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„Federn" — Kamtnschirm.
(Photo: L'Illustration, Paris.)
Das Nest — Kaminschirm.
(Photo : L’Illustration, Paris.)
Moderne Runstschnnedearbeiten.
Werke von Edgar Brandt.
as Schmiedehandwerk hat von jeher zu
den bevorzugtesten und geschätztesten Berufen
der Menschen gezählt. Bei allen Völkern genoß
der kundige Verfertiger eisernen Geräts ein hohes
Ansehen. Wir wissen, daß in der klassischen Mytho¬
logie der hinkende Gott der Schmiedekunst, Hephaistos
(oder lateinisch Vulkan) die schönste der Göttinen als
Ehegemahl heimführte, ein Beweis, wie hoch und wert
seine Kunst geschätzt war bei Göttern und Menschen.
Von seinem mit kostbaren Schmiedearbeiten verzierten
Palast aber sagt Homer, er sei
„Sternenhell, unvergänglich, in strahlender Pracht vor
den Göttern,
Welchen aus Erz er selbst sich gebaut, der hinkende
Künstler".
Im germanischen Sagenschatz spielt der kunstsinnige
Schmied Wieland eine große Rolle, wobei hervorzu¬
heben ist, was die Hochschätzung der Menschheit be¬
sonders hervorrufen sollte: der treffliche Schmied
der Waffen ist gleichzeitig Schöpfer
köstlicher Geräte und Schmuck st ücke.
Und in der Tat, sobald dem bloßen Bedürfnis nach
Waffen genügt war, fing auch schon der Mensch an,
nach Schmuck und schöner Form seines täglichen Geräts
zu verlangen. Seit dem 10. Jahrhundert etwa kommen
die Erzeugnisse der Schmiedekunst für den Hausrat in
Betracht, im 11. Jahrhundert entwickelt sich bereits
ein eigener künstlerischer Stil. Aus dem 12. Jahrhun¬
dert stammen die ersten künstlerisch geschmiedeten Git¬
ter, Gitterschranken und eisernen durchbrochenen Tü¬
ren, wie wir sie u. a. an zwei alten Kulturstätten sehen
können, an der Kathedrale zu Paris und an der Braun¬
schweiger Türe der Residenz des berühmten Welfen,
Heinrich des Löwen, der nicht nur ein großer Kriegs¬
mann, sondern auch ein Fürst mit großen kulturellen
Interessen war. In den folgenden Jahrhunderten ent¬
wickelt sich eine Gotik des Eisens: Rosetten,
mit Buckeln belebte Kreuzblumen der Türbeschläge,
Gitter, Wand- und Kronleuchter, ja, ganze architek¬
tonische , Bauten, wie das berühmte «Chambre
ardente» im Kloster auf dem Nonnenberg bei Salz¬
burg, oder die „Brunnenlaube" vor der Kathedrale von
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