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Sankt Agrico, die violetten Mäntelchen der Chor¬
schule, dann der niedere Klerus, die päpstlichen
Soldaten in ihrer Parade-Uniform, die drei
Büßer-Brüderschaften, die wild aussehenden Ere¬
miten vom Berge Ventour mit dem kleinen Me߬
diener, der hinter ihnen hergeht und das Glöckchen
trägt, die Geißelbrüder, nackt bis zum Gürtel, die
prunkenden Sakristane in ihren Roben, alle, alle
bis zu den Weihwasserspendern und dem, der die
Lichter anzündet, und dem, der sie auslöscht...
es fehlte kein einziger... Ah! es war wirklich eine
de Vedene hatte in der Tat auch die sieghafte Hal¬
tung und den zerstreuten Blick der Männer, die
von Königinnen geliebt werden... Heute, an seinem
Ehrentage, hatte er, seinem Volke zu Ehren, seine
neapolitanische Kleidung mit einem rot ver¬
brämten provencalischen Wams vertauscht und
eine große Jbisfeder von der Camargue schwankte
auf seiner Kappe.
Bei seinem Eintritt grüßte der Erste Senfmacher
mit höflicher Geberde und wandte sich dann zu der
hohen Freitreppe, wo der Papst ihn erwartete, um
Laura, die Geliebte Petrarcas,
des größten lyrischen Dichters
Italiens.
Laura war in Avignon geboren
und begeisterte den Dichter zu den
schönsten Werten seinerDichtkunst.
weihevolle Feier! Glocken, Petarden, Sonne,
Musik und dazu immer das tolle Schlagen der
Tamburins, die da unten auf der Brücke von
Avignon zum Tanze aufspielten...
Als Vedene inmitten der Versammlung erschien,
bewirkte seine stattliche Haltung und sein treffliches
Aussehen ein leises, bewunderndes Geflüster. Er
war ein prächtiger Provençale, aber von der blon¬
den Art, mit langem, lockigem Haar und einem
Flaumbärtchen, wie aus Edelmetallspänen be¬
stehend, die vom Grabstichel seines Vaters, des
Goldbildhauers, abfielen. Es ging das Gerücht,
daß in diesem blonden Bärtchen die Finger der
Königin Johanna öfter gespielt hätten; und Sire
ihm die Insignien seiner Würde zu überreichen:
den Lössel aus gelbem Buchsbaumholz und das
safrangelbe Kleid. Das Maultier stand unten an
der Treppe; es war fertig gezäumt und bereit,
nach dem Weinberg aufzubrechen... Als er bei ihm
vorüberkam, hatte Tistet Vedene ein freundliches
Lächeln auf den Lippen. Er verweilte sich etwas
bei ihm und gab ihm zwei oder drei leichte,
freundschaftliche Klapse auf den Rücken, wobei er
nach dem Papste hinausschielte, ob dieser sein Ge¬
baren auch bemerkte. Die Stellung war günstig...
Das Maultier schickte sich zum Schlage an: —
Jetzt hast du ihn, Bandit! den ich sieben Jahre für
dich aufsparte.