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Eine halbe Meile von dem Maquis entfernt, bewohnte Falcone ein Haus
„Und was wird der Papa sagen", fragte Fortunata
grinsend; „was wird er sagen, wenn er erfährt,
daß man in sein Haus eingedrungen ist, während er
fort war?"
„Tangenichts!" sagte der Adjutant Gamba und
nahm ihn Leim Ohr, „weißt du, daß es nur an mir
liegt, andere Saiten aufzuziehen? Vielleicht wirst du
reden, wenn man dir zwanzig mit dem flachen Säbel
aufzählt."
Aber Fortunato grinste nur weiter.
„Weißt du auch, kleiner Schlingel, daß ich dich nach
Corta oder Bastia wegführen kann? Dort laß ich
dich in eurem Kerker schlafen, auf Stroh, mit Ketten
an den Füßen, und ich laß dich köpfen, wenn du mir
nichts sagst, wo Gianetto Sanpiero ist."
Das Kind brach bei dieser lächerlichen Drohung in
ein Gelächter aus. Es widerholte: „Mein Vater ist
Mateo Falcone."
„Adjutant", sagte ganz leise einer der Voltigeure,
.„verderben wir's nicht mit dem Mateo!"
Gamba war augenscheinlich in Verlegenheit. Er
sprach mit gedämpfter Stimme zu seinen Soldaten,
die schon das ganze Haus durchsucht hatten. Es war
l das keine lange Arbeit, denn die Hütte eines Korsen
. besteht nur aus einem einzigen viereckigen Raum und
f das Mobiliar setzt sich aus einem Tisch, aus Bänken,
I; Truhen und Jagd- und Hausgeräten zusammen. Wäh¬
renddessen hatte der kleine Fortunato seine Katze ge¬
streichelt und schien sich boshaft über die Verwirrung
der Voltigeure und seines Vetters zu freuen.
Ein Soldat trat an den Heuhaufen heran. Er sah
die Katze und stieß nachlässig mit dem Bajonett in
das Heu, wobei er die Achseln zuckte, als ob er fühlte,
daß seine Vorsicht lächerlich wäre. Nichts rührte sich;
und das Gesicht des Kindes verriet nicht die geringste
Erregung.
Der Adjutant und seine Mannschaft wünschten sich
zum Teufel; schon sahen sie ernsthaft nach der Ebene
aus, als wären sie geneigt, dortyin zurückzukehren,
woher sie gekommen waren, als ihr Führer, überzeugt
davon, daß Drohungen keinerlei Eindruck aus den
Sohn Falcones machten, einen letzten Versuch anstellte,
indem er die Macht von Versprechungen und Ge¬
schenken zu erproben sich anschickte.
„Du, kleiner Vetter, du scheinst mir ein geweckter
Bursche zu sein! Du wirst's weit bringen. Aber du
spielst ein garstiges Spiel mit mir; und wenn ich nicht
scheute, meinem Vetter Mateo Ärger zu verursachen,
hol' mich der Teufel!, ich würde dich mit mir nehmen."
„Bah!"
„Aber, wenn mein Vetter zurück ist, werd' ich ihm
die Geschichte erzählen, und fiir deine Mühe, gelogen
zu haben, wird er dir bis aufs Blut die Rute geben."
„Das fragt sich!"
„Du sollst sehen ... aber, schau ... sei ein artiger
Junge, und ich werd' dir was schenken."