewöhnt,
daß die Verkehrsflugzeuge Nachtslüge aus¬
führen, wundern uns weiter gar nicht darüber.
Und doch, wer als Passagier nur ein einziges
Mal beispielsweise mit dem Flugzeug in eine
Nebelwolke geraten ist, der weiß, was hier in
Betracht kommt. Nicht bloß, daß man nicht
mehr sieht, wo man ist. Nein, sehr bald merkt
man, daß das Gleichgewichtsgefühl
verloren ging. Man weiß nicht mehr, ob das
Flugzeug steigt oder fällt, ob es geradeaus
fliegt oder in einer Kurve, ja nicht einmal,
ob es noch richtig gerade in der Luft hängt. —
Das kommt daher, weil in der Luft der Mensch
nicht wie auf Erden, wenn er mit geschlossenen
Augen oder in der Dunkelheit geht oder steht,
nur den Wirkungen der Schwerkaft ausgesetzt
ist, sondern auch die Zentrifugalkraft auf ihn
einwirkt, die sich bei der geringsten Abweichung
vom geraden Kurs bemerkbar macht, und,
sobald die Kontrolle durch die Augen nicht mehr
möglich ist, den menschlichen Gleichgewichtssinn
zu Irrtümern veranlaßt. — Da ist es nach
langen Versuchen gelungen, einen auf dem
Prinzip des Kreiselkompaß beruhenden Ap¬
parat zu konstruieren, den „Kreisel [teuer;
zeiger", der dem Piloten Anhalt gibt. Dazu
kommen natürlich noch eine Masse anderer
Instrumente. — Damit aber weiterhin das
Flugzeug sich bei Nacht orientieren kann,
müssen ferner nicht nur die Rollfelder auf den
Flugplätzen schattenlos beleuchtet werden,
sondern auch die Strecke wird durch im regel¬
mäßigen Abstand folgende Leuchtfeuer gekenn¬
zeichnet, und zwar durch große alle 30
Kilometer, und dazwischen durch kleinere
farbige Leuchtfeuer alle 5 Kilometer. Man
benutzt dazu übrigens keine gewöhnlichen
elektrischen Glühlampen, sondern N eon -
lampen, da deren Licht Dunst und Nebel
besser durchdringt. —
So kann jetzt ein jeder mit der gleichen Ruhe
sich dem Flugzeug anvertrauen, mit der er
früher schon einen Eisenbahnzug bestieg, den
man vor 100 Jahren noch für ein „gar gefährlich
Teufelsding" gehalten. Und immer noch ar¬
beitet der menschliche Geist an der Vervoll¬
kommnung dieser Erfindungen. Dazu gehören
die jetzt neuerdings wieder aufgenommeneir
Versuche mit dem „schwanzlosen" und mit dem
Windmühlenflugzeug. — Davon, und weiter
von den großen überlandflügen und den
mannigfachen Abenteuern, aber auch wichtigen
geographischen und etnographischen Ent¬
deckungen hofft der Kalendermann nächstes
Jahr ausführlich berichten zu können.