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Volksschulklassen können daher nicht so hoch sein,
wie sie für den beabsichtigten Schulwechsel sein
müßten. Und ein Kind, das demnach nach 4 Jahren
Volksschule in die nächste Volksschulklasse versetzt wird,
braucht darum noch nicht ohne weiteres den Anfor¬
derungen der Sexta gewachsen zu sein, in die es nach
den gesetzlichen Bestimmungen ohne Prüfung
aufgenommen werden muß. — Wenn sich die Eltern
nicht diese Dinge eingehend klar machen, dann
müssen solch' traurige Folgen eintreten,
wie wir sie beispielsweise im Schuljahr 25/26 bei den
höheren Schulen erlebten: überfüllte Klassen, in denen
auch der beste Lehrer bei der 45 Minuten-Stunde
nicht jedem Schüler sich richtig widmen kann, mit
eine Anzahl von Schülern, die merken, daß sie nicht
mitkommen, wo möglich zu Hause deswegen von un¬
gerechten Vorwürfen gequält, lernunlustig, verdrossen
sind; Klassen, die schließlich, um das gesteckte Ziel
nur in etwa zu erreichen, über 25% ihrer
Schüler ausscheiden müssen! —
Das dürfen wir im Interesse unserer Kinder nicht
wollen. Denn nichts ist schlimmer fürs künftige Le¬
ben, als diese Halbheiten. Viel besser die vollständige
Volksschulbildung, zumal wenn später in Beruf noch
die Fortbildungsschule hinzukommt, als von Grund-
und höherer Schule nur die untere Hälfte, und
auch die noch unverdaut. — Und was von
den Jungen gilt, gilt auch von den Mädchen;
erade die so beliebte Laufbahn der Büroangestellten
edingt, wenn sie wirklich als „Kraft" anerkannt wer¬
den will, mehr als nur die Grundschule und einen
möglichst kurzen „kaufmännischen Kursus" — bedingt
gründliche Schulung und dann noch eine mehrere
Jahre dauernde Lehrzeit, sollen nicht unsere Kinder
in Überangebot untergehen. — Vor allem aber darf
bei unseren Mädchen eins nichts vergessen werden,
und steht deshalb gerade dieser Aufsatz unter der Über¬
schrift „Mutter und Kind": der doch in den meisten
Fällen gegebene endliche höchste weibliche Beruf: der
einer echten Hausmutter. —
Und nun noch eins, was man so häufig hört. Unser
Kind besucht eine höhere Schule; es hat gewisse
Schwierigkeiten, oder auch, es kommt eben mit: wie
soll ich thni helfen? — „Die fremde Sprache
kann ich nicht", sagt der Vater. — „Von der Gram¬
matik und der Rechenmethode verstehe ich nichts", sagt
die Mutter. — Nun zunächst gilt eins; stete Füh¬
lung mit dem Lehrer! — Nicht erst sich durchs Zeug¬
nis überraschen lassen. Und dann: trotzdem können
wir ihm helfen: indem wir es an Ordnung und
Sauberkeit, an Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit
und vor allem an aufmerksames Beobachten und folge¬
richtiges Denken gewöhnen. Indem wir ihm Zeit und
Ruhe lassen zu seinen Arbeiten; indem wir strenge
darauf hallen, daß der kindliche, in der Entwicklung
begriffene Körper die nötige Nachtruhe hat (nichts ist
für ihn verderblicher als zu wenig Schlaf!), indem
wir vor allem unsere freie Zeit ihm widmen.
Kein Sonntagsausflug ohne unsere Kinder, das muß
uns oberstes Gesetz sein! — Allerdings kein Ausflug,
bei dem wir mit unseren Bekannten daher¬
gehen, und die Kinder sich selbst über¬
lassen sind, der schließlich im Wirtshaus endet, son¬
dern bei dem wir nicht die Geduld ver¬
lieren, einzugehen auf jede kindliche
Frage. — Liebe Mutter, bedenke einmal, wieviel
kindliches Vertrauen du zerstören kannst, wenn
bn nur ein paarmal die ungeduldige Antwort gibst:
„Laß mich in Ruh. Frag' nicht so dumm!" — Und
nimm dir mal die Zeit, wenn dein Kind dir etwas
erzählen will, es eingehend erzählen zu lassen. Achte
nur darauf, daß es klarverständlich und zusammen¬
hängend spricht! — Und lies ihm vor oder laß dir
vorlesen! Der Bergmannskalender eignet sich vor¬
trefflich dazu. Und laß dir nachher erzählen, was es
von dem Vorgelesenen behalten hat. Ihr werdet
sehen, liebe Eltern, wie sein Geist dadurch geschult
wird und fähig, den Anforderungen der Schule nach¬
zukommen.
Fig. 1 bis 5 zu nebenstehendem Artikel: Das Werden der Lampe.