Full text: 43.1915 (0043)

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Von Hermann Müller-Bohn. 
Als Ernst Moritz Arndt im Jahre 1813 Geschicke und Ereignisse zwischen den mächtigen 
noch von den Schlachtfeldern Leipzigs aus seine und eroberungssüchtigen Franzosen und der 
bemhmte Flugschrift: „Der Rhein, Deutsch 
lands Strom, nicht Deutschlands Grenze" 
in die Welt hinausfliegen ließ, da hallte dieser 
flammende Mahnruf von einem Ende Deutsch¬ 
lands bis zum an¬ 
deren, da ging es 
wie ein Jauchzen 
durch Die deutsche 
Volksseele. Frei¬ 
lich, es gab in jener 
Stunde noch viel zu 
tun, ehe des alten 
„getreuen Eckart" 
Mahnruf zurWahr- 
heit werden sollte. 
Zwar der gewaltige 
Koiffe war geschla¬ 
gen, aber wie ein 
verwundeter Leu, 
der «och den größten 
Teil seiner Kraft be¬ 
halten, zog er sich 
zurück zu den Ufern 
des Rheins, ab und 
zu innehaltend und 
den nachfolgenden 
Gegnern die gewal¬ 
tige Pranke zeigend. 
Mer hinter ihm folg¬ 
te, stets drängend 
und wetternd, der 
alte „Marschall 
Vorwärts", das 
Urbild deutscher 
Kraft und deutscher 
Zähigkeit. Es war 
der Höhepunkt in 
Blüchers Leben, als er in der Neujahrsnacht 
1814 über den Rhein ging. Hell aus 
jauchzten seine Krieger, als sie den heiligen 
Strom erblickten. Zu groß war der Jubel, 
nach langer, langer Knechtschaft jenseits des 
Rheins den Fuß wieder aus deutsches Land zu 
setzen. 
Was hatten die Lande am Rhein nicht 
alles erlebt im Wechsel der Zeiten. Bei 
der Schwäche und Ohnmacht des alten Deutschen 
Reiches waren sie immer ein Spielball der 
Justus von Grüner, erster Generalgouverneur der Rheinlande 1814. 
schwankenden Politik der deutschen Reichsfürsten 
gewesen. Und dennoch war das Herz ihrer 
Bewohner treudeutsch gesinnt geblieben, hatte 
immer dem alten deutschen Vaterlande gegol¬ 
ten, auch in der 
schlimmsten Zeit der 
französischen Herr¬ 
schaft. Namentlich 
in den alten deut¬ 
schen Reichsstädten 
war die Anhäng¬ 
lichkeit an die alte 
deutsche Verfassung, 
so viele Mängel sie 
auch zeigte, so stark 
entwickelt, daß selbst 
mannigfache Vor¬ 
teile, die die fran¬ 
zösische Invasion 
gebracht, sie nicht 
von ihrer Anhäng¬ 
lichkeit abbringen 
konnte. 
Der Friede zu 
Luneville, 1801, der 
das gesamte Ge¬ 
biet links vom 
Rhein zu Frank¬ 
reich brachte, 
schien die letzten 
Hoffnungen der Be¬ 
wohner zu vernich¬ 
ten. Daß es so 
hatte kommen kön¬ 
nen, lag an der Zer¬ 
klüftung und Ohn¬ 
macht des alten 
schwachen deutschen Reiches, das noch zur Zeit 
dieses Friedens über 100 reichsunmittelbare 
Territorien zählte. 
Erst der Wiener Kongreß 1814 brachte eine 
vollständige Wandlung der Dinge. Nicht nur, 
daß die alten rheinischen Lande Geldern, Mörs 
und ein Teil von Kleve, welche schon seit 1609 
zu diesem Reiche gehört hatten, an Preußen 
zurückfielen, es erhielt außerdem zu dauernden, 
Besitz eine Reihe blühender Gebiete zu beiden 
Ufern des Rheins, die Herzogtümer Jülich und
	        
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