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Brücke bei Fort Archaumbault (Gemälde von Jacovleff).
Auch müssen alte schwache Frauen oft, um zu essen,
ihren Mund mit der Hand öffnen, und die
Sprache wird zu einem unartikulierten Lallen. —
Aber trotzdem haben die Frauen durchaus nicht den
Humor verloren; auch sie haben ihre Freuden, als da
sind: eine Pfeife rauchen, zahlreiche Kinder haben,
worauf sie stolz sind, und endlich den Tanz. Vor
allem finden sie selbst sich schön und so sind sie ganz
glücklich.
In Mogrum umfängt uns denn auch gleich der
„Tam-Tam" eines Festes. Auch in der Musik ist ein
neues Element, das wir noch nicht kennen. Es ist
das „Balaphon", ein Instrument ähnlich den: Xylo¬
phon mit hölzernen Stäbchen, die über eine als
Resonanzboden dienende Kalebasse befestigt sind. Das
ist ein von dem bisherigen „arabischen" ganz ab¬
weichender Klang.
Und noch etwas anderes zeigt, daß wir hier aus
der Einflußsphäre des Islam heraus sind: Die
Frauen der Sara gehen fast nackt und die Männer
ganz, wenn anders man nicht den Streifen Leo¬
pardenfell, der ihnen rückwärts herabbaumelt, eine
Bekleidung nennen will. Es sind Leute von Präch¬
tiger Statur; man sieht ihnen an, daß es treffliche
Krieger sind." —
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* *
Auf ihrem Weitermarsch vom Tschadsee nach Süden
nach dem Ubagi, dem Grenzfluß des belgischen Kongo,
kommt dann die Expedition an Fort Slrc^atn»
bault vorbei in das Gebiet der B a n' d a. Die
Landschaft hat allmählich ihren Charakter geändert;
an Stelle der Savanne trat immer mehr der Wald.
Die Ban'da waren bis in die neueste Zeit noch
Kannibalen. Noch 1903 oder 1904, so erzählte man,
sielen vier Weiße, Kaufleute, die den Negern ein Fest
gegeben, ihnen zum Opfer, wurden geschlachtet und
verspeist. „Sind die Ban'da immer noch Menschen¬
fresser?", kam die Frage. „Ich glaube wohl", lautete
die Antwort. Ztvar lasten sie sich dabei nicht mehr
erwischen. Auch ist der Weiße kein bequemes Wild¬
bret. „Das Tier ist sehr boshaft, es verteidigt sich,
wenn man's angreift." Aber es gibt noch genug
Schwarze, die spurlos verschwinden. Jedenfalls wer¬
den Sie bemerken, daß die Ban'da auch heute noch
ihre Zähne spitz zufeilen, was ihnen das Aussehen
eines menschenftestenden Kaimans gibt. Es ist ja
auch klar, daß eine Jahrhunderte alte, auf abergläu¬
bischen Vorstellungen beruhende Gewohnheit nicht auf
einen Schlag, und sei das Verbot noch so streng, zu
beseitigen ist." An sich sind die Ban'da recht intelli¬
gent. Die Automobile nannten sie „Tausendfüßler",
und einer von ihnen erklärte zum Ergötzen der
Reisenden seinen Freunden: der Anhängewagen sei
die „Frau" des großen Automobils, weil er, wie er
es von seinen Frauen gewohnt, die Lasten schleppen
müßte.
Weiter ging der Weg, bis daß man endlich, nach¬
dem man rund 10.000 lern durch die Sahara, den
Sudan, die Kolonien am Niger, am Tschadsee und
zwischen Schari und Ubanai zurückgelegt, Bangi, die
Hauptstadt der nach den beiden Flüsten genannten
Kolonie, einen Ort von etwa 20.000 Einwohnern,
erreichte. Es ist das Missionsaebiet der Väter vom
hl. Geist, die seit etwa 40 Jahren hier ihre ideale
Arbeit aufgenommen haben. Hier in Bangi ist der
Sitz eines apostolischen Vikars. Der jetzige Inhaber
dieser Würde ist seit 1906 hier. Er bewohnt ein
kleines stilles Häuschen, eine wahre Einsiedelei, hin¬
ten in dem klosterstillen Garten an der Kirche.
Als er hierher kam, mußte die Missionsstation noch
Tag und Nacht von Soldaten bewacht werden; mehr¬