Full text: 60.1932 (0060)

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Hinter Neptun, der als 8. der großen Planeten 
erst 1846 entdeckt wurde und dann lange Jahre 
hindurch als der äußerste Wandelstern unseres 
Sonnensystems galt, hat man neuerdings noch einen 
weiteren gefunden, der den Namen Pluto erhielt. 
Seine Entdeckung erfolgte im Jahre 1928. 
Im letzten Jahre ist es dem Wiener Astronomen 
Kasimir Graff gelungen, den neuentdeckten Planeten 
Pluto zu beobachten und dessen Helligkeit auf photo¬ 
elektrischem Wege zu bestimmen. Da die Bahn des 
Planeten in ihren wichtigsten Elementen bekannt 
ist und auch seine Entfernung, so läßt sich ein Rück¬ 
schluß auf die Größe des Planeten ziehen. Der 
Grundgedanke, der bei einer solchen Berechnung in 
Betracht kommt, gleicht den Erwägungen eines 
Wanderers in der Nacht, der in einiger Entfernung 
zwei Lichter sieht, die gleich hell leuchten. Er weiß, 
daß eines der beiden Lichter von einer Kerze stammt, 
das andere aber von dem Reflektor eines Leucht¬ 
turms. Da die beiden gleich schwach erscheinen, so 
ist es ihm klar. daß der Leuchtturm in einer ungleich 
größeren Entfernung sich befinden muffe als die 
Kerze. Ist ihm aber die Entfernung der beiden 
Lichter bekannt, so kann er daraus wieder umgekehrt 
schließen, daß das nähere Licht von einer schwachen 
Lichtquelle, etwa von einer Kerze, das fernere von 
einer sehr starken, etwa von einem Leuchtturmschein¬ 
werfer herrühren müffe. 
Das Ergebnis der Helligkeitsmessung des Pluto 
kam vielfach überraschend. Es stellt sich nun heraus, 
daß diese fernste Geschwisterwelt unserer Erde ein 
bedeutend kleinerer Wandelstern ist als unsere 
Planetenheimat. Pluto dürfte ungefähr die Größe 
des Mars erreichen. Sechs bis sieben Weltkugeln 
wie der Pluto fänden Platz im Innern des Erd¬ 
balles. Diese Erkenntnis wirft eine bereits ge¬ 
sicherte frühere Anschauung über den Haufen, die 
nicht Pluto selbst, sondern unser ganzes Sonnen¬ 
reich betrifft. Bis nun glaubte man, daß die 
inneren Planeten, das heißt die sonnennahen Welten 
Merkur, Venus, Erde und Mars, eine kleinere Fa¬ 
milie von zwerghaften, schweren Planeten bilden, 
der die Familie der äußeren Planeten, wie Jupiter, 
Saturn, Uranus und Neptun, als eine Sippe von 
Giganten aus leichtem Stoff gegenüberstehen. Man 
war der Überzeugung, daß dieser äußeren Planeten¬ 
reihe nur Riesen angehören können, von denen selbst 
die kleineren, wie etwa Uranus, noch immer eine 
neunundsechzigmal größere Kugel sind als unsere 
Erde. Nun straft die Entdeckung des Pluto diese 
Auffassung Lügen. Der äußerste Planet ist von 
ebenso zwerghafter Statur wie etwa Mars oder 
Merkur und weicht von den Erößendimensionen der 
Titanen, wie Jupiter und Saturn, so gründlich 
wie möglich ab. 
Die Tatsache, daß Pluto ein Planet von ge¬ 
ringem Umfang ist, erlaubt zugleich die weitere 
Folgerung, die darin gipfelt, daß die Oberfläche 
dieser Welt eine einzige Wüste, ein Schauplatz un- 
ausdenklicher Kälte und phantastisch niedriger Tem¬ 
peraturen sein muß. Wäre Pluto so groß wie 
etwa Neptun und Uranus oder gar wie Saturn 
oder Jupiter, so ließe sich annehmen, daß seine 
Maffe noch immer nicht ganz abgekühlt sei und daß 
der Mangel an Wärme, die die Sonne in jenen 
Entfernungen nur mehr sehr spärlich zu schenken 
vermag, vielleicht durch die Eigenwärme des Pla¬ 
neten selbst bis zu einem gewissen Grade behoben 
werde. Ein so kleiner Weltkörper jedoch, wie Pluto 
in Wirklichkeit ist. muß die Wärme längst verloren 
haben und bleibt dem Einbruch der Weltraumkälte 
preisgegeben. Zur Kälte gesellt sich die Finsternis', 
in jenen äußersten Regionen des Sonnenreichs ist 
das Licht der Sonne fast zweitausendmal schwächer 
als auf der Erde. Die Sonne erscheint am Himmel 
des Pluto bloß als ein kleiner Stern. Allerdings 
ist dieser Stern sehr hell, noch immer etwa zwei- 
hundertmal Heller als der Vollmond in der irdischen 
Nacht. Wenn die Kugel des Pluto sich um die Achse 
drehen sollte — was durchaus nicht der Fall sein 
muß —, so besteht zwischen Tag und Nacht etwa 
der Unterschied wie auf der Erde zwischen dem Halb¬ 
dunkel der Abenddämmerung und der nächtlichen 
Finsternis. Lebewesen nach irdischem Schlag sind 
auf jenem für unsere Begriffe so ungastlichen 
Wandelstern sicher nicht zu vermuten. Ob sich dort 
Wesen, deren Lebensuhr nach anderen Gesetzen ab¬ 
läuft, ihres Daseins erfreun, bleibt freilich eine 
andere Frage. M. A. 
öptutf). 
Im Glück nicht stolz sein und im Leid nicht zagen, Das Rechte tun, am Schönen sich erfreuen, 
Das Unvermeidliche mit Würde tragen, Das Leben lieben und den Tod nicht scheuen, 
Und fest an Gott und bess're Zukunft glauben, 
Heißt leben, heißt dem Tod sein Bittres rauben. 
K. St reck fuß.
	        
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