Das also ist das heutige Rouen. Doch dürfen
wir darüber nicht feine historische Bedeutung in
der Geschichte Frankreichs vergessen, namentlich
auch seine Rolle in jenem Krieg der 100 Jahre,
in den Kämpfen zwischen Engländern und Fran¬
zosen um die Herrschaft auf dem Festlande, in
welchem Rouen zum
Schauplatz des Pro¬
zesses und des Todes
der Jeanne d'Arc
wurde.
Von unseren ande¬
ren Bildern gibt uns
Iumiég es einen
Begriff von jenen
reichen Abteien, die
im frühen Mittelal¬
ter hier emporblüh-
ten. Es wurde schon
im 7. Jahrhundert
von dem hl. Phili¬
bert gegründet, aber
im 9. Jahrhundert
von den Norman¬
nen bei einem ihrer
Einfälle zerstört. Ein
Jahrhundert später
ließ der jetzige nor-
männische Herzog
des Landes, Wil¬
helm, zubenannt
„mit dem langen
Schwert" sie wieder
aufbauen. Nach der
Legende liegen hier
zwei Söhne Clod-
wigs II. begraben,
die wegen einer Em¬
pörung gegen ihre Mutter verstümmelt und auf
der Seine ausgesetzt, in Jumibges aufgenommen
worden waren, die sogenannten « Enervés de
Jumièges ». Von der im „normannischen" Stile
erbauten Abtei stehen heute noch imposante
Ruinen: Schiff, Chor und vor allem die Fassade
mit zwei 52 m hohen Türmen.
„L e Mes n i l" ist das typische Bild eines
normannischen Landguts. Denn die Normandie
ist ja bekanntlich ein fruchtbares Land — und
wer sie so recht zur guten Zeit besuchen will,
der muß im Frühjahrj hinkommen, wenn die
Apfelbäume blühen. Denn der Apfelbaum ist
der Baum, der diesem Lande der Frucht über¬
all seinen einheitlichen Stempel aufdrückt, und
demgemäß ist in diesem Lande der blonden, hoch¬
gewachsenen Normannen das Nationalgetränk
nicht der Wein oder das Bier, sondern der
„Cidre," der Apfelwein.
Das Departement O r n e trägt seinen Namen
nach dem in die Seine einmündenden Fluß.
Das ganze obere
Tal des 158 km.
langen Flußlaufs ist
felsig und trägt bei
den Touristen den
Namen der „norman¬
nischen Schweiz"^
Hier liegt das Schloß
Carrouge s, das
mit seinen Rundtür¬
men und (jetzt trok-
kenen) Graben fast
noch mehr an die
einstige Feudalher¬
renzeit erinnert als
Fontaine Hen¬
ri, an dessen Fen¬
stern man den spä¬
teren Renaissance-
ausbau erkennen
kann. Im übrigen
ist das Departement
seiner Viehzucht we¬
gen . berühmt, hier
liegt auch das weit¬
hin durch seinen fet¬
ten, viel nachgeahm¬
ten Weichkäse be¬
kannte Dorf Camem¬
bert.
Angrenzend gegen
Westen liegt das
heutige Departement Calvados mit seiner
Hauptstadt Caen. Den Namen „Calvados" hat
es von der 26 km langen Klippenkette zwischen
den Mündungen der Orne und Dire.
Gehen wir weiter nach Westen, so finden wir
die vorspringende Halbinsel Cotentin. Hier liegt
(Hauptort des Departements La Manche) der
berühmte Kriegshafen Cherbourg. Hier
werden die normannischen Ufer, die vorher ent¬
weder sandigen Strand oder Steilküsten aus
Kreidefelsen zeigten, zu zerissenen und wilden Fels-
klippen; die Nachbarschaft der Bretagne kündet
sich an.
Dort, wo die steil nach Süden zurückfallende
Küste auf der Karte jäh wieder umbiegt nach