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— Schienengeleise — auf der Sohle, sowie die
leeren und beladenen Förderwagen lassen
auch den Laien ahnen, daß er sich dort befindet,
wo in seiner Nähe Kohlen gegraben werden. Wir
gehen wenige Schritte weiter und befinden uns
plötzlich vor einem schönen Kohlenflöz von
1,70 m Mächtigkeit. Das vor dem Stotze liegende
„Eezähe", das Handwerkszeug des Bergmannes,
sowie die bereits geschossene Kohle legen Zeugnis
dafür ab, datz wir uns an der eigentlichen Kohlen¬
gewinnungsstelle befinden. Fachleute unter den
Besuchern sagen uns: „Das ist ein Schüttel¬
rutsch e n st o tz ".
So weit das Auge reicht, sehen wir von den
Grubenlampen matt beleuchtet, in grader Linie den
schwarzen Diamanten freigelegt, darauf harrend,
gewonnen und in Förderwagen nach über Tage ge¬
fördert zu werden, dem Wohle der Menschheit zu
dienen.
Eine „ G r o tz s ch r ä m m a s ch i n e " , die der
Bergmann wegen ihrem brummenden Geräusche
während des Betriebes, einfach „Schrämbär" oder
„Bär" nennt, liegt bereits in halber Höhe des
Stotzes und hat diesen direkt über der Sohle 1,50 m
tief geschrämt, d. h. unterhöhlt. In dem geschräm¬
ten Teile sehen wir die Bohrlöcher, fertig zur
Aufnahme des Sprengstoffes zum Niederschießen des
unterhöhlten Teiles des Stotzes. Einige Löcher sind
bereits geschossen, und wir können die
Wirkung derselben an Ort und Stelle an den
großen Haufen ladebereiter Kohlen feststellen. Die
Herstellung der Bohrlöcher erfolgt mit sogen.
„ B o h r t u r b i n e n ", d. s. maschinelle Drehbohr¬
maschinen. Wir sehen diese am Ortsstotz liegen und
bemerken, datz sie an einem Luftschlauch an-
geschlosien sind. Der anwesende Bergmann erklärt
uns: datz man mit der Turbine ein Loch in einer
Minute bohre, während man früher beim Bohren
mit dem Handbohrer Stunde Zeit dazu brauchte.
Wenden wir den Blick rückwärts, dann sehen wir
in einen 3—4 m breiten Hohlraum, in welchem in
geraden Linien von 1 m gegenseitigem Abstande
Holzstempel stehen. Diese dienen dazu, darüber¬
liegende Holzstangen zu unterstützen, über diesen
Stangenreihen liegen rechtwinkelig aufgelegt in
einer Entfernung von V2 m „Verzugshölzer". Das
Ganze nennt der Bergmann Ausbau; dieser hat
den Zweck, das Gebirge über uns gegen Herein¬
brechen zu stützen.
In dem Zwischenraum zwischen zwei Stempel¬
reihen — Gasse — sehen wir eine blecherne Rinne
liegen. Es ist dies die sogenannte Schüttel¬
rutsche. Sie ist aufgehängt an Ketten und wird
in Betrieb gesetzt durch einen unter ihr stehenden
Schüttelrutschenmotor, dessen Antrieb mit Preßluft
erfolgt. Die in der Rutsche liegende Kohle belehrt
uns, datz die Rutsche dazu dient, die Kohle vom
Kohlenstoß in den Förderwagen zu transportieren.
Wir sehen nämlich, datz die Rutsche in einen, auf
dem Gleise stehenden Förderwagen mündet.
1 m von der Kohlenrutsche seitlich entfernt in der
weiter zurückliegenden „Gasse" ist eine 2. Schüttel¬
rutsche aufgehängt. Diese ist jedoch nicht mit Kohle,
sondern mit Bergen gefüllt. Sie mündet direkt
auf die Sohle, wo bereits die Berge bis zum
Hangenden aufgeschichtet sind. Die Rückwand bildet
ebenfalls eine Bergemauer, die mit Maschen-
draht gegen ein Hereinbrechen gehalten wird. Das
Ganze zeigt uns sofort in einem klaren Bilde, datz
der durch das Gewinnen der Kohle entstandene
Hohlraum wieder durch Berge zugesetzt wird.
Gehen wir am Kohlenstoß und den Rutschen ent¬
lang weiter aufwärts, so gelangen wir in eine
2. horizontale Strecke, die sogenannte B e r ge¬
st r e ck e. Hier steht an einen Luftschlauch ange¬
schlossen ein großer Motor. Wir hören, datz es
der Antriebsmotor für das V e r g e b a n d ist. Wir
erblicken über laufende Rollen gelagert ein 0,66 m
breites Gummiband. Das Band ist in sich durch
Scharniere geschlossen und läuft über die Motor-
Trommel und fördert die Berge in die Bergerutsche.
Am Ende der Bergestrecke gelangen wir in den
Bergebremsberg. Hier sehen wir einen
zweiten Vandmotor, der ein zweites Band in
Betrieb setzt und die Berge aus der Kohlenstrecke
aufwärts bis zu dem erstgenannten horizontalen
„— söhligen Band —", in der Bergestrecke trans¬
portiert. Der Bergebremsberg steht auf beiden
Seiten „—Stößen—" in Holzpfeilern,' die auf¬
gesetzten Türstockzimmerungen sind durch Spitz¬
polygon gegen Seiten- und Firstendruck verstrebt.
Wir gehen durch den Bremsberg abwärts und ge¬
langen wieder in die Kohlenstrecke. Hier ist ein
sogenannter Hochkipper in Betrieb. Die Berge¬
wagen werden in den Hochkipper eingeschoben,
mittels Preßluft hochgehoben, und die Berge werden
so auf das Bergeband gestürzt, um alsdann selbst¬
tätig über die beiden Vergebänder in die Schüttel¬
rutsche und zuletzt in den Bergeversatz zu gelangen.
Neben der 100 mm Rohrleitung für die
Preßluft zur Bedienung der Motore erblicken
wir an dem Ausbau befestigt, eine 20 mm starke
Leitung. Es ist dies die Wasserleitung zum
Berieseln des Stotzes und der Strecken zur Un¬
schädlichmachung des Kohlenstaubes.
Auf einem Schilde in der Strecke lesen wir
„ S t a u b z 0 n e ". Es wird uns erklärt, datz auf
den leicht umkippenden Brettern über unseren
Köpfen Ge st ein staub gelagert ist. Bei einer
Explosion fallen durch die der Explosionsflamme
vorausgehende Lufterschütterung die Bretter um,
und der herabfallende Gesteinstaub bildet eine dichte
Staubwolke in der Strecke,' durch diese wird die
Fortpflanzung des Explosionsfeuers verhindert.
Wir hatten so Gelegenheit, zu sehen, wie Wissen¬
schaft und Technik sich vereint bemühen, die großen
Gefahren, die den unterirdischen Bergbau noch
immer bedrohen, systematisch und mit Erfolg zu
bekämpfen und die schwere Arbeit des Bergmannes
zu erleichtern.