Full text: 41.1913 (0041)

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'Rußfabrikation in den Saarbrücker Landen dem Hof¬ 
kammerrat Heuß. Im nächsten Jahre wurde diesem 
auch gestaltet, Pech-, Harz-, Öl-, Spiritus-, Wagen¬ 
schmier- und Schiffsteerfabriken anzulegen. Zu diesem 
Zwecke überließ der Fürst an Heuß einige Gruben gegen 
eine Gesamtpacht von 8000 fl. nebst einem Fuder 
Brennöl. In diesem Vertrage wird bereits der Mög¬ 
lichkeit gedacht, die ausgezogenen Kohlen zum Schmelzen 
der Eisenerze zu verwenden. Heuß, der als ein sehr- 
geschickter, aber nicht gerade redlicher Mann geschildert 
wird, vermochte zwar seinen Verbindlichkeiten nicht 
nachzukommen und geriet in Konkurs, sodaß die Herr¬ 
schaft seine Fabriken übernehmen mußte,l) aber seine 
Versuche mit den ausgelaugten Steinkohlen setzte 
er unermüdlich fort. Er wollte ein Werk schaffen, 
„so in keinem Lande noch erfunden worden ist“. Und 
wirklich kam man endlich im Jahre 1766 zu einem 
günstigen Ergebnis. Das "S t e i n k o h l e n e i s e N" 
erreichte allerdings nicht die Güte des Holzkohleneisens, 
doch fanden diese Versuche, für die der Fürst sich selbst 
lebhaft interessierte, vielseitige Beachtung und sie sind 
in der Tat für die Geschichte des Eisenhültenwesens 
von großer Bedeutung.Z Dem Fürsten kosteten diese 
Proben an 20 000 Gulden. 
Der Unternehmungsgeist Wilhelm Heinrichs betätigte 
sich weiter in verschiedenen Neuanlagen. Im Sulzdach¬ 
tale entstand schon in den vierziger Jahren an der 
Stelle, wo heute Jägersfreude liegt, ein "Platin¬ 
werk", in dem man Eisenrohschienen walzte und zu 
Schwarzblech aushämmerte, woher dann das Werk 
"der B l e ch h a m m e r» genannt wurde. Später 
wurde der Hammer in ein Stahlwerk verwandelt. 
Zum Vau eines größeren Stahlwerks schloß Wilhelm 
Heinrich 1751 mit dem Industriellen Pierre Gouvp, 
der die Hüttenwerke zu Dillingen und Bettingen besaß, 
einen Vertrag auf 30 Jahre. Gouop mit seinen Teil¬ 
habern Pierron und Quien erhielt die Erlaubnis, 
Hüttenwerke und Hämmer, so viel und wo sie für nötig 
erachtet würden, anzulegen. Das erforderliche Bau- 
und Brennholz und ein Kohlenbergwerk, das sie auf 
ihre Kosten zu erschließen und auszubauen hatten, wurde 
ihnen überlassen. Für jedes Werk sollten sie jährlich 
600 Livres an die Finanzkammer und einmal 200 
Louisdors an das fürstliche Kabinett zahlen. Gouvp 
wählte als Platz für das neue Stahlwerk das Tal des 
Scheidter Baches und benannte den Ort nach der 
belgischen Heimat seiner Familie Goffontaine. 
Nicht weit von Goffontaine, am H a l b e r g, ivo 
schon in alter Zeit eine Eisenschmelze bestanden hatte, 
wurde 1756 ein Schmelz- und Hammerwerk mit einem 
Kostenaufwand von 25 000 Gulden erbaut und anfangs 
auf herrschaftliche Rechnung betrieben, dann aber an 
die Gebrüder Salomon und Samuel Alexander aus 
Buchsweiler für 2250 fl. in Pacht gegeben. Aus dem 
Pachtvertrag von 1767 ist bemerkenswert, daß die 
Schmelze nicht mit Holzkohlen, sondern mit Steinkohlen 
betrieben werden sollte. Die nötigen Erze durften in 
emem bestimmten Bezirk gegen Entschädigung des Grund¬ 
eigentümers gegraben werden. 
Ebenfalls wurde im Scheidter Tale 1759 der 
Rentrischer Hammer erbaut, der von der Pächterin 
des St. Jngberter Eisenwerkes, der Witwe Katharine 
Loth, gegen eine jährliche Pacht von 400 fl. betrieben 
l) Die Einfuhr von Harz, Pech und Wagenschmiere wurde 
deshalb 1763 verboten. 
st Die Versuche sind in den zwanziger Jahren in Geislautern 
wiederholt worden, doch erfolgte die allgemeine Einführung des 
.Koksbetriebs erst nach 1848. 
wurde. Das Werk, welches bis 1910 bestanden hat, 
wurde daher „L o t l e n h a m m e r“ genannt. Für das 
gewonnene Roheisen suchte man mannigfache Verwer¬ 
tung. 1766 entstand das Sensenwerk am Schanzen¬ 
berg und kurz nach dem Tode des Fürsten der Draht¬ 
zug am Walkmühlenweiher, den die Hüttenpächter 
Gebrüder Beer und Komp, nach einem am 12. Januar 
1768 abgeschlossenen Vertrag erbauten. 
