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als die Gefahren, denen sie natürlicherweise ausgesetzt
sind. So stellten Pepe Ille und nach ihm Romero
sich dem Stiere mit gefesselten Füßen entgegen.
überhaupt hat die Kaltblütigkeit dieser Männer in
der dringendsten Gefahr etwas Wunderbares. Neulich
wurde z. B. ein Picador namens Franzisco Sevilla
von einem andalusischen Stier von wunderbarer Kraft
und Beweglichkeit zu Boden geworfen, und seinem
Pferde der Bauch aufgerissen. Und der Stier ließ
sich auch durch die Chulos nicht abziehen, sondern
war versessen auf den Mann, trat ihn mit Füßen
und gab ihm eine große Zahl von Hornstößen in die
Beine; aber als er bemerkte, daß dieselben zu gub
durch die mit Eisen besetzte Lederhose geschützt waren,
wandte er sich zurück und senkte den Kopf, um ihm
die Hörner in die Brust zu stoßen.
Da ergriff Sevilla, indem er sich mit einer ver¬
zweifelten Anstrengung erhob, mit einer Hand den
Stier am Ohr, und stieß ihm die Finger der anderen
in die Nasenlöcher, während er seinen Kopf unter dem
des Tieres fest angedrückt hielt. Vergeblich schüttelte ihn
der Stier, nahm ihn unter die Füße, stieß ihn gegen
die Erde. Niemals konnte er ihn dahin bringen, los¬
zulassen. Wir betrachteten mit Herzbeklemmung diesen
ungleichen Kampf.
Es war der Todeskampf eines Tapferen; man be¬
dauerte fast, daß er sich so in die Länge zog; man
konnte weder schreien, noch die Augen von dieser
furchtbaren Szene abwenden; sie dauerte fast zwei
Minuten.
Endlich ließ der Stier, von dem Mann in diesem
Kampfe Körper gegen Körper besiegt, ihn los, um die
Chulos zu verfolgen. Jedermann war gefaßt darauf,
den Sevilla auf den Armen aus der Umzäunung weg¬
getragen zu sehen.
Man hebt ihn auf; kaum aber ist er auf seinen
Füßen, als er einen Mantel ergreift, und trotz seiner
schweren Stiefel und seiner unbequemen Beinschienen
den Stier aufs neue anlocken will.
Man mußte ihm den Mantel entreißen, sonst hätte
er sich diesmal töten lassen. — Man führt ihm ein
Pferd herbei, er schwingt sich hinauf, kochend vor
Zorn, und greift den Stier in der Mitte des
Platzes an.
Ter Anprall dieser beiden starken Gegner war so
furchtbar, daß Pferd und Stier in die Knie sanken.
O! Wenn Sie die Vivas gehört hätten, wenn Sie
die wahnsinnige Freude gesehen hätten, diese Art
Trunkenheit der Menge, die so viel Mut und so viel
Glück sah, Sie hätten wie ich das Geschick des Sevilla
beneidet!
Der Mann ist unsterblich geworden in Madrid ...
Sergbau im Mittelalter.
Au unseren Siliern von Agricola.
PW
ereits im Kalender 1923 haben wir über den
Betrieb der Bergwerke im Mittelalter einen
eingehenden Aufsatz gebracht *). Wir können
uns daher heute, wo wir wiederum einige Bilder
bringen, die unsere Leser ohne Zweifel recht inter¬
essieren werden, darauf beschränken, dieselben kurz zu
erläutern, ohne auf die Verhältnisse der Bergknappen,
die Lage und die volkswirtschaftliche Bedeutung des
damaligen Bergbaues näher einzugehen.
Um w mehr "allerdings erscheint es uns angebracht,
einige Worte über den gelehrten Humanisten zu sagen,
dem wir diese wie so viele andere Bilder und die
eingehende technische Beschreibung der damals nicht
nur im Bergbau, sondern überhaupt in der ganzen
Metallindustrie üblichen Arbeitsmethoden verdanken.
Georg Bauer, der, wie bei den studierten
Leuten jener Zeit üblich, seinen schlichten deutschen
Namen in die Sprache der Gelehrten, in diesem Falle
ins Lateinische, übertrug und sich A g r i c o l a
nannte, ist am 24. März 1494 zu Glauchau geboren.
Bereits in sehr jungen Jahren (1519 bis 22) war er
außerordentlicher Rektor der lateinischen Schule und
Lehrer des Griechischen in Zwickau, verließ diese Stadt
1522, ging zur Vervollständigung seines Wissens erst
nach Leipzig, unternahm zwei Jahre später eine Reise
nach Italien und machte dort sein medizinisches
*) S-ite 17 bis 21.
Doktorexamen. 1527 ist er dann Stadtphysikus in
Joachimsthal. Dieser Ort, von dem bekanntlich der
Ansdruck „Thaler" für die aus dortigem Silber ge¬
münzten Geldstücke herstammt, gab ihm so recht die
Möglichkeit, bei seinem Forschen nach vergessenen
mineralogischen Heilmitteln der Alten in einen engen
Verkehr mit Berg- und Hüttenleuten zu kommen, und
sein Forschungstrieb führte ihn immer stärker in die
Mineralogie wie in die Technik des Bergbaues
ein. Schon 1521 hatte er ein in Gesprächsform ge¬
haltenes Buch über den Bergbau vollendet.
Später wurde er Stadtphpsikus zu Chemnitz und nach¬
her auch dort zum Bürgermeister gewählt, ein Be¬
weis, welches Vertrauen die Bevölkerung zu seiner
Tüchtigkeit hatte. Doch, wie so manchem großen
Manne blieb auch ihm des Schicksals Bitterkeit nicht
erspart: in den wirren Zeiten der Glaubenskämpfe
wurde er 1552 abgesetzt, und von den neuen Macht¬
habern wurde, als er am 21. November 1555 starb,
der Leiche das Begräbnis zu Chemnitz verweigert, in¬
folgedessen sie in der Stiftskirche zu Zeitz ruht.
Um so höher ist trotz dieser widrigen Schicksals¬
schläge die wissenschaftliche Energie Agricolas einzu-
scyätzen, die bei seinem Tode eine lange Reihe von
Schriften über Mineralogie und Bergbau als Frucht
hinterließ. Von diesen ist das mit 292 Holz-
schnitten von Pantaleon versehene Buch
« ve re metallica » das berühmteste geworden. Zu