Full text: 60.1932 (0060)

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— Schienengeleise — auf der Sohle, sowie die 
leeren und beladenen Förderwagen lassen 
auch den Laien ahnen, daß er sich dort befindet, 
wo in seiner Nähe Kohlen gegraben werden. Wir 
gehen wenige Schritte weiter und befinden uns 
plötzlich vor einem schönen Kohlenflöz von 
1,70 m Mächtigkeit. Das vor dem Stotze liegende 
„Eezähe", das Handwerkszeug des Bergmannes, 
sowie die bereits geschossene Kohle legen Zeugnis 
dafür ab, datz wir uns an der eigentlichen Kohlen¬ 
gewinnungsstelle befinden. Fachleute unter den 
Besuchern sagen uns: „Das ist ein Schüttel¬ 
rutsch e n st o tz ". 
So weit das Auge reicht, sehen wir von den 
Grubenlampen matt beleuchtet, in grader Linie den 
schwarzen Diamanten freigelegt, darauf harrend, 
gewonnen und in Förderwagen nach über Tage ge¬ 
fördert zu werden, dem Wohle der Menschheit zu 
dienen. 
Eine „ G r o tz s ch r ä m m a s ch i n e " , die der 
Bergmann wegen ihrem brummenden Geräusche 
während des Betriebes, einfach „Schrämbär" oder 
„Bär" nennt, liegt bereits in halber Höhe des 
Stotzes und hat diesen direkt über der Sohle 1,50 m 
tief geschrämt, d. h. unterhöhlt. In dem geschräm¬ 
ten Teile sehen wir die Bohrlöcher, fertig zur 
Aufnahme des Sprengstoffes zum Niederschießen des 
unterhöhlten Teiles des Stotzes. Einige Löcher sind 
bereits geschossen, und wir können die 
Wirkung derselben an Ort und Stelle an den 
großen Haufen ladebereiter Kohlen feststellen. Die 
Herstellung der Bohrlöcher erfolgt mit sogen. 
„ B o h r t u r b i n e n ", d. s. maschinelle Drehbohr¬ 
maschinen. Wir sehen diese am Ortsstotz liegen und 
bemerken, datz sie an einem Luftschlauch an- 
geschlosien sind. Der anwesende Bergmann erklärt 
uns: datz man mit der Turbine ein Loch in einer 
Minute bohre, während man früher beim Bohren 
mit dem Handbohrer Stunde Zeit dazu brauchte. 
Wenden wir den Blick rückwärts, dann sehen wir 
in einen 3—4 m breiten Hohlraum, in welchem in 
geraden Linien von 1 m gegenseitigem Abstande 
Holzstempel stehen. Diese dienen dazu, darüber¬ 
liegende Holzstangen zu unterstützen, über diesen 
Stangenreihen liegen rechtwinkelig aufgelegt in 
einer Entfernung von V2 m „Verzugshölzer". Das 
Ganze nennt der Bergmann Ausbau; dieser hat 
den Zweck, das Gebirge über uns gegen Herein¬ 
brechen zu stützen. 
In dem Zwischenraum zwischen zwei Stempel¬ 
reihen — Gasse — sehen wir eine blecherne Rinne 
liegen. Es ist dies die sogenannte Schüttel¬ 
rutsche. Sie ist aufgehängt an Ketten und wird 
in Betrieb gesetzt durch einen unter ihr stehenden 
Schüttelrutschenmotor, dessen Antrieb mit Preßluft 
erfolgt. Die in der Rutsche liegende Kohle belehrt 
uns, datz die Rutsche dazu dient, die Kohle vom 
Kohlenstoß in den Förderwagen zu transportieren. 
Wir sehen nämlich, datz die Rutsche in einen, auf 
dem Gleise stehenden Förderwagen mündet. 
1 m von der Kohlenrutsche seitlich entfernt in der 
weiter zurückliegenden „Gasse" ist eine 2. Schüttel¬ 
rutsche aufgehängt. Diese ist jedoch nicht mit Kohle, 
sondern mit Bergen gefüllt. Sie mündet direkt 
auf die Sohle, wo bereits die Berge bis zum 
Hangenden aufgeschichtet sind. Die Rückwand bildet 
ebenfalls eine Bergemauer, die mit Maschen- 
draht gegen ein Hereinbrechen gehalten wird. Das 
Ganze zeigt uns sofort in einem klaren Bilde, datz 
der durch das Gewinnen der Kohle entstandene 
Hohlraum wieder durch Berge zugesetzt wird. 
Gehen wir am Kohlenstoß und den Rutschen ent¬ 
lang weiter aufwärts, so gelangen wir in eine 
2. horizontale Strecke, die sogenannte B e r ge¬ 
st r e ck e. Hier steht an einen Luftschlauch ange¬ 
schlossen ein großer Motor. Wir hören, datz es 
der Antriebsmotor für das V e r g e b a n d ist. Wir 
erblicken über laufende Rollen gelagert ein 0,66 m 
breites Gummiband. Das Band ist in sich durch 
Scharniere geschlossen und läuft über die Motor- 
Trommel und fördert die Berge in die Bergerutsche. 
Am Ende der Bergestrecke gelangen wir in den 
Bergebremsberg. Hier sehen wir einen 
zweiten Vandmotor, der ein zweites Band in 
Betrieb setzt und die Berge aus der Kohlenstrecke 
aufwärts bis zu dem erstgenannten horizontalen 
„— söhligen Band —", in der Bergestrecke trans¬ 
portiert. Der Bergebremsberg steht auf beiden 
Seiten „—Stößen—" in Holzpfeilern,' die auf¬ 
gesetzten Türstockzimmerungen sind durch Spitz¬ 
polygon gegen Seiten- und Firstendruck verstrebt. 
Wir gehen durch den Bremsberg abwärts und ge¬ 
langen wieder in die Kohlenstrecke. Hier ist ein 
sogenannter Hochkipper in Betrieb. Die Berge¬ 
wagen werden in den Hochkipper eingeschoben, 
mittels Preßluft hochgehoben, und die Berge werden 
so auf das Bergeband gestürzt, um alsdann selbst¬ 
tätig über die beiden Vergebänder in die Schüttel¬ 
rutsche und zuletzt in den Bergeversatz zu gelangen. 
Neben der 100 mm Rohrleitung für die 
Preßluft zur Bedienung der Motore erblicken 
wir an dem Ausbau befestigt, eine 20 mm starke 
Leitung. Es ist dies die Wasserleitung zum 
Berieseln des Stotzes und der Strecken zur Un¬ 
schädlichmachung des Kohlenstaubes. 
Auf einem Schilde in der Strecke lesen wir 
„ S t a u b z 0 n e ". Es wird uns erklärt, datz auf 
den leicht umkippenden Brettern über unseren 
Köpfen Ge st ein staub gelagert ist. Bei einer 
Explosion fallen durch die der Explosionsflamme 
vorausgehende Lufterschütterung die Bretter um, 
und der herabfallende Gesteinstaub bildet eine dichte 
Staubwolke in der Strecke,' durch diese wird die 
Fortpflanzung des Explosionsfeuers verhindert. 
Wir hatten so Gelegenheit, zu sehen, wie Wissen¬ 
schaft und Technik sich vereint bemühen, die großen 
Gefahren, die den unterirdischen Bergbau noch 
immer bedrohen, systematisch und mit Erfolg zu 
bekämpfen und die schwere Arbeit des Bergmannes 
zu erleichtern.
	        
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