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Seit der denkwürdigen Stunde, da die an
die Krone Preußens abgetretenen Landesteile
durch den Landeskommissarius Oberappellations-
rat Matth. Simon in Besitz genommen und
dem Bezirke der neu errichteten Königlichen Re¬
gierung in Trier zugeteilt worden waren, haben
sich die wirtschastlichen, vor allem aber die
bergbaulichen Verhältnisse dort zu schönster
Blüte entwickelt. Für die Verwaltung der
Steinkohlengruben wurde am 8. Dezember
1815 eine Königliche Bergamtskvmmission
zu Saarbrücken errichtet. Mit dem 22. Sep¬
tember 1816 trat an die Stelle dieser Be¬
hörde das neu errichtete Königliche Bergamt
zu Saarbrücken, dessen Wirkungskreis, weit
über die Grenzen Saarbrückens hinausgehend,
noch den gesamten Privatbau und Hüttenbetrieb
der preußischen linksrheinischen Landesteile süd¬
lich der Mosel umfaßte.*)
Die preußische Verwaltung ließ es sich
in der Folge angelegen sein, den übernom¬
menen Steinkohlenbergbau nach besten
Kräften zu fördern.**) Dieses geschah im
wesentlichen zunächst dadurch, daß zugunsten
eines großzügigen Betriebs eine Menge kleinerer
Gruben nach und nach eingestellt wurden; neuere
Stollenanlagen zur tieferen Ausschließung der
Flöze wurden in Angriff genommen, Abbau und
Förderung erfuhren wesentliche Verbesserungen.
Mit dem erhöhten Absatz machte sich ganz von
selbst eine Verbesserung der Verkehrswege
notwendig. Die Landstraßen wurden ausgebaut,
neue Abfuhrwege angelegt, den Arbeiterver-
hältniffen wurde die gebührende Beachtung ge¬
schenkt und für die Wohlfahrt der Einwohner
wurde in jeder nur denkbaren Weise gesorgt.
Schon bald nach Übernahme der Saarlande
gab die preußische Regierung einen erfreulichen
Beweis ihrer Fürsorge. Die ungünstige Früh¬
jahrswitterung hatte eine erhebliche Teuerung
zur Folge gehabt. Um einem allgemeinen Not¬
stände vorzubeugen, ließ die Regierung gegen
10000 Scheffel Korn aus den Magazinen zu
halben Preisen verteilen. Zur Abhilfe der
dringendsten Not unter der Bevölkerung, die
noch immer unter den Nachwehen des Krieges
litt, diente auch in erster Reihe die im Jahre
1819 verfügte Abgabe der sogenannten „Be-
*) Stehe das Werk des Geheimen Bergrats A. Hatzlacher:
..Geschichtliche Entwickelung des Steinkohle,ibergbaus im Saar-
gebiet", dem wir verschiedene statistische Angaben entnommen
haben.
**) Wir verweisen auf den Aufsatz im vorliegenden Kalen¬
der: „Geh. Bergrat Sello. Eine Jahrhundert¬
erinnerung".
rechtigungskohlen" aus den königlichen Gruben
zum Preise von 4 Kreuzern für den Zentner.
Unausgesetzt ließ es sich die preußische
Bergbauverwaltung angelegen sein, die
Haupterwerbsquelle der Gegend, den Kohlen¬
absatz, zu verstärken und das Absatzgebiet zu
erweitern. Zu diesem Zwecke wurde mit Ge¬
schäftshäusern an der Saar und Mosel, wie in
Elsaß-Lothringen und im übrigen Frankreich,
neue Verbindungen angeknüpft und Kohlen¬
lieferungsverträge abgeschlossen. Der Erfolg
zeigte sich in überraschender Weise. Während
im Jahre 1813 die Kohlenförderung der sämt¬
lichen unter französischer Staatsverwaltung be¬
findlich gewesenen Gruben bei einer Belegschaft
von 697 Mann 55 567 Fuder betragen hatte,
ergab das Jahr 1816 bereits allein auf den
landesherrlich-preußischen Gruben bei 917 Mann
Belegschaft eine Förderung von 66 88O Fudern
(2 006 394 Zoll-Ztr.) mit einem Reinerträge von
58O00 Talern. Das Jahr 1825 wies 1038
Arbeiter und 92 588 Fuder (2 858 086 Ztr.)
mit einem Ertrage von 97 000 Talern auf, das
Jahr 1830 schon 1245 Arbeiter, 129 956 Fuder
(3999 248 Ztr.) und 158213 Talern Ertrag.
Von den bedeutenderen Gruben förderte die
Gerhard-Grube 1830 bereits gegen 3000O Fuder,
Sulzbach-Dudweiler 18818 Fuder, die neue
Königsgrube 9949 Fuder, die Privatgrube
Hostenbach gegen 13000 Fuder. Die Jahre
1830 bis 1850 zeigen eine im allgemeinen
stetige, vorübergehend nur durch das Notjahr
1847 und die Wirren des Jahres 1848 unter¬
brochene Zunahme der Förderung auf den könig¬
lichen Gruben von 129 956 Fudern (3 999 248
Ztr.) 1830, bis zu 384759 Fudern (11877114
Ztr.) 1850, daneben eine Vermehrung der
Arbeiterzahl von 1245 bis 4580 Mann und
eine Erhöhung des Jahresertrages von 158213
Talern bis zu 494 691 Talern.*)
Einen neuen, nie geahnten Aufschwung nahm
die Entwickelung des Saarbrücker Bergbaus
durch die Eröffnung der das Gruben¬
gebiet durchschneidenden Saarbrücker
Eisenbahn zu Ansang der 50er Jahre.
Es ist aus den ersten Blick klar, daß der Bau
von Eisenbahnen in Bergbaugegenden, bei denen
alles auf die Verkehrswege und leichtere Trans¬
portmittel ankommt, die allergrößten Umwäl¬
zungen hervorbringen mußte. Hunderte von
Millionen lagen hier als ungehobene Schätze
unter der Erde, welche der Ausbeutung harrten.
*) Hatzlacher, Geschichtliche Entwickelung des Steinkohlen¬
bergbaus im Saargebiete.