Full text: 53.1925 (0053)

54 
Sankt Agrico, die violetten Mäntelchen der Chor¬ 
schule, dann der niedere Klerus, die päpstlichen 
Soldaten in ihrer Parade-Uniform, die drei 
Büßer-Brüderschaften, die wild aussehenden Ere¬ 
miten vom Berge Ventour mit dem kleinen Me߬ 
diener, der hinter ihnen hergeht und das Glöckchen 
trägt, die Geißelbrüder, nackt bis zum Gürtel, die 
prunkenden Sakristane in ihren Roben, alle, alle 
bis zu den Weihwasserspendern und dem, der die 
Lichter anzündet, und dem, der sie auslöscht... 
es fehlte kein einziger... Ah! es war wirklich eine 
de Vedene hatte in der Tat auch die sieghafte Hal¬ 
tung und den zerstreuten Blick der Männer, die 
von Königinnen geliebt werden... Heute, an seinem 
Ehrentage, hatte er, seinem Volke zu Ehren, seine 
neapolitanische Kleidung mit einem rot ver¬ 
brämten provencalischen Wams vertauscht und 
eine große Jbisfeder von der Camargue schwankte 
auf seiner Kappe. 
Bei seinem Eintritt grüßte der Erste Senfmacher 
mit höflicher Geberde und wandte sich dann zu der 
hohen Freitreppe, wo der Papst ihn erwartete, um 
Laura, die Geliebte Petrarcas, 
des größten lyrischen Dichters 
Italiens. 
Laura war in Avignon geboren 
und begeisterte den Dichter zu den 
schönsten Werten seinerDichtkunst. 
weihevolle Feier! Glocken, Petarden, Sonne, 
Musik und dazu immer das tolle Schlagen der 
Tamburins, die da unten auf der Brücke von 
Avignon zum Tanze aufspielten... 
Als Vedene inmitten der Versammlung erschien, 
bewirkte seine stattliche Haltung und sein treffliches 
Aussehen ein leises, bewunderndes Geflüster. Er 
war ein prächtiger Provençale, aber von der blon¬ 
den Art, mit langem, lockigem Haar und einem 
Flaumbärtchen, wie aus Edelmetallspänen be¬ 
stehend, die vom Grabstichel seines Vaters, des 
Goldbildhauers, abfielen. Es ging das Gerücht, 
daß in diesem blonden Bärtchen die Finger der 
Königin Johanna öfter gespielt hätten; und Sire 
ihm die Insignien seiner Würde zu überreichen: 
den Lössel aus gelbem Buchsbaumholz und das 
safrangelbe Kleid. Das Maultier stand unten an 
der Treppe; es war fertig gezäumt und bereit, 
nach dem Weinberg aufzubrechen... Als er bei ihm 
vorüberkam, hatte Tistet Vedene ein freundliches 
Lächeln auf den Lippen. Er verweilte sich etwas 
bei ihm und gab ihm zwei oder drei leichte, 
freundschaftliche Klapse auf den Rücken, wobei er 
nach dem Papste hinausschielte, ob dieser sein Ge¬ 
baren auch bemerkte. Die Stellung war günstig... 
Das Maultier schickte sich zum Schlage an: — 
Jetzt hast du ihn, Bandit! den ich sieben Jahre für 
dich aufsparte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.