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Stengels Neubau des Residenzschlosfes in Saarbrücken. 
u d w i g, „von Gottes Gnaden Fürst von 
' Nassau, Graf zu Saarbrücken und Saarwer¬ 
den, Herr zu Lahr und Mahlberg, auch Wies¬ 
baden und Idstein, Maréchal de Camp der König¬ 
lich Französischen Armeen, Obrister der Regiucenter 
Nassau-Saarbrücken-Jnfanterie und Nassau-Saar- 
Iu*itrf'Cuirassiers *), des Königlich Französischen 
« pour le mérite militaire » — des Königlich 
Dänischen „Elephanten" — und des Churpfäl¬ 
zischen „St. Huberti" -Ordens — Ritter usw.", mit 
diesem pompösen Wortklingel suchte der letzte Fürst 
unseres Saarbrücker Heimatlandes bei seinen Unter¬ 
tanen Eindruck zu erwecken und eine Macht und 
Bedeutung vorzutäuschen, deren Grundlage in Wirk¬ 
lichkeit recht unbedeutend auch schon unter den 
Verhältnisseck vor den Jahren der großen Umwäl¬ 
zung war. Immerhin, er fand zunächst in unserem 
Ländchen manchen Bewunderer, und manchen Lob- 
redner auch unter fremden Besuchern. Kam doch bei 
diesen hinzu, daß seine Residenzstadt dank der tat¬ 
kräftigen Arbeit seines verstorbenen Vaters Wilhelm 
Heinrich und des Hofbaunleisters Stengel, um 
Goethe**) zu zitieren, zwar „klein und hügelig, aber 
durch den letzten Fürsten wohl ausgeziert, sogleich 
einen angenehmen Eindruck" machte; kam doch weiter 
hinzu der prächtige Eindruck des von Stengel neuer¬ 
bauten Schlußes und endlich nicht zuletzt die Bedeu¬ 
tung des fürstlichen Steinkohlenbergbaues und seiner 
*) Oder statt der « Cuirassiers » auch „Royal-Rassau-Husaren". 
**) Siehe auch Bergmannskalender 1926, Seite 65—68. 
Nebenbetriebe, womit man sich Fremden gegenüber 
natürlich hoch rühmte. Indes, das Wort unseres 
großen Dichters: „was du ererbt von deinen Vätern 
hast, erwirb es, um es zu besitzen!", dies Wort scheint 
wahrlich für den Fürsten Ludwig nicht gegolten zu 
haben. 
^ Als Wilhelm Heinrich nach einem von höchstem 
Streben erfüllten Leben die Augen schloß, als Lud¬ 
wig ihm' nachfolgte, da begrüßte den jungen Fürsten 
der allgemeine Jubel seiner Untertanen. Man er¬ 
hoffte von ihm eine Milderung der aus dem doch 
verhältnismäßig kleinen und schwachen Lande ruhen¬ 
den Lasten. — Gewiß, Wilhelm Heinrich 
war ein „Großer", aber auch manchmal ein u n b e - 
q u e m e r Herr gewesen. Er war eben kein 
„Hiesiger" gewesen und hatte aus seiner Heimat 
Nassau manch' neue Ideen mitgebracht. So hatte 
er die Stadt verschönert, aber diese Verschönerung 
war manchmal etwas gewaltsam vor sich ge¬ 
gangen ; so mancher Bürger halle ebenfalls Neu¬ 
bauten errichten müßen, obwohl ihm persöhnlich sein 
altes Haus noch lange Zeit gut genug gewesen wäre. 
Er hatte Handel und Industrie gefördert, aber man¬ 
chem Bürger wäre es lieber gewesen, es wäre ruhig 
im alten Trott weiter gegangen. Er hatte für die 
Verbesserung der Ber g w erkseinrichtungen, 
für die Gewinnung von Nebenprodukten, 
insbesondere für die Kokerei, die Ruß - und 
A l a u n f a b r i k usw. recht hohe Ausgaben gemacht, 
aber den B e r g m a n n s b a u e r n, die er zu
	        
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