Auch der Glasindustrie wandte Wilhelm 
Heinrich seine 'Aufmerksamkeit zu. Diese Industrie war 
von den Grafen in dem Bestreben, die reichen Holz¬ 
bestände der Saarbrücker Wälder nutzbar zu machen, 
ails dem benachbarten Lothringen eingeführt worden. 
Die älteste Saarbrücker Glashütte war unter der 
Regierung des Grafen Ludwig im Jahre 1618 durch 
einen Franzosen Daniel de Conde im Warndtwalde an¬ 
gelegt worden und hatte nach dem Sohne des Grafen 
den Namen Wilhelmsbrunn (bei Kreuzwald) 
erhalten. Um das Jahr 1660 legte Graf Gustav Adolf eine 
neue Glashütte an, die nach seiner Gemahlin Eleonore 
Klara den Namen Klarenthal erhielt. 1707 wurde 
eine Glashütte „auf der L a u t e r b a ch“ errichtet, 
einige Jahre später unter Graf Karl Ludwig die Hütte 
in K a r 1 s b r u n n, 1728 durch Graf Friedrich Ludwig 
am Fuße des Bildstocks Die Glashütte Friedrichs- 
lhal durch die überrheinischen Glasmeffter Eberhard 
und W e n tz e l, die 1728 zur Schonung des Waldbe¬ 
standes in das Fischbachtal bei Nußhütte verlegt worden 
war. Durch Fürst Wilhelm Heinrich wurde 1747 die 
Glashütte von dem Fischbach nach Friedrichsthal 
zurückverlegt und den Beständern eine Kohlengrube im 
nahen A l r e n w a l d zur Benutzung zugewiesen. Zu¬ 
dem erhielten sie das alleinige Recht des Aschenauf¬ 
kaufs in der Grafschaft Saarbrücken und für die Aus¬ 
fuhr ihrer Glaswaren, die besonders zu Schiff nach 
olland gingen, sowie für die Einfuhr von Rohstoffen 
ollfreiheit zugesichert. Die Pacht betrug 450 fl. jähr¬ 
lich. 1750 wurde die Erlaubnis gegeben, einen zweiten 
Glasofen anzulegen. Wahrscheinlich in den 60er Jahren 
entstand die Glashütte in G e r s w e i l e r. *) Aber 
damit war die Reihe der industriellen Unternehmungen 
des Fürsten noch nicht zu Ende. Zur besseren Aus¬ 
beutung des Alaunschiefers am brennenden Berge baute 
er 1765 ein neues Alaun- und Farbenwerk, das 
21 000 fl. kostete und zusammen mit der älteren Alaun¬ 
hütte im Jahre 1767 846 Zentner Alaun fabrizierte 
und 4369 fl. einbrachte. Den Alaun benutzte man zur 
Darstellung von Farben und Salmiak. Da das unter¬ 
irdische Feuer von dem Orte, wo man den Alaunschiefer 
gewann, sich abgezogen hatte, so suchte man es durch 
einen Stollen an die geeignete Stelle zu leiten. Ja, 
man kam sogar auf den merkwürdigen Gedanken, der 
vorteilhaften Alaungewinnung wegen einen zweiten 
brennenden Berg künstlich anzulegen. Man setzte zu 
diesem Zwecke am Blockersberg bei Rußhütte das Aus¬ 
gehende eines 8 Fuß mächtigen Flözes in Brand; 
man kam aber, obwohl das Feuer sich Jahrzehnte lang 
erhielt, nicht zu dem gewünschten Ziele, weil die dortigen 
Schiefer zu arm an Alaun waren. Zur Verwertung 
der bei Ottweiler sich findenden guten Tonerde wurde 
dort eine Porzellanfabrik errichtet; freilich mußte man 
fremde Porzellanerde als Beisatz herbeischaffen. Aber 
obwohl der Fürst geschulte Porzellanmaler in Dienst 
nahm, war doch der Absatz gering und der Betrieb 
deshalb mit großen Kosten verbunden. Der Fürst 
0 Um dieselbe Zeit errichtete der Freiherr von Kerpen, Herr 
zu Illingen, eine Glashütte in Merchweiler.
	        
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