Full text: 59.1931 (0059)

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Behörden nicht benutzt werden kann. — Ferner ist 
die Frau auf dem Gebiet der Staatsangehörigkeit 
noch in ihren Rechten beschränkt. Wenn z. B. eine 
deutsche Frau einen Ausländer heiratet, so verliert 
sie die eigene Staatsangehörigkeit und erwirbt die¬ 
jenige des Mannes; hieraus folgt, daß sie dann z. B. 
nicht mehr als deutsche Beamtin tätig sein kann. 
Außer den persönlichen Wirkungen der Ehe wer¬ 
den aber insbesondere die vermögensrecht¬ 
lichen Wirkungen einer Umgestaltung bedür¬ 
fen. Die Schlüsselgewalt der Frau ist das 
alte Recht, nach außenhin im Rahmen ihrer häus¬ 
lichen Tätigkeit Geschäfte mit Wirkung für und 
gegen den Mann abzuschließen. Nach jetzigem deut¬ 
schen Rechte kann der Mann diese Gewalt willkür¬ 
lich beschränken und entziehen; er kann dieselbe sogar 
erneut beseitigen, wenn das Vormundschaftsgericht 
die grundlose Entziehung aufgehoben hat. 
Im Familiengüterrecht müßte gleich¬ 
falls die Frau eine freiere Stellung beanspruchen 
können. Nach dem heutigen gesetzlichen Güterstande 
erhält der Mann die Verwaltung und 
Nutznießung des eingebrachten Frauen¬ 
guts, während die Frau nur ihr Vorbehalts- 
g u t selbständig verwalten darf. Die Frau kann 
also ihre Löhnung, ihr Gehalt oder ihren Verdienst 
während der Ehe" frei verwenden, weil der Arbeits¬ 
erwerb der Frau während der Ehe zum Bor- 
behaltsgut gehört. Dagegen wird der Erwerb vor 
der. Ehe „eingebrachtes Gut", das der Mann ver¬ 
waltet. 
Auch die Ehescheidung müßte im Wege der 
Reform bedeutend erleichtert werden. So kann und 
darf z. B. ein Interesse des Staates an der Aufrecht¬ 
erhaltung einer Ehe nicht mehr bestehen, wenn der 
eine Teil zu sehr unter dem Druck einer Zerrüttung 
der Ehe leidet. Während das deutsche Recht nun 
heute einen Scheidungsgrund nur in schuld¬ 
hafter Zerrüttung des ehelichen Lebens erblickt, 
sollte künftighin auch die unverschuldete Zer¬ 
rüttung einen Scheidungsgrund abgeben. Bisher 
waren ferner vor der Scheidung getroffene Verein¬ 
barungen über die vermögensrechtlichen Beziehungen 
der Ehegatten zueinander sowie über die Rechte an 
den Kindern ungültig, wohingegen man heute 
einführen will, daß solche Regelungen gerade vor 
der Scheidung getroffen werden sollen. Denn da¬ 
durch kann man unerträglichen Lebensverhältnifsen, 
wie sie noch häufig nach der Scheidung eintreten, 
vorbeugen. 
Im Auslande sind manche der besprochenen Ände¬ 
rungen bereits im Gebrauch. Es würde demnach 
zweckmäßig sein, bei einer Umgestaltung des deut¬ 
schen Eherechtes möglichst viele solcher für gut befun¬ 
denen Bestimmungen auch bei uns einzuführen, 
wenn erwiesen ist, daß dieselben sich bewährt haben 
und in den Rahmen der deutschen Verhältnisse 
hineinpassen. Denn es ist auch für den deutschen 
Gesetzgeber zu empfehlen, das Gute zu nehmen, wo 
er es findet. 
TI. Tie Haftung des Gastwirts für eingebrachte 
Sachen. 
Vielfach herrscht Unklarheit darüber, inwieweit der 
Gastwirt für die Sachen der von ihm zur Beherber¬ 
gung aufgenommenen Gäste im Falle von Diebstählen 
und dergleichen haftbar ist. Grundsätzlich ist die 
Haftpflicht des Wirtes durch das Gesetz 
festgelegt. Dieses bestimmt, daß der Gastwirt einem 
Gast den Schaden ersehen muß, den letzterer durch 
Verlust oder Beschädigung der von ihm eingebrachten 
Sachen erleidet. Hierunter fallen nicht nur Gegen¬ 
stände, die der Gast dem Wirt oder dessen Leuten 
übergibt, oder die er an einen ihm angewiesenen Ort 
bringt, sondern bei Fehlen besonderer Anweisungen 
auch Sachen, die sich an einem Ort befinden, der als 
zur Aufbewahrung der Sachen bestimmt anzusehen 
ist, wie z. B. Schränke, Kleiderständer usw. in den 
Gastzimmern. 
Gegenüber der Schadensersatzpflicht des Wirtes 
bestehen aber auch Pflichten des G a st e s, bei 
deren Verletzung der Gastwirt nicht haftbar ist. Ins¬ 
besondere darf der Gast, seine Familie oder Beglei¬ 
tung nicht dcH Schaden selbst verschuldet haben. Er 
muß also bei der Unterbringung seiner Sachen die 
notwendige Sorgfalt beobachten. Auch wenn infolge 
höherer Gewalt oder infolge der natürlichen Beschaf¬ 
fenheit der Gegenstände ein Schaden eintritt, ist der 
Gastwirt nicht ersatzpflichtig. Wenn in einer G a st - 
wirtschaft, etwa Anschläge angebracht sind, nach denen 
die Haftung ftir Garderobe usw. abgelehnt wird, so 
ist dies nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bedeu¬ 
tungslos und rechtlich unwirksam. 
Einer besonderen Regelung ist die Haftung 
.für Geld, Wertpapiere, Schmuck und 
sonstige Wertsachen unterworfen, insofern, 
als hierfür Schadensersatzansprüche höchstens bis zum 
Betrage von 1000 Mk. geltend gemacht werden kön¬ 
nen. Sind jedoch solche Wertsachen dem Gastwirt 
zur Aufbewahrung übergeben worden, 
so ist er unbegrenzt haftbar, wenn er weiß, 
daß es sich um wertvolle Sachen handelt. Das gleiche 
gilt auch, wenn er die Aufbewahrung solcher Gegen¬ 
stände ablehnt. Ebenso besteht eine unbe¬ 
grenzte Ersatzpflicht, wenn der Wirt oder 
seine Leute den Schaden verschulden. 
Wenn ein Gast den Verlust oder die Beschädigung 
einer von ihm eingebrachten Sache feststellt, so hat 
er dem Gastwirt davon unverzüglich Anzeige 
zu machen, da s o n st der Anspruch auf Schadens¬ 
ersatz und die Haftpflicht erlischt, falls die 
Gegenstände nicht ausdrücklich dem Gastwirt zur Auf¬ 
bewahrung übergeben waren.
	        
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