Full text: 59.1931 (0059)

96 
in der „Meißnerischen und Ungerrischen Region" j 
sowie die „hohen Bergwerk int Schneeberg zu Ster¬ 
zingen", endlich war er 1537 als Leiter der metal¬ 
lurgischen Laboratorien in der Fucgerschen Berg¬ 
verwaltung in Billach, die dort im Lavanthal Gold 
zu schürfen hoffte, tätig. 
Bei diesen Reisen und während seiner Tätigkeit 
als Arzt und Alchimist — das Wort hat bei ihm 
nicht den zauberhaften Klang, wie sonst wohl in: 
Mittelalter, wie er selbst sagt: „Viele haben sich der 
Alchimev geäußert, sagen: es mach Silber und Gold: 
so ist doch solches hie'nicht das Fürnehmen, sondern 
allein die Bereitung zu traktieren, was Jugend und 
Kraft in der Arznei sei" — fand nun Paracelsus, 
und zwar als erster, den Begriff der „B e r g k r a n k- 
h e i t". G e o r g i u s A g r i c o l a, aus dessen 
Schrift « Oe re metallica » wir in den Kalendern 
1923, 1926 und 1928 verschiedene Abbildungen mit 
Würdigung seiner Bedeutung für die Geschichte des 
Bergbaues gebracht haben, kennt diesen Begriff noch 
nicht, ebensowenig kannten ihn andere, wie es aus 
der Vorrede des ersten Druckes „des Paracelsischen 
Buchs hervorgeht, dadiert „Dillingen 1567 durch 
Samuel Architectus (Zimmermann)" *), in der es 
heißt: „daß die alten Skribanten und Philosophen 
wie Plinins, Aristoteles, Galan und Avicena keine 
Abhandlung geschrieben hab«: von der Erz- bezw. 
Bergsucht oder dergl. Krankheiten, die doch so schwer 
und heftig sind, nimmt nüch Wunder. Dies zeigt, 
daß sie von der Alchimie und von der Art und Wir¬ 
kungsweise der Metalle und Mineralia keine solche 
Erfahrung hatten, wie der hochgelehrte Mann und 
deutsche Philosoph Theophratus Paracelsus. Der 
Herausgeber erachtet es daher als sehr notwendig, 
diese Abhandlungen zu Nutz und Wohlfahrt in christ¬ 
licher Liebe zu veröffentlichen, damit einem jeden 
Kranken geholfen werden möge." — Paracelsus hat 
in der Tat in seiner Abhandlung: 
„Von der Bergsucht oder Bergkranck / heilen drey 
Bücher / inn dreizhen Tractat / Darinnen begryffen 
vom Ursprung ond / herkamen derselbigen Kranck- 
heiten /' sampt jhren warhafftigen / Persequatina ond 
Euren", 
die Berufskrankheiten der Berg- und Hüttcnleute 
zum ersten Male zusammenfassend dargestellt. Er hat 
im ersten Buche die „Geburt der gemeinen Lung- 
sücht", auch die „B e r g l u n g s u ch t" beschrieben, 
welche er auf die, in die Lunge eingeatmete „unter¬ 
irdische" Luft zurückführt: eine Krankheitserscheinung, 
welche wir in der Form der chronischen Bronchitis 
und der Staublunge auch heute noch vielfach beobach¬ 
ten können. Er kommt weiterhin im zweiten Buche 
eingehend auf die Giftwirkungen der beim Schmelzen 
der Erze entstehenden Dämpfe zu sprechen, wobei er 
den Unterschied aufweist zwischen der akuten und der 
chronischen Vergiftung: er deutet einige wesentliche 
Symptome an und bringt auch Angaben über Haut- 
leiden bei Salzarbeitern. Endlich im dritten Buche 
beschäftigt er sich mit den durch das Quecksilber her¬ 
vorgerufenen Krankheiten. Er legt großen Wert auf 
vorbeugende Maßnahmen sowohl im Betrieb selbst 
(also das, was wir heute „G e w e r b e h y g i e n e" 
nennen würden) als auch bei den Knappen und 
*) Also erst nach dem Tode des Paraceli'uS nach dem hinter¬ 
lassenen Manuskript gedruckt. 
