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Ein alter Verwandter sie zu sich rief,
Er nennt sich Schwalbe, ist Ratsnachtwächter
Und wohnt hier nahe, in diesem Haus;
Der Schuft läßt die liebste der Evastöchter
Auch nicht eine Stunde allein heraus.
Das Mädchen ist mündig, hat frei zu Wahlen,
Doch will sie der Vetter durchaus zur Frau:
So bleibt denn kein Mittel, ich muß sie stehlen,
Und du sollst mir helfen, Bruder Schlau!
Wachtel. Bon Herzen gern! Jch^liebe dergleichen
Und hasse nichts als die nüchterne Tat;
Das rechte Glück muß man immer erschleichen,
Und zunl Gipfel führt nur ein krummer Pfad.
Zeisig. Ein Freund in der Nähe will uns kopu¬
lieren,
's har dann weiter keine Schwierigkeit:
Doch dürfen wir keine Zeit verlieren,
Denn alles verlieren wir mit der Zeit.
Wachtel. Weiß denn das Mädchen von deinen
Plänen?
Zeisig. Ich warf ihr heut ein Briefchen hinein.
Wie sie mich sah, da schwamm sie in Tränen.
Wachtel. Nun, die sollen bald getrocknet sein!
Vertraue mir! Ihre Antwort zu wissen,
Ist jetzt das Notwendigste.
Zeisig. Ganz recht.
Wachtel. Da werden wir rekognoszieren müssen
Und darauf versteh ich mich nicht schlecht.
Herrn Schwalbe kenn' ich. Nur frisch ans Fenster!
Die Mädchen sehen auch in der Nacht
Und erkennen bald dergleichen Gespenster.
Gewiß hat sie schon auf Mittel gedacht.
(Sie gehen zu dem Fenster, das erleuchtet ist.)
Zeisig. Da sitzt mein Röschen! Sie scheint zu
stricken.
Wachtel. Ei Wetter! das ist ein gar liebliches
Kind!
Zeisig. Herr Tobias Schwalbe dreht uns den
Rücken.
Wachtel. Gott sei Dank! so ist er für uns blind.
Zeisig. Jetzt blickt sie auf. Sie schien zu er¬
schrecken.
Wachtel. Nun, desto besser; sie hat dich erkannt.
Zeisig. Wir sollen uns doch lieber verstecken!
Wachtel. Ei, du bist toll? es geht ja scharmant.
Zeisig. Ich merk' es wohl, mir fehlt die Routine.
Wachtel. Ich will dir schon helfen. Jetzt aber
hübsch still!
Dein Mädchen macht so eine listige Miene.
Bei Gott! ich errate schon, was sie will.
Zeisig. Was denn?
Wachtel. Ei, wie sie ihn karessierte!
Der alte Narr wird abscheulich geneckt!
Sieh nur! Ohne daß er das mindeste spürte,
Hat sie ihm den Brief an den Zopf gesteckt.
Zeisig. Den Brief?
Wachtel. Ja, ja! O Weiber! Weiber!
Was geht über euch und eure List?
In einem Schaltjahr beschreiben drei Schreiber
Die Kniffe und Pfiffe nicht, die ihr wißt.
Zeisig. Sie winkt uns.
Wachtel. Nun gut! da gibt's was zu lachen.
(An Schwalbes Tür pochend.)
Herr Nachtwächter Schwalbe! auf ein Wort!
Zeisig. Was fällt dir ein?
Wachtel. Laß mich nur machen!
Das Spiel ist begonnen, jetzt mutig fort!
Fünfter Auftritt.
Die Vorigen. Schwalbe mit einem Briefe am Zopfe
aus dem Hause.
Wachtel (leise). Nun, Zeisig, den Vorteil wahr¬
genommen!
Schwalbe. Was steht zu Diensten, meine Herrn?
Wachtel (indem er von Zeisig den Brief bekommt,
welchen dieser Schwalben vom Zopfe
losgesteckt hat).
Wir haben da eben ein Briefchen bekontnten
Von lieber Hand und den läsen wir gern.
Nun kenn' ich aber von alten Zeiten
Herrn Schwalbe als ein fideles Subjekt. (Gibt ihm
Geld.)
Darum denk' ich, wird Er's nicht übel deuten
Und davon schweigen, was man Ihm entdeckt.
Schwalbe. O stumm wie das Grab! Dergleichen
Affären
Sind gerade mein eigentlich Element.
Wachtel. Nun gut, das übrige soll Er hören,
Wenn Er die Laterne angebrennt!
Schwalbe. Sogleich! (Geht ins Haus.)
Wachtel. Was meinst du, Bruder? versteh' ich die
Karten?
Das erste gelang uns, wir haben den Brief.
Zeisig. Ach, Wachtel, ich kann es kaum noch er¬
warten.
Nimm dich ja in acht! sonst geht es noch schief.
Wachtel. Sei ruhig! was kannst du denn mehr
verlangen?
Ich freu' mich wie auf einen Doktorschmaus.
Er ist nun einmal ins Netz gegangen
Und ich wette, er kommt nicht wieder heraus.
Schwalbe (aus dem Hause mit einer brennenden
Laterne).
Hier, meine Herrn!
Wachtel. So laß mich lesen!
Zeisig (leise). Um Gottes willen!
Wachtel. Was fällt dir ein?
Herr Schwalbe ist oft mein Vertrauter gewesen,
Er soll es auch heute abend sein.
Schwalbe. O sei'n Sie ohne Sorge, mein Herrchen!
Nicht wahr, Herr Wachtel? wir kennen uns, wir?
Wachtel. Nun also, was schreibt denn das kleine
Närrchen?
Herr Nachtwächter Schwalbe, leucht' Er mir!
Zeisig (leise). Du bist von Sinnen!
Wachtel (leise). Vergönn mir die Freude!
(Laut lesend.)
„Mein Karl, ich bin aus alles gefaßt.
Den Himmel beschwör' ich, daß er dich leite."