Full text: 59.1931 (0059)

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S e ch st e r Auf 1 rit t. 
Wachtel und Zeisig. 
Wachtel. Vortrefflich, Herr Bruder! er geht in 
die Falle 
Heut abend noch ist das Mädchen dein. 
Ich lade hiermit mich zum Hochzeitsballe 
lind zur ersten Kindtaufe bei euch ein. 
Zeisig. So sei es! Ach, Freund, wie soll ich dir 
danken? 
Ich hatte mir's kaum im Traume gedacht. 
Meine Freude kennt keine Schranken, 
Tu hast zwei Menschen glücklich gemacht. 
Wachtel. Nun, so was verlohnt sich schon der Mühe. 
Jetzt aber komm in den Weitzen Schwan! 
Ta entdecke ich dir ohne lange Brühe 
Mit wenig Worten den ganzen Plan. 
Meines Schwiegervaters mutige Schimmel 
Spannt unterdessen der Hausknecht an; 
Das Mädel im Arm, im Herzen den Himmel, 
Geht's pfeilschnell dann zum Freund Kaplan, 
Ihr gebt euch die Hände vor dem Altare, 
Er spricht den Segen über euch aus 
Und bald, nach kaum vollendetem Jahre, 
Fliegt euch der klappernde Storch ins Haus. 
Zeisig. Gott lohne dir deine Freundschaft! Ich habe 
'Nichts mehr für dich als ein dankbares Herz, 
Tas soll dir bleiben bis zu dem Grabe. 
Wachtel. Mach doch nicht so viel aus dem bloßen 
Scherz! 
Zeisig. Ich kann's kaum ertragen, dies volle Ent¬ 
zücken. 
Röschen wird frei, Röschen wird mein! 
Wachtel. Nur frisch und fröhlich! Der Spaß soll 
glücken 
Oder ich will selber ein Nachtwachter sein. 
Zeisig. So laß uns eilen! Ich kann's nicht er¬ 
warten, 
Es gilt ja das Höchste im Leben. 
Wachtel. Nur zu! 
Gott Amor mischt uns selber die Karten, 
Tu hast ihr Herz und ihr Herz ist Atout! (Ab.) 
Siebenter Auftritt. 
Schwalbe (in voller Nachtwächterrüstung, kommt 
aus seinem Hause und schließt die Tür 
hinter sich zu). 
Tas gibt heut abend ein herrliches Späßchen, 
Ein gutes Trinkgeld bleibt auch nicht aus! — 
Und dafür bring' ich dem lieben Bäschen 
Ein Stückchen vom besten Kuchen nach Haus. 
Tie Mamsell dort drüben wird sich wundern, 
Ich hab' schon die Leiter zurecht gelegt. 
Tas junge Volk muß man immer ermuntern, 
Wenn sich's nur mit Amt und Gewissen verträgt! 
(Es schlägt zehn Uhr.) 
Ta schlägt's! Nun muß ich mein Amt vollbringen. 
Bald bin ich um mein Viertel herum. 
Ich will recht zärtlich zum Hörne singen, 
Das nimmt mein Röschen gewiß nicht krumm. 
Das Lied werd' ich ein wenig modeln, 
Damit sich's auf mein Mädel paßt. 
Zuletzt fang' ich noch an zu jodeln, 
Und darauf ist sie nicht gefaßt. 
Komm' ich dann morgen früh zu Hause, 
Sinkt sie mir schweigend an den Hals, 
Und nichts unterbricht die schöne Pause 
Als der Wasserfall vom Tränensalz. 
(Er bläst.) 
Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen, 
Tie Glocke hat zehne geschlagen! 
Bewahrt das Feuer und das Licht, 
Daß niemandem Schade geschicht! 
(Er Bläst.) 
Mädel in der stillen Kammer, 
Höre meine Reverenz! 
Schütze dich der Herr vor Jammer 
Und vor Krieg und Pestilenz! 
Lass' dich nicht in Sünden sterben, 
. Weder Seel' noch Leib verderben! 
(Er geht blasend ab; man hört ihn immer ferner 
und ferner.) 
Achter Auftritt. 
Wachtel und Zeisig, letzterer mit Blumenstöcken. 
Wachtel. Herr Bruder, hörst du die Schwalbe 
singen? 
Die deutet den Sommer deines Glücks. 
Der Wagen ist fertig, es muß gelingen, 
Nur mache zuletzt mir keinen Kicks! 
Zeisig. O sorge nicht! Zwar sagt mein Gewissen, 
Daß ich heut auf krummen Wegen bin. 
Wachtel. Ach, Larifari! bei ihren Küssen 
Schlägst du den Spuk dir bald aus dem Sinn. 
Zeisig. Der Schwalbe kommt! 
Wachtel. Nun, laß mich machen! 
Ich ziehe ein recht verliebtes Gesicht, 
Und platze ich heute nicht vor Lachen, 
So platz' ich in nteiuem Leben nicht. 
Neunter Auftritt. 
Die Vorigen. Schwalbe. 
Schwalbe (nachdem er an der Ecke noch einmal 
geblasen). 
Tas hätt' ich nun wieder einmal überstanden! 
Gesungen hab' ich wie 'ne Nachtigall! — 
Und Röschen hörte meinen Gesandten, 
Der stillen Seufzer harmonischen Knall. 
Sieh da, meine Herrn! 
Wachtel. Wir lassen nicht warten. 
Ich kenne des alten Webers Sohn. 
Die Blumen sind aus dem gräflichen Garten: 
Nicht wahr, die versprechen'viel Sensation? 
Schwalbe. Ach, exzellent! Das gibt eine Freude! 
Mamsellchen wird sicherlich dankbar sein. 
Wachtel. Meint Er? 
Schwalbe. Ei freilich! Solch artige Leute! 
Die Mädchen sind überall schlau und fein. 
Wachtel. Was aber wird der Papa dazu sagen, 
Wenn morgen der Garten vorm Fenster steht? 
Schwalbe. Ei, wer wird nach dem Alten fragen? 
Dem wird natürlich ein Naschen gedreht.
	        
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