Selbst die Seidenzucht suchte der Fürst in seinem
Lande heimisch zu machen und empfahl die Anpflanzung
von Maulbeerbäumen, indem er ein im Auftrag der
kurpfälzischen Regierung erschienenes Merkchen, das
über diesen Gegenstand handelte, abdrucken und aus¬
teilen ließ, wobei er eine Belohnung für erfolgreichen
Seidenbau versprach.') Zur Aufmunterung und zum
Vorbild für die Untertanen dienten die fürstlichen Höfe
und Schweizereien, aus denen Musterwirtschaften unter¬
halten wurden.
Eme sehr nützliche Maßregel war tfie Anordnung
einer allgemeinen Landesvermessung und
Katastrierung der Güter, durch welche die Abgaben
geregelt und das Eigentum sichergestellt wurden. Da
das alte Bannbuch vielfache Unrichtigkeiten auswies,
so wurde 1753 eine Renovaturkommission ernannt, die
alle Banne der Grafschaft Saarbrücken uud der
Herrschaft Ottweiler aufmessen, den Eigentümern ihre
rechtmäßigen Besitzungen gerichtlich zuschreiben und ein
neues Bann- und Katasterbuch anlegen sollte, von dem
zwei Exemplare, eins für die Gemeinde und das andere
sür das Oberamt, angefertigt wurden. Den Messungen
folgte die Abschätzung der Güter und die Regelung
der Steuern. Die nach dieser Messung angefertigten
Spezialkarten können noch heute den besten Arbeiten
dieser Art zur Seite gestellt werden.
Da der Bauernstand durch nichts so sehr geschädigt
wurde, wie durch wucherische 'Ausbeutung, so erließ
Wilhelm Heinrich scharfe Bestimmungen hiergegen. Bei
der Aufnahme von Kapitalien wurden bisher sehr hohe
Zinsen gefordert, und wenn der Schuldner diese nicht be¬
zahlte, so stand nach dem Saarbrücker Landrecht dem
Gläubiger das Pfandrecht an dessen Besitz zu. Von dem
Ertrag desselben aber wurde, auch wenn er das Doppelte
und Dreifache der geschuldeten Zinsen betrug, nichts auf die
Hauptsumme angerechnet, sodaß es dem Schuldner un-^
möglich war, aus seinem Schuldverhältnis heraus und *
wieder zu seinem Besitze zu kommen. Um diesem Mi߬
brauch zu steuern, verordnete Wilhelm Heinrich im Jahre
1743, daß niemand mehr als fünf vom Hundert nehmen
dürfet), und daß bei Pfandnutzung der überschießende
Teil des Ertrages von der Hauptsumme abgezogen
werden solle. Er gebot den Amtleuten und Meiern,
scharf aus diesen Mißbrauch zu achten, drohte den
Übertretern den Verlust des Kapitals an und ließ seine
Verordnung zu jedermanns Kenntnis an die Kirchen-
türen anschlagen.
Nächst der Förderung des Ackerbaues bemühte sich
der Fürst um die Hebung des Verkehrs. Die von der
französischen Regierung während der Reunionszeit an¬
gelegten Straßen wurden von Wilhelm Heinrich weiter
ausgebaut; die Straße nach Scheidt (Mainzer Straße)
ließ der Fürst chaussieren, mit Gräben versehen und
mit Nußbäumen bepflanzen, auch die „S ch a f b r ü ck e"
über den Scheidter Bach aus Steinen erbauen. Der
Straße nach Dudweiler, die früher durch den
St. Johanner Wald führte, gab er die jetzige Richtung
durch das Sulzbachtal. Auf diesen Straßen fand auch
ein regelmäßiger Postverkehr statt, der freilich nach
unseren Begriffen sehr unvollständig war, aber doch
gegen früher einen wesentlichen Fortschritt bedeutete.
Der Handel in den beiden Städten Saarbrücken
und St. Johann war bis dahin so gering,
daß man z. B. das Tuch zu einem guten Rock von
auswärts, von Straßburg, Frankfurt, Saarlouis oder
*) An manchen Stellen, z. B. bei Völklingen haben sich noch
Maulbeerbäume aus jener Zeit erhalten.
2) 1759 wurden 6 Prozent gestattet. Sittel I 326.