Hüttenleuten, auf Diät und so weiter. Schließlich aber 
hat er erkannt, daß die erwähnten metallischen Gifte, 
Säuren und Alkalien aber nicht nur töten, sondern 
auch heilen können und gibt daher ein System ihrer 
Anwendnng als Heilmittel. Allerdings wurde gerade 
letzteres sehr bekämpft, besonders die Verwendung von 
Quecksilber- und Antimonpräparaten; z. B. durch 
eine 100 Jahre lang in Kraft gebliebene Verordnung 
des Pariser Parlaments von 1566 und eine gleich¬ 
artige der Universität Heidelberg. — 
Natürlich ist bei den Schriften des Paracelsus, der 
ja nur Erzgruben im Auge hat, weder von der 
Kohlenstaub-Gefährdung, noch auch von den Ver¬ 
giftungen durch Grubengase die Rede; machen wir 
daher einen Sprung um mehrere Jahrhunderte und 
kommen zu einem weiteren Jünger des Äskulap, der 
als ' „der Arznei- und Wundarznei-Doktor und 
adjungierter Bergarzt" Ende des 18. Jahrhunderts 
im Ruhrkohlengebiet seine Kunst ausübte. 
Im Kalender für 1929 haben wir in dem Aufsatze: 
„Heilkünstler und Kurpfuscher. Eine kulturhistorische 
Plauderei", des deutschen komischen Heldengedichts, 
der „Jobsiade", gedacht, der Darstellung von „Leben, 
Meinungen und Taten von Hieroninms Jobs, dem 
Kandidaten". 
In dem zweiten Teil heißt es bei der Schilderung 
der segensreichen Tätigkeit des Pfarrers Jobs: 
„auch Kortums Gesundheitsbüchlein für Bergleirte, 
Verteilte er, sowohl gestern als heute...". 
Mit diesen Reimen gedenkt der Dichter Kortum 
seines Sohnes, der selber gleich ihm Arzt zu Bochum 
war. Aus dessen weitverbreitetem „G e s u n d - 
heitsbüchlein für Bergleute, Dort- 
m und 1798", das sich allseitiger Beliebtheit er¬ 
freute, wollen wir hier noch einiges zitieren. 
Kortum meint: 
„Das größte Gliick des Menschen besteht in Tugend 
und Gesundheit, weil diese beiden allen Erdengütern 
vorzuziehen _ sind. Denn wer tugendhaft ist, das 
heißt: wer seine Pflichten gegen Gott, gegen andere 
Menschen und gegen sich selbst immer so genau, als 
möglich ist, erfüllt, der wird von allen Rechtschaffenen 
geliebt und hat stets ein vergnügtes Herz, selbst wenn 
ihm im Aeußern viele Sachen mangeln; und wer 
gesund ist, der kann alle nötigen Verrichtungen des 
Körpers mit Leichtigkeit und Beständigkeit leisten, 
ohne dabei Schmerzen oder etwas Widriges zu emp¬ 
finden; er ist folglich im Stande, in seinem Berufe 
sich die nötigen Bedürfnisse zu erwerben, ohne an¬ 
dern lästig zu sein." 
Er lehrt dann gleich Paracelsus: 
„So gibt es auch besondere Stände und Hand¬ 
werke, welche eigene Krankheiten haben, die bei 
andern Ständen und Handwerken nicht so oft vor¬ 
kommen. - Die Vornehmen, die Gelehrten, die sitzen¬ 
den Künstler, die Soldaten, die Ackersleute, die 
Schiffer, Müller, usw. haben alle ihre eigenen 
Krankheiten, welche aus der besonderen und eigenen 
Lebensart derselben entstehen. 
Auch die Bergleute sind nicht allein oft den 
Krankheiten überhaupt ausgesetzt, sondern sie haben 
auch viele eigene Krankheiten, welche bei anderen 
Menschen nicht so oft bemerkt werden. Es kanü zwar 
auch ein Bergmann eben die Krankheiten bekommen, 
welche bei anderen Menschen möglich sind, aber seine 
Bergarbeit setzt ihn besonders mancherlei Krank¬
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.