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drale vollendet und ein¬
geweiht.
Die Glanzstücke, die
die Revolutionszeit
überlebt haben, sind
heute die Kirchenfenster
und die Portale aus
dem 13. Jahrhundert.
Etwas später, im
15. Jahrhundert, fügte
man den Chorabschlutz
an, eine herrliche Reihe
von 40 Gruppen, die
Szenen aus dem Leben
der Heiligen Jungfrau
und Christi darstellen.
Zur selben Zeit wurde
auch einer der Glocken¬
türme errichtet, der
durch seinen spätgoti¬
schen Stil (Flamboyant)
mit dem übrigen Teil
der Fassade, der im
Jahre 1145 fertigge¬
stellt ist, kontrastiert.
Notre Dame zu
Paris verdankt ihre
Entstehung Jean de
Chelles und seinen
Söhnen. Die Kathe¬
drale wurde 1163 be¬
gonnen; 1223 war das
große Portal fertigge¬
stellt. Die Vollendung
des Ganzen geschah an¬
fangs des 14. Jahrhun¬
derts. Die schöne sym¬
metrische Anordnung,
die Harmonie und die
Regelmäßigkeit aller
Formen, sowie der ma¬
jestätische Eindruck der
Fassade, bei der die
horizontalen Linien die
vertikale Wirkung mil¬
dern, lassen diese Kathe¬
drale als eines der
schönsten Kunstwerke
erscheinen.
Diese beiden Kathe¬
dralen mit dem Namen
Notre Dame haben nach
ihrer Vollendung man¬
chen Wandel durchge-
macht. Das feierliche
Gelübde Ludwigs XIII.
sollte nach dem Willen
des. Königs in der Ka¬
thedrale zu Paris er¬
füllt werden, was den
Anfang der „Verschöne¬
rungen" bildete. Es
Kathedrale zu Mantes.
Kathedrale „Notre Dame" zu Chartres.
wurden allerhand Än¬
derungen vorgenom¬
men; man bedeckte die
Säulen mit Stuckdeko¬
ration, man ersetzte die
prächtigen Kirchen¬
fenster durch lilienge¬
schmückte weiße Schei¬
ben und man zerstörte
die herrliche Empore,
alles Änderungen, die
erst Viollet le Duc spä¬
ter wieder verschwinden
ließ.
Die Kathedrale zu
Chartres verlor auch
ihre Empore, doch die
Kirchenfenster blieben
bestehen. Dagegen war
die Revolutionszeit be¬
sonders hart für diese
alte Kirche, in der
Heinrich IV. gekrönt
worden war. Ein
großer Teil ihrer Reich¬
tümer, ihre Manu¬
skripte, die Kleinodien
und zahlreiche Statuen,
wie die der Schwarzen
Jungfrau, die aus der
Druidenzeit stammre,
wurden auf dem Platz
vor der Kirche feierlich
verbrannt. 1793 wollte
man auch die Kirche
selbst zerstören; was sie
vom Untergang rettete,
war nur die Ungewi߬
heit, was mit dem Ma¬
terialhaufen geschehen
sollte.
Den reinsten gotischen
Stil hat nach Mottet le
Duc die Kathedrale zu
Amiens. Die Bauzeit
des gewaltigen Meister¬
werkes dauerte nur von
1220 bis 1250. Die Be¬
deutung dieser Kathe¬
drale liegt in ihren aus¬
gedehnten Größenver¬
hältnissen, in der Höhe
der Seitenschiffe und in
der bis dahin noch nie
gesehenen Vergrößerung
der Fenster, die dem
Langhaus eine - grosse
Lichtflut zuströmen
lassen. Die Bauleiter,
von denen der hauptsäch¬
lichste Robert de Lu-
zarches war, haben bei
diesem Werke der goti-