Metz kommen lassen mußte. Wilhelm Heinrich bemühte
sich nun mit Erfolg, den Handel in den Städten zu be¬
leben. Holländische und Straßburger Kaufleute gründeten
Handelsniederlassungen in Saarbrücken, und bald wurde
durch die Kaufleute Schmidtborn und Korn,
die auswärts den Großhandel gründlich erlernt hatten,
das erste einheimische Handelshaus begründet. Nach¬
dem junge Bürger beider Städte in Nanzig, Frankfurt
und anderen Städten die Handlung gründlich erlernt
hatten, folgte die Einrichtung anderer größerer Ge¬
schäfte, die der Fürst durch mancherlei Vergünstigungen,
wie z. B. die PrivilegienderKrahnengesellschaft. förderte.
Die Haupthandelsartikel waren holländische Kolonial¬
waren, die, in den Seestädten gegen Schiffsbauholz ein¬
getauscht, auf dem Wasserwege nach Saarbrücken ge¬
langten und von hier nach West-Deutschland, der
Schweiz und Frankreich weiter befördert wurden. Der
Marktvcrkehr in den Städten wurde durch Aufhebung
des Koppel- und Kreuzergeldes gegen eine jährliche
Abgabe von 200 fl. erleichtert. Aber freilich bedurfte
es zur Belebung des Handels vor allem der Ausschließung
und Verwertung der Reichtümer des Landes, die noch
fast unbenutzt im Boden ruhten.
Auf dem Gebiete des Steinkohlenbergbaus
ist das Vorgehen Wilhelm Heinrichs überaus folgen¬
reich gewesen; er hat die unterirdischen Schätze des
Landes erst richtig verwertet und zur Geltung gebracht.
Die Erlaubnis Kohlen zu graben war bis dahin den
Untertanen gegen eine bestimmte Abgabe gewährt
worden. Doch es wurde nur planloser Raubbau ge¬
trieben. Wo Kohlen zu Tage lagen, wurden sie abge¬
schürft; von bergmännischem Abbau war keine Rede.
In Dudweiler gab es nicht weniger als 16 Gruben
mit 76 Kohlengräbern, die ini Jahre 1732 523 Fuder ge¬
fördert hatten. Das Grubenholz erhielten die Kohlen¬
gräber unentgeltlich aus den herrschaftlichen Waldungen;
so brauchten die Dudweiler Gruben jährlich 100 Eichen.
Die Gemeinde Dudweiler zahlte dafür einen jährlichen
Zins von 12 Gulden und lieferte die Steinkohlen
zur Hofschmiede, dazu wurde von jedem verkauften
Wage» Kohlen eme kleine Abgabe erhoben. Im Köller-
tal befanden sich 9 Gruben mit zusammen 16 Kohlen¬
gräbern, bei Geislautern 2, bei der Fenne,__ bei
Malstatt, bei Klarenthal je eine. In der Herr¬
schaft Ottweiler wurde besonders im Kohlwald bei
Neunkirchen und bei Wellesweiler gegraben. Die Förde¬
rung betrug damals 2349 Fuder (etwa 70 000 Zentner
jährlich) und warf der Herrschaft einen Zins von jähr¬
lich 996 fl. ab. Der Rat, den der Landkammermeister
Spahr 1730 gegeben hatte, daß die Herrschaft den Be¬
trieb der Kohlengruben selbst übernehmen sollte, war
nicht befolgt worden, weil der Holzreichtum des Landes
eine ausgedehntere Verwendung der Steinkohlen bisher
nicht erforderlich gemacht hatte; dies wurde jedoch
anders, als durch die vermehrte Ausfuhr des soge¬
nannten Holländer Holzes und durch den Bedarf der
Hüttenwerke — diese verbrauchten für 20 000 Klafter
Kohlenholz jährlich — die Holzpreise so stiegen, daß die
Bewohner allmählich dazu gedrängt wurden, die billigeren
Steinkohlen in größerem Umfange zu benutzen. Um aus
dem gesteigerten Verbrauch Nutzen zu ziehen, verpachtete
die Regierung im Jahre 1750 bas Recht des Kohlen¬
handels für 1000 fl jährlich au Philipp Q u i e n zu
Saarbrücken und zwei Genossen. An diese sollte die
gesamte Ausbeute der Gruben bei Strafe abgeführt
werden; die Untertanen behielten nur das Recht des
Kohlenkaufs an der Grube selbst. Die Förderung stieg
infolge des besseren Vertriebs derart, daß die Herr¬