Full text: 59.1931 (0059)

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(cs war aber kein Lands¬ 
mann, sondern ein Eng¬ 
länder), „wenn Ihr von 
Calais bis hierher ge¬ 
schwommen seid durch 
das Meer, so seid Ihr 
noch über den schwarze» 
Schwimmerin London". 
— „Ich gehe keinem aus 
dem Weg", sagte der 
Gaskonier. — „Wollt 
Ihr's mit ihm versuchen ", 
erwiderte derEugländer, 
„wenn ich hundert Louis¬ 
dor auf Euch setze?" Der 
Gaskonier sagte- „Mir 
an I" — Reiche Englän¬ 
der haben im Brauch, 
auf Leute, die sich in einer 
körperlichen Klmst her¬ 
vortun, große Summen 
untereinander zu ver¬ 
wetten; deswegen nahm 
der Engländer im Schiff 
den Gaskonier auf seine 
Kosten mit sich nach 
London und hielt ihrr 
gut zu mit Essen und 
Trinken, daß er bei 
guten Kräften bliebe. 
„Mylord", sagte er 
in London zu einem 
guten Freund, „ich habe 
einen Schwimmer mit¬ 
gebracht vom Meer. Gilts hundert Guineen; er 
schwimmt besser als euer Mohr?" Der gute Freund 
sagte: „Es gilt!" Den andern Tag erschienen beide 
mit ihren Schwimmern auf einem bestimmten Platz 
an dem Themfefluß, und viel hundert neugierige 
Menschen hatten sich versammelt und wetteten noch 
extra, der eine auf den Mohr, der andere auf den 
Gaskonier, 'einen Schilling, sechs Schilling: eine, 
zwei, fünf, zehn, zwanzig Guineen, und der Mohr 
schlug den Gaskonier nicht hoch an. Als sich aber 
beide schon ausgekleidet hatten, band sich der Gas¬ 
konier mit einem ledernen Riemen noch ein Kfftlein 
an den Leib und sagte nicht u arum, als wenn s so 
sein müßte. Der Mohr sagte: „Wie koiumt Ihr mir 
vor? Habt Ihr so etwas dem großen Springer ab 
gelernt, der Bleikugeln 
an die Füße binden 
muhte, wenn er einen 
Hasen fangen wollte, 
damit erden Hafen nicht 
übersprang?" Der Gas¬ 
konier öffnete das Kist- 
lein und sagte: „Ich habe 
nur eine Flasche Wein 
darin, ein paar Knack¬ 
würste und ein Laiblein 
Brot. Ich wollte Euch 
eben fragen, wo ihr 
euere Lebensmittel habt. 
Denn ich schwimme jetzt 
geradewegs den Themse¬ 
fluß hinab in die Nord¬ 
see und durch den Kanal 
ins Atlantische Meer 
nach Cadix, und wenn's 
nach mir geht, so kehren 
wir unterwegs nirgends 
ein; denn bis Montag, 
als densechzehntm, muß 
ich wieder in Oleron 
sein. Aber in Cadix im 
Rößt in will ich morgen 
früh ein gutes Mittag¬ 
essen bestellen, daß es 
fertig ist, bis Ihr nach¬ 
kommt". _ 
Der geneigte Leser 
hätte kaum gedacht, daß 
er sich auf diese Art aus 
ker Affäre herausziehen würde. Aber der Mohr 
verlor Höien und S'hen. „Mit diesem Enterich", 
sagte er zu seinem Herrn, „kann ich nicht um die 
Welte schwimmen. Tut, was Ihr wollt", und kleidete 
sich wieder an. Also war die Wette zu Ende, und 
der Gaskonier bekam von seinem Engländer, der 
ihn ruitgebracht hatte, eine ansehnliche Belohnung, 
der Mohr aber wende von jedermann ausgelacht. 
Denn ob man wohl merken mochte, daß es von dem 
Franzosen nur Spiegelfechterei ar, so fand doch 
jedermann Vergnügen an dem kecken Einfall, und er 
wurde von allen, die auf ihn gewettet hatten, noch 
vier Wochen lang in allen Wirtshäusern lind Bier¬ 
kneipen frei ehalten und bekannte, daß er noch sein 
Le^en lang in feinem Wasser gewesen sei. 
Burg Eltz.
	        